Obgleich ich nun von der Wahrheit der Worte des Er-
löters durchdrungen bin und folglich den Mitteln der Architektur,
religiös zu wirken, keine „fetifchartige Wunderkraft" Zutrauen
will, fo glaube ich dennoch, daß diefe Mittel hie und da wohl-
tuend und fogar innerhalb gewiffer Grenzen hilfreich wirken
können. Ich möchte fie ja nicht als Mittel bezeichnen „um
felig zu werden“, fondern nur als „Früchte der Liebe zu Gott",
als Früchte des Glaubens der chriftlichen Kirche, vergleichbar
etwa mit der köftlichen Salbe in einem Alabaftergefäß, welches
Maria die Schweller Marthas im Haufe Simons des Ausfäßigen
auf das Haupt des Heilandes goß,1) und welche Tat der Demut
und Liebe er mit fo barmherzigen, trottenden Worten annahm
und gufhieß. Oder auch mit der ähnlichen Handlung von Maria
Magdalena, welche im Haute des Pharitäers die Füße Chritti
talbte und mit ihren eigenen Haaren trocknete.2)
Wenn wir Gott, der Geilt ift, im Geilt und in der Wahrheit
anbeten tollen, fo tcheint es klar, daß die architektonifchen
Mittel, um religiös zu wirken, derartige fein müffen, daß fie
zum Geilte reden können und in uns das Gefühl einer gött-
lichen Wahrheit wachrufen, welche wiederum die Sehnfucht
nach Gott, das Bedürfnis der Anbetung und der Dankbarkeit,
die Gefühle der Feierlichkeit und der Majeftät eines Heiligtums
hervorrufen oder ftärken können.
Wenn ich nicht irre, fo find die Architekten, die eine Kirche
zu bauen haben, darauf angewiefen, fich eines oder mehrerer
Gebäude zu erinnern, in welchen fie derartige Eindrücke zu
empfinden glaubten; fie werden trachten, etwas von deren Dis-
pofitionen in dem Gebäude zu wiederholen, das fie zu er-
richten oder zu fchmücken haben.
*) Ev. Matthäi 26, 6-13. ’) Ev. Luca 7, 36 ff.
— = XIV --
löters durchdrungen bin und folglich den Mitteln der Architektur,
religiös zu wirken, keine „fetifchartige Wunderkraft" Zutrauen
will, fo glaube ich dennoch, daß diefe Mittel hie und da wohl-
tuend und fogar innerhalb gewiffer Grenzen hilfreich wirken
können. Ich möchte fie ja nicht als Mittel bezeichnen „um
felig zu werden“, fondern nur als „Früchte der Liebe zu Gott",
als Früchte des Glaubens der chriftlichen Kirche, vergleichbar
etwa mit der köftlichen Salbe in einem Alabaftergefäß, welches
Maria die Schweller Marthas im Haufe Simons des Ausfäßigen
auf das Haupt des Heilandes goß,1) und welche Tat der Demut
und Liebe er mit fo barmherzigen, trottenden Worten annahm
und gufhieß. Oder auch mit der ähnlichen Handlung von Maria
Magdalena, welche im Haute des Pharitäers die Füße Chritti
talbte und mit ihren eigenen Haaren trocknete.2)
Wenn wir Gott, der Geilt ift, im Geilt und in der Wahrheit
anbeten tollen, fo tcheint es klar, daß die architektonifchen
Mittel, um religiös zu wirken, derartige fein müffen, daß fie
zum Geilte reden können und in uns das Gefühl einer gött-
lichen Wahrheit wachrufen, welche wiederum die Sehnfucht
nach Gott, das Bedürfnis der Anbetung und der Dankbarkeit,
die Gefühle der Feierlichkeit und der Majeftät eines Heiligtums
hervorrufen oder ftärken können.
Wenn ich nicht irre, fo find die Architekten, die eine Kirche
zu bauen haben, darauf angewiefen, fich eines oder mehrerer
Gebäude zu erinnern, in welchen fie derartige Eindrücke zu
empfinden glaubten; fie werden trachten, etwas von deren Dis-
pofitionen in dem Gebäude zu wiederholen, das fie zu er-
richten oder zu fchmücken haben.
*) Ev. Matthäi 26, 6-13. ’) Ev. Luca 7, 36 ff.
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