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Furtwängler, Adolf
Die antiken Gemmen: Geschichte der Steinschneidekunst im Klassischen Altertum (Band 3): Geschichte der Steinschneidekunst im Klassischen Altertum — Leipzig und Berlin, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.825#0397
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384 ANHANG: 2. STEINARTEN UND TECHNIK

vom Altertum glyptisch verwendeten Steinarten etwa vom modernen mineralogisch* wissen-
schaftlichen Standpunkte zu besprechen. Wir wollen lediglich die wichtigsten der von den
Alten 7.11 glyptischen Arbeiten verwendeten Steinarten mit ihren landläufigen modernen und
vermutlichen antiken Namen hier kurz zusammenstellen.1

Wir beginnen nicht mit den härtesten und edelsten Steinen; denn in diese haben die
Alten teils gar nicht ■—■ wie denn keine antiken Gravierungen auf Diamant oder Rubin nach-
weisbar sind —, teils nur ausnahmsweise graviert2; wir beginnen vielmehr mit derjenigen Stein-
gattung, von welcher die Alten in der Glyptik bei weitem den meisten Gebrauch gemacht
haben, mit der Gattung der „Chalcedone", d. h. derjenigen Quarzvarietäten, die man .von
den krystallisicrten Quarzen unterscheidet und „welche eine dichte, trübdurchscheinendc Masse
mit feinsplittrigem Bruche von einem eigentümlichen sanften Ansehen und schönen, wenn auch
getrübten Farben bilden.tt:t Die Natur dieser Steine war den Zwecken des Gemmengraveurs
besonders günstig; sie haben eine des krystallinischen Kornes entbehrende, doch zähe faserige
Struktur; ihr Gefüge ist ausserordentlich gleichmässig und nicht von härteren Stellen durchzogen;
sie lassen sich auf dem Rade sehr leicht und rasch bearbeiten und sind doch hart genug, um
von der Reibung mit gewöhnlichen Materialien nicht angegriffen zu werden; sie lassen sich
sehr schön poüereiij und Abdrücke lösen sich rasch und glatt von dem Steine. Unter diesen
Chalcedonquarzen ist wieder der rote Chalcedon oder Karneol der von der alten Glyptik
bei weitem am meisten bevorzugte Stein, und zwar wegen seiner prächtigen roten Farbe.

Diese Farbe des Karneols, die Mariette1 mit der eines frisch abgeschnittenen Stückes
Fleisch vergleicht, zeigt allerdings die verschiedensten Abstufungen vom tiefsten lebhaftesten
dunkelsten Rot bis zu einem trüben und blasseren und bis ins lichte Goldig-Gelbe hinein.
Die Karneole sind natürlich um so schöner, je tiefer rot und je klarer und einheitlicher die
Farbe ist. Manche sind streifig. Sehr schöne Karneole kommen unter den guten etruskischen
Skarabäen vor. Die schönsten aber erscheinen in einer kleinen Gruppe von Arbeiten augusteischer
Zeit, die zumeist Statuenkopieen darstellen (vgl. oben S. 345) und deren Karneole eine ausser-
ordentliche, fast ganz durchsichtige Klarheit und Schönheit der tiefst roten Farbe haben. Im
ganzen lässt sich, obwohl es auch aus dem Altertum viele geringe, matte, trübe und unreine
Karneole giebt, doch sagen, dass im Altertum die schönen dunkelroten Karneole bei weitem
mehr vorherrschen als in der neueren Glyptik, welcher überhaupt nur mattere trübere Karneole
zur Verfügung standen, wenn sie nicht aufgefundene antike Stücke verwendete; denn die
schönen klaren Karneole scheinen überhaupt nicht mehr gefunden zu werden; sie kamen dem
Altertum aus Indien zu,6 Durch Glühen lässt sich die Farbe der Karneole indes etwas erhöhen
und lassen blasse Stücke sich reiner rot färben6, während zu grosse Hitze den Stein weiss,

1 Von Schriften Über den Gegenstand sind insbesondere ;.-j nennen: Mariette, traiiö de.; pierres grav^es ',175°) ]>■ 153^■
(descriplion des pierres prccicuscs . . propres n In gnivuie); Jannon de S. Laurent, sopra !e pietre pveziosi degli nntichi e soprn
il modo col quäle furono Invovatc, in Dissert. di Cottonn V. VI, 1751; Krause, Pyrgotclcs 1S56. C. W. King, the natural history,
ancient and modern, of precious sioncs find gems aml of ptccious mctals, London 1S65. Story-Mnskelyne, the Marlboroush
gems 1S70, mtrodec'.ion p. XXVIIfT.; Ag. Cftstellanl, dellc gemme, Firenze 1S70; Hodder M. Westropp, a mnmial of precious
slones und nnl"|ue gems, London 1874; Fol, le musfc Fol, 2. annec, 1S75, p. 15—60; Blllmnor, Terminologie 11. Technologie
d. Gewerbe und Künste 111, 237 IT. Babelon in Daremberg et Snglio, dict. d'antiqu. II, p. 1461 ft*.

* Vgl. Lessing im 21. anliquar. Briefe.

1 K E. Kluge, Handbuch der Edelsteiokunde, Leipiig :S6o, S. 3S6!". Max Bauer, Edelsleinkundo, Leipzig 1S96, S. 56S IT.

1 A.a. O. 1S6.

" Vgl. H. K. E. Kohler, gesnmm. Schriften IV, S. S9 f.

0 Vgl. Kluge S. 390; M. Wauer S. 575. — Nntler haue (trotte de Ic methode, prcT. p. XXXVIII) vermutet, die Alte.) hätten
ein Geheimnis gehabt, die Karneole reiner und klarer zu machen. Vgl. dam Lessing im 40. antiquar. Briefe.
 
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