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Marées-Gesellschaft [Hrsg.]
Ganymed: Blätter der Marées-Gesellschaft — 2.1920

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Gesammelte Worte über grosse Meister
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Dehmel, Richard: Rembrandt
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https://doi.org/10.11588/diglit.44996#0023
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Rembrandt
von
Richard D e h m e 1
Mehr als zwei Jahrhunderte hat die Menschheit gebraucht,
um das Licht zu erkennen, das hinter Rembrandts Helldunkel
leuchtet. Zwar nebelhaft ahnte schon das Jahrhundert der Auf-
klärung die eindringliche Einzigkeit seiner Kunst, aber noch Les-
sing sah darin nur die vorbildliche Meisterschaft für das Niedrige
und Gewöhnliche. Klarer blickte Goethe hinter den Schleier, da
bereits der Denker Rembrandt ihm aufging; doch galten ihm
Ruysdael und Claude Lorrain noch als die reineren Dichter in
Farben. Ein so geistvoller Künstler schien er den Wortführern
unserer klassischen Kultur, daß sie vor lauter Kunstsinn nicht
spürten, wie seelenvoll der Mensch in ihm war.
Erst die Maler der französischen Überkultur, die sich wieder
in die Natur retteten, um in ihr, die ewig Chaos und Kosmos
zugleich ist, das Geheimnis des erlösenden Lichtes zu suchen,
enthüllten uns den göttlichen Funken ihres prometheischen Vor-
fahren, indem sie ihn zunächst — nicht fanden. Vorbild war er
ihnen nur als der Seher, der er in den Schöpfungen seines Auf-
stiegs ist, nicht als der Hellseher, der er wird auf der umdunkelten
Höhe seines Lebens. Was sie malten, war Licht der sinnlichen
Welt, scharfsinniger zerlegt und feinsinniger verknüpft, als er es
jemals gekonnt und gewollt hat; gewiß, es war von ihnen ge-
sichtet, unter der ordnenden Aufsicht des Geistes, aber es blieb
Belichtung von außen her.
Da endlich erkannten die Einsichtigen, was die Meister des
Lichts trotz aller Farbendurchsiebung noch nie in vollkommener

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