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Marées-Gesellschaft [Hrsg.]
Ganymed: Blätter der Marées-Gesellschaft — 2.1920

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Gesammelte Worte über grosse Meister
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Hausenstein, Wilhelm: Daumier
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https://doi.org/10.11588/diglit.44996#0055
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DAUMIER

Asche zeigt: die Commune. Kein Angriff; einfaches Monument
ausgeglühter Leidenschaft.
Ist Politik eine Spezialität ? Man ist versucht zu antworten :
Ja. Auch aus dem Werk Daumiers heraus; denn das Politische
ist auch hei ihm berufsmäßig geworden, und seine Anzüglich-
keiten sind immerhin in einem Maße politisch konkret, daß
man politisch-historischer Routinier sein müßte, um all ihre
Dimensionen auszumessen. Allein dies ist das Seltsame und Be-
deutende: aus jeder Einzelheit steigt das Ganze des Werks und
des Genius auf, so daß die Einseitigkeit des Politischen, des Ge-
werbsmäßigen die Allseitigkeit des Menschlichen empfängt.
Und immer aufs neue wird zum Wunder, was bei Daumier
doch in jedem Blatt gegeben und festgestellt werden kann: daß
die Politik sich in den Formen der Kunst bewegt und daß der
Kunst die tatsächliche Gereiztheit, die gegenständliche Spannung
des Politischen gegeben ist. Die Kunst als Formel der Öffent-
lichkeit, aber nicht nur betrachtend, sondern wirkend: dies ist
der Inbegriff Daumier. Nun wäre es nur allzu natürlich, wenn
diese Doppelheit und Gegenseitigkeit das Niveau der Politik wie
der Kunst auf ein mittleres Maß brächte. Aber Daumier, Künst-
ler und Politiker, ist hochgespannt und aufregend wie Shake-
speare, der Chorführer stürzender Könige und burlesker Rüpel,
blutender Narren, skurriler Junker und ironischer Prinzen.
dus der Daumier-Mappe.
 
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