Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Furtwängler, Adolf
Die antiken Gemmen: Geschichte der Steinschneidekunst im Klassischen Altertum (Band 3): Geschichte der Steinschneidekunst im Klassischen Altertum — Leipzig und Berlin, 1900

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.825#0438
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
420 ANHANG: 3. GEMMEN-UTTERATUR

geist- und kritiklos, obwohl ihm ein gewisses Streben nach Kritik1 nicht abzusprechen ist
Zu den 70 dem Stoschischen Werke nachgezeichneten Tafeln fügte er 44 andere; sie sind
alle in weichlicher charakterloser Manier gestochen, und zwar offenbar nach flauen Abdrücken
(so ist Tafel 5 der Bart des Agathangeloskopfes unserer Tafel XLIX, 26 kaum angegeben)'
jede Platte hat dagegen ihre Dedikation an irgend einen reichen forestiere, der für diese Ehre
die Kosten tragen musste.

In Paris erschien damals als charakteristisches Zeugnis für die Geltung der Gemmen
in der vornehmen Welt sowohl wie für den lockeren Geschmack dieser Kreise das Buch
„Monumens de la vie privee des douze Cesars d'apres une suite de pierres gravees sous leur
regne, ä Caprees, chez Sabellius 17S0", mit 50 angeblichen Kameen griechischer Künstler,
die mit Stellen lateinischer Autoren erläutert waren; eine zweite in der Schweiz erschienene
Ausgabe brachte diese Stellen in Uebersetzung; Murr hat in seiner biblioth. glyptogr. p. 152 ff.
den Inhalt der Tafeln mit Behagen vollständig aufgeführt. Es sind nur moderne Erfindungen
der denkbar obscönsten Art. Es. folgten 1784, wieder mit 50 Tafeln, die „Monumens du culte
secret des dames Romaines, ä Capree chez Sabellius"; hier waren wenigstens zum Teil antike
Gemmen benutzt, wie ein Kameo des alten Mediceischen Besitzes in Neapel; so giebt auch
Tafel 5 den antiken Stein unserer Tafel X, 15; das meiste ist aber auch hier moderne Erfindung.

Von ganz anderer ernsterer Art sind die Publikationen einiger grosser Sammlungen. In
England Hess der Herzog von Marlborough damals eine Auswahl von ioo Gemmen aus seiner
reichen Sammlung stechen und in zwei Foliobänden herausgeben, die aber nicht in den Handel
kamen (1780 und 1791).- Der Text war französisch und lateinisch. Das Werk wurde
(mitsamt dem wertlosen Texte) 1S45 wieder abgedruckt. Die Stiche hat Sal. Reinach, pierres
gravees, 1895, pl. 109 — 119, reproduzieren lassen und sie mit eigenem kurzem Texte versehen.
Die Abbildungen sind sehr ausgeführt und relativ recht treu und gut. Die zahlreichen modernen
Stücke sind von den antiken natürlich nicht geschieden.

Um dieselbe Zeit ungefähr erschien ein anderes vornehmes Prachtwerk, eine Auswahl
von 179 Gemmen aus der Sammlung des Herzogs von Orleans in grossen ausgeführten
Stichen auf ebensoviel Tafeln (Descript. des prineip. pierres grav. du cabinet du duc d'Orleans,
I 1780, II 1784). Auch diese Stiche sind verhältnismässig gut; ebenso war es die Auswahl;
denn obwohl die Orleans'sche Sammlung, die 17S7 von der Kaiserin Katharina gekauft ward
und sich jetzt in der Ermitage zu Petersburg befindet, an neueren Arbeiten ganz besonders
reich war, sind hier doch die guten antiken weit in der Ueberzahl. Schlecht war nur der weit-
schweifige Text der beiden Herausgeber, der Abbes De La Chau und Le Blond. Sal.
Reinach hat auch dieses Werk mit kurzem neuem Texte und verkleinerten Abbildungen wieder
herausgegeben (pierres grav. 1S95, pl. 123—131; p. 1 3 1 ff.).

Auch die Kaiserliche Sammlung in Wien folgte dem anderwärts gegebenen Beispiele,
und der Direktor des Kabinets, der grosse Numismatiker Eckhel, veröffentlichte 17S8 eine
Auswahl von 40 Gemmen in sorgfältig ausgeführten und für jene Zeit recht treuen Stichen
auf ebensoviel Tafeln (Choix des pierres gravees du cabinet imperial des antiques). Die
Auswahl umfasst natürlich die grossen Brachtkameen, dazu manche andere gute Steine; doch
hatte selbst Eckhel noch nicht Kritik genug, um einige offenbare Renaissancearbeiten (wie

1 D:is Umim, Gesch. d. Künstler II, 46.1 bei ihm nmirkcimciid hervorhebt.

- Vgl. Story Miiskelyne, the Morlbor, gems, introd. p. V. Sal. Rcinach, pierres grav. p. Ulf.
 
Annotationen