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Geymüller, Heinrich von; Geymüller, Heinrich von [Mitarb.]
Die Baukunst der Renaissance in Frankreich (1. HeftTheil 2, 6. Band, 1. Heft): Historische Darstellung der Entwickelung des Baustils — Stuttgart: Arnold Bergsträsser Verlagsbuchhandlung, 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.67517#0235
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2lS

fchen, ift wiederum einerfeits die Folge ihrer Machtftellung und andererfeits der
Sympathien der Katholiken und der Hugenotten für diejenigen Nachbarvölker,
welche am lebhafteften für und gegen Rom und die Reformation auftraten und deren
Künfte und Wefen Elemente aufwiefen, die den Geiftes- und Gemüthsrichtungen
beider Parteien entfprachen.
25s- Zur Beftätigung diefer Angaben führen wir einige Stellen von Lemonnier und
Angaben .
Lemonnier's. Henn Martin hier an.
»Betrachtet man die Kunft um 1610,« fchreibt erfterer 449), »fo ift es kaum
möglich, zu wiffen, wohin fie führen wird; fo grofs ift die Zahl der Elemente, die
in ihr wirken: Alterthum, Renaiflance, Italien, Flandern, die beginnende Kunft der
Jefuiten, nationale Ueberlieferungen; Alles diefes mifcht fich oder, richtiger, ftellt
fich neben einander. Stehen wir da vor Trümmern oder vor neuem Material? Es
ift fchwer zu fagen . . .« Sind diefe Worte nicht der genaue Reflex des Zuftandes
der Anarchie, den wir in Art. 213 (S. 199) gefchildert haben?
»Es gab fo viele Widerfprüche,« fährt Lemonnier fort, »zwifchen den Theorien
und dem Temperament, zwifchen den künftlerifchen und literarifchen Lehren und
den alten Wurzeln der Seelen, dafs man kaum wußte, wohin fich wenden, und da-
her entgegengefetzte Reactionen unvermeidlich waren ... Im Jahr 1622, als Rubens
feine Galerie du Luxembourg begonnen hatte, weilte untere Kunft noch in jenem
Zuftande der Unentfchloffenheit, welche fich befonders dazu eignet, fie einem
fremden Einflüße zu unterwerfen. Dennoch ging Rubens, fo zu fagen, unbemerkt
vorüber . . . Am Hofe mifchten fich, ohne zu verfchmelzen, italienifche Verfeinerung
Raffinement), fpanifcher Ernft und franzöfifche Lebhaftigkeit Rivacite)’, die Sitten
hatten öfters mehr von der Ausfchweifung (debauche), als von der Galanterie; man
empfand etwas wie einen Reft von Brutalität unter dem Beftreben nach Courtoifie,
der Ernft des Königs und feines Minifters ging nicht auf feine Umgebung über, und
unter Anna und Mazarin blieb wenig mehr davon übrig.«
Im erften Theile des XVII. Jahrhundertes endlich, giebt Lemonnier zu, hat die
franzöfifche Kunft mehr empfangen, als gegeben. In feiner intellectuellen Entwicke-
lung war Frankreich noch nicht in der Lage, fich felbft vollftändig zu genügen.
Seine Gefchichte und geographifche Lage führten zu mehr oder weniger engen Be-
ziehungen mit den Nachbarvölkern.
256. Diefe Situation des franzöfifchen Geiftes offenbart fich noch auf einem anderen
Anfch^lngen Gebiete. »In der Literatur,« fagt Henri Martin, »ift das erfte Drittel des XVII. Jahr-
Hmri Martin, hundertes eine Epoche des Ueberganges, mehr der Vorbereitung als der Schöpfung.
Man fäte mehr, als man erntete.«
Man fieht hieraus, wie fehr es von Wichtigkeit ift, die Natur und Ausdehnung
des Einflußes diefer Völker auf die Entwickelung der franzöfifchen Architektur feit
Heinrich LV. möglichft klar zu erkennen.
1) Einflufs Spaniens.
257- Der wahre Mittelpunkt der katholifchen Handlung war nicht mehr Rom,
des^pamTchen fondern Spanien. In der Bulle vom 15. Februar 1559 beugen fich Paul IV. und
Einfluffes. das Papftthum felbft vor der von ihm gefchaffenen Inquifition, und diefer hatte
Philipp II. perfönlich den Eid geleiftet. Spanien war es, das ununterbrochen den
franzöfifchen Hof gegen die Reformirten und zu ihrer Vertilgung mit allen Mitteln

«91 A. a. O., s. 59.
 
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