vergleichbar - ins Halbprofii dem iangiockigen Jüngling entgegen.'^ Er
umfaßt sie, indem er mit seiner rechten Hand ihre Wange streichelt und
die linke ebenso zärtlich auf den Geldbeutel legt. Ihre Köpfe nähern sich
- den Zeitgenossen wohl eher aus Darstellungen der Madonna vertraut -
einem Aneinanderschmiegen. Die durch Drehungen verklammerte Szene ist
ein Kabinettstück kompositorischer Kunstfertigkeit. Thema, Format und
Kleidungsmotive mögen nordeuropäischer Grafik entlehnt sein.'^ Die
durch Hoefnagel überlieferte Komposition ist jedoch spezifisch leonardesk.
Das zeigt eine Umarmung m der nordeuropäischen Grafik: das
"Liebespaar" des Monogrammisten bxg (Metropolitan Museum, New York)
(Abb.8).'^ Trotz aller Qualitäten des Kupferstichs spielt sich die
Handlung in vergleichsweise kantigen Wendungen ab.
Die Szene der Hoefnagel-Kopie ist durch den Ring in der rechten Hand
der Alten als eine Hochzeits- bzw. Verlobungszeremonie bezeichnet.' '
Das Thema der ungleichen Liebe, die im schlimmsten Fall zu einer
unpassenden Ehe führt, besaß als Gegenstand der Satire und des Hohns
eine lange Tradition.'^ In Florenz machte sich Angelo Poliziano in
'^Zum lockigen Haar als Bestandteil des jünglingshaften Altersdekorum siehe Leonardo
da Vinci (1882), Teil III, Nr.404. Vgl. E. Möller (1928), S.15H, zur Vermutung, es
handele sich hier um Leonardos Gehilfen Salai, von dem Vasari vermerkt, Leonardo
habe sich sehr an dessen "schönen, reichen, geringelten Haaren" erfreut (ebenda,
S.139).
'^Siehe mit weiterer Literatur G. A. Stewart (1978), S.141.
'^Siehe den Ausstellungskatalog Amsterdam (1985), Kat.-Nr. 106, S.205 (dat. ca. 1480)
(181x159mm). Es handelt sich um kein "Ungleiches Paar". Die Figuren sind ungefähr
gleichaltrig. Vgl. G. A. Stewart (1978) zu anderen Beispielen, die das Motiv des
Aneinanderschmiegens und der Umarmung jedoch nicht im gleichen Maße zeigen.
'^Zur italienischen Hochzeits- bzw. Verlobungszeremonie im 15. Jahrhundert vgl. G.
Bruckner (1988), S.99f und S.146 (mit weiterer Literatur), und B. Witthoft (1982).
besonders S.45.
'''"Zur "Ungleichen Liebe" in der Kunst vor allem nördlich der Alpen siehe G. A.
Stewart (1978) (vgl. die kritische Rezension von E. Fleurbaay [1981-82]) und W. A.
Coupe (1967). Eine Episode, die zeigt, daß verliebte Alte zu "Tieren" werden, selbst
wenn es Heilige sind, bespricht E. Wind (1937/38). In A. Poliziano (1983) finden sich
häufig Witze über Ungleiche Paare (S.59 Nr. 103: Jüngling/alte Frau; S.62f Nr. 127,
S.106 Nr.370, S.H8 Nr.421: Alter Mann/junge Frau). Das Thema war keinesfalls eine
Florentiner Besonderheit. Die oberitalienische Tradition in der komischen und
dramatischen Literatur des Quattrocento erwähnt G. Padoan (1982), S.31, wo er "la
singoiare predilizione per certi personaggi (in particolare, ia vecchia innamorata di uno
di lei assai piü giovane)" konstatiert. Vgl. die bei Erasmus von Rotterdam (1982-91),
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umfaßt sie, indem er mit seiner rechten Hand ihre Wange streichelt und
die linke ebenso zärtlich auf den Geldbeutel legt. Ihre Köpfe nähern sich
- den Zeitgenossen wohl eher aus Darstellungen der Madonna vertraut -
einem Aneinanderschmiegen. Die durch Drehungen verklammerte Szene ist
ein Kabinettstück kompositorischer Kunstfertigkeit. Thema, Format und
Kleidungsmotive mögen nordeuropäischer Grafik entlehnt sein.'^ Die
durch Hoefnagel überlieferte Komposition ist jedoch spezifisch leonardesk.
Das zeigt eine Umarmung m der nordeuropäischen Grafik: das
"Liebespaar" des Monogrammisten bxg (Metropolitan Museum, New York)
(Abb.8).'^ Trotz aller Qualitäten des Kupferstichs spielt sich die
Handlung in vergleichsweise kantigen Wendungen ab.
Die Szene der Hoefnagel-Kopie ist durch den Ring in der rechten Hand
der Alten als eine Hochzeits- bzw. Verlobungszeremonie bezeichnet.' '
Das Thema der ungleichen Liebe, die im schlimmsten Fall zu einer
unpassenden Ehe führt, besaß als Gegenstand der Satire und des Hohns
eine lange Tradition.'^ In Florenz machte sich Angelo Poliziano in
'^Zum lockigen Haar als Bestandteil des jünglingshaften Altersdekorum siehe Leonardo
da Vinci (1882), Teil III, Nr.404. Vgl. E. Möller (1928), S.15H, zur Vermutung, es
handele sich hier um Leonardos Gehilfen Salai, von dem Vasari vermerkt, Leonardo
habe sich sehr an dessen "schönen, reichen, geringelten Haaren" erfreut (ebenda,
S.139).
'^Siehe mit weiterer Literatur G. A. Stewart (1978), S.141.
'^Siehe den Ausstellungskatalog Amsterdam (1985), Kat.-Nr. 106, S.205 (dat. ca. 1480)
(181x159mm). Es handelt sich um kein "Ungleiches Paar". Die Figuren sind ungefähr
gleichaltrig. Vgl. G. A. Stewart (1978) zu anderen Beispielen, die das Motiv des
Aneinanderschmiegens und der Umarmung jedoch nicht im gleichen Maße zeigen.
'^Zur italienischen Hochzeits- bzw. Verlobungszeremonie im 15. Jahrhundert vgl. G.
Bruckner (1988), S.99f und S.146 (mit weiterer Literatur), und B. Witthoft (1982).
besonders S.45.
'''"Zur "Ungleichen Liebe" in der Kunst vor allem nördlich der Alpen siehe G. A.
Stewart (1978) (vgl. die kritische Rezension von E. Fleurbaay [1981-82]) und W. A.
Coupe (1967). Eine Episode, die zeigt, daß verliebte Alte zu "Tieren" werden, selbst
wenn es Heilige sind, bespricht E. Wind (1937/38). In A. Poliziano (1983) finden sich
häufig Witze über Ungleiche Paare (S.59 Nr. 103: Jüngling/alte Frau; S.62f Nr. 127,
S.106 Nr.370, S.H8 Nr.421: Alter Mann/junge Frau). Das Thema war keinesfalls eine
Florentiner Besonderheit. Die oberitalienische Tradition in der komischen und
dramatischen Literatur des Quattrocento erwähnt G. Padoan (1982), S.31, wo er "la
singoiare predilizione per certi personaggi (in particolare, ia vecchia innamorata di uno
di lei assai piü giovane)" konstatiert. Vgl. die bei Erasmus von Rotterdam (1982-91),
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