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Furtwängler, Adolf
Die antiken Gemmen: Geschichte der Steinschneidekunst im Klassischen Altertum (Band 3): Geschichte der Steinschneidekunst im Klassischen Altertum — Leipzig und Berlin, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.825#0437
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ZWEITE HÄLFTE DES ACHTZEHNTEN JAHRH. ENGLAND, ITALIEN 419

zeichnen lassen; diese Zeichnungen erwarb nach dem Tode Gori's Monaldini. Er wollte aber
etwas Ungewöhnliches und Auffallendes bieten. So licss er von seinen Stechern die Loggien
des Raffael und die Ornamente der Titusthermen benutzen, um daraus grosse Rahmen für
die Gemmenbildcr zu erhalten. Von je zehn zu zehn Tafeln Hess er den Rahmen wechseln.
Kurze Erklärungen ohne Anspruch auf Gelehrsamkeit glaubte er selbst zufügen zu können.
Dem ersten Bande schickte er als Prolegomena eine sehr unbedeutende Abhandlung von
Passeri zu einem von diesem einst geplanten Gemmenwerke voraus. Der erste Band (1781)
enthält 100 Tafeln mit offenbar grösstenteils echten, aber ziemlich unbedeutenden kleinen
Gemmen und Pasten. Der zweite Band (1783), auch mit 100 Tafeln meist echter (z. T.
Stoschischer) Gemmen, enthält als Frontispiz den damals der Academia etrusca von Cortona
gehörigen, von mir im Texte zu unserer Tafel XXIII, n erwähnten gefälschten Skarabäus
mit Namen des Apollodotos nebst einer Abhandlung von AmaduzzJ, endlich von demselben
einen Appendix mit Steinschneidernamen, aus den Saggi dell' academia di Cortona vol. IX
abgedruckt, ein gänzlich wertloses Elaborat voll Unwissenheit. Der dritte Band (1788) enthält
wieder ebenso viele meist echte Gemmen und Pasten; bemerkenswert ist, dass die Publikation
viele Gemmen der bis dahin weniger beachteten frührömischen etruskisierenden Gattung enthält,
welche das Publikum weniger, wohl aber den Gelehrten interessieren konnten, für den das
Werk aber gar nicht bestimmt war. Angaben über Grösse, Material und Besitzer standen
Monaldini nicht zur Verfügung. Wir haben, um von dieser durch ihre Ausstattung hervor-
ragenden und für ihre Zeit so charakteristischen Publikation hier einen Begriff zu geben, zwei
Blätter daraus reproduzieren lassen (Fig. 212 ist Nov. Thes. Bd. I, 2; es ist die Gemme
unserer Tafel XXII, 16; Fig. 213 giebt Nov. Thes. Bd. III, 78, wozu vgl. unsere Tafel XXII,
47.49; es ist eine Replik der Paste Berlin No. 736).

Macht diese Publikation wenigstens einen prächtigen gefälligen Eindruck, so ist dagegen
des Abbate Raponi, dem Kardinal Boncompagni gewidmeter, in Rom 17S6 erschienener
Grossfolioband „Recueil de pierres antiques gravees concernant l'histoire la mythologie la fable
les ceremonies religieuses les coutumes des anciens peuples" etc. ein ganz abscheuliches
schlechtes dilettantisches Machwerk, mit elenden überall her aus älteren Büchern reproduzierten
Zeichnungen. Jede der 88 grossen Tafeln enthält eine Menge solcher Zerrbilder auf schönem
Papier in luxuriösem Bande. Dass kritiklos viel Modernes eingemischt ist, versteht sich von
selbst; Inschriften sind einfach weggelassen; natürlich fehlen auch Angaben über Material,
Besitzer und Grösse; es sind zahlreiche Münzbilder mit untergemischt.

Um diese Zeit erlebte endlich auch der Abbate Dom, Aug. Bracci, der bittere Feind
Winckelmann's1, die Herausgabe seines seit 1756 begonnenen Werkes über die Gemmen mit
den Künstlernamen (Memorie degli incisori che scolpirono i loro nomi in gemme e cammei
con molti monumenti inediti di antichitä, statue, bassirilievi, gemme, Firenze, vol. I 17S4,
II 1786). Hier konnte er endlich seine ganze Bosheit gegen den bereits längst dahingegangenen
Winckelmann ausgiessen. Sein Werk ist prächtig, allein von recht geringem Wert. Er ver-
mochte zu den von Stosch gesammelten Künstlergemmen nur ganz wenig Echtes hinzuzufügen
(das beste war die lo des Dioskurides, unsere Tafel XLIX, 9), dagegen brachte er eine Menge
Falsches und nicht auf Künstler Bezügliches; die von Stosch zugelassenen falschen Stücke
dagegen hat auch er nicht ausgeschieden. Sein Text (lateinisch und italienisch) ist weitschweifig,

1 Vgl. C. Jusii, Winckelmann U, =701!".
 
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