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Brüssel

Van Oppenem (Ophonem) scheint einen besonderen Ruf als Restaurator von Wir-
kereien besessen zu haben; 1529 bessert der Meister, zusammen mit Pieter de Penne-
macker (Pannemaker), Jehan de Hamer und einem gewissen Zacharias, die berühmte
Gideonfolge aus. Die Arbeit ist umfangreich und beansprucht nicht weniger wie
871 Arbeitstage, die sich nach einem gewissen Turnus auf die vier Ateliers verteilen.

Mit Peter de Pannemaker tritt die Persönlichkeit in Erscheinung, die den alternden
van Aelst ablösen und seine überragende Stellung auf sich und seine Familie über-
tragen sollte. Die Art seines Geschäftsgebahrens bedingt ein weiteres, verstärktes Zu-
sammenlegen der kleineren Manufakturen im Dienste des neuen, geldkräftigen und
kaufmännisch gut geschulten Unternehmers. Der freiheitliche Zug, der noch zu Be-
ginn des 16. Jahrhunderts zu verspüren war, weicht bedenklich rein kapitalistischen
Interessen. Der rasch wachsende Wirkerruhm Brüssels, die ständig zufließenden Auf-
träge großer und kostspieliger Folgen erheischen erhebliche Mittel. Die Vorschüsse
gehen unter Kaiser Karl und der Statthalterin Margarete nur spärlich ein, um unter
Philipp II. völlig ins Stocken zu geraten.

Fast in allen Fällen ist in Brüssel der Tapisseriegroßhändler gelernter Wirker, er ist
Fachmann und hält auf Qualität der Ware, im Gegensatze zu anderen flämischen und
brabantischen Wirkereiorten, wo namentlich um die Mitte des 16. Jahrhunderts land-
fremde, in erster Linie spanische Kaufleute von oft zweifelhaftem Rufe den Tapisserie-
handel an sich zu reißen suchen.

Bereits unter dem 19. Mai 1517 schreibt Kaiser Maximilian an einen nicht näher ge-
nannten Gewährsmann: «Wir haben von ainem tapissier wonnhaft in der stat Prussl,
genant Peter Phannenmacher ain stugkh guldin tapesserei mit ainem crucifix und

unsers heren leiden umb tausent guldin reinisch erkauft...... Weiter so haben

wir demselben tapissier noch vier stuckh tapisserei der histori von Bresabe (Bath-
seba) und Dauit (David) zu machen bevohlen und angezaigt sölher gestalt, wie
der von Bergk (gemeint ist Johann III., der Friedfertige, Herzog von Jülich und Berg)
ain hat, und daz dieselben vier stugkh tapisserei mitsampt den robaten des himels und
fransen ungeverlich 132 eilen lang und brait haben; für jede eilen derselben tapisserie
wir dem tapissier drei currentguldin und 12 stuber bezahlen sollen.....w

Das Schreiben Maximilians, den Quellen zur Geschichte der Kaiserlichen Haussamm-
lungen, Band I (1883), entnommen, ist insofern von außerordentlicher Bedeutung, als
es Peter de Pannemaker mit einer der schönsten Folgen der flämischen Frührenaissance
mit der Geschichte Davids und Bathsebas in Verbindung bringt (Abb. 267, 268). Es liefert
zugleich den untrüglichsten Beweis, daß Meister Peters Tätigkeit noch in das erste, zum
mindesten in den Beginn des zweiten Dezenniums zurückzudatieren ist. Im übrigen
geht die Herstellung selbst großer Folgen schnell von statten. Die Davidsgeschichte für
Kaiser Maximilian gelangt bereits auf dem „Berger" (Bergen-op-Zoom) Ostermarkt 1518
zur Ablieferung.

1520 übernimmt Pieter de Pannemaker den Auftrag auf zwei Passionsteppiche, die
den Heiland betend im ölgarten und unter der Kreuzeslast zusammenbrechend zeigen.
Es handelt sich um eine kostbare Arbeit, die bei einem Inhalte von 521/a Quadratellen
mit 1995 Livres vergütet wird.

1531 liefert der Meister einen reich mit Gold und Silber durchwirkten Altarteppich
mit der Wiedergabe einer Abendmahlsdarstellung, oder wie der Rechnungsbelag der
Liller Kammer, den Houdoy bringt, sich ausdrückt wou est la cene que N. S. feist ä
ses apostres le blanc jeudi". Die Arbeit ist außerdentlich fein, sie wird von dem
Kaiser mit 38 Livres die Quadrat eile, einem für die damalige Zeit abnorm hohen
Preise bezahlt. Daneben fertigt der Meister für seinen Landesherrn auch die üblichen
einfacheren Teppiche, in erster Linie wappengeschmückte Maultierdecken. Allein in
das Jahr 1534 fallen nicht weniger wie 120 derartige Prachtschabracken, die eine
durchschnittliche Größe von drei auf dreieinhalb Ellen aufweisen. Stücke dieser Art
gehören, infolge des schnellen Verschleißes, zu den größten Seltenheiten auf dem Ge-
biete der Wirkereikunst. Mit welchem Luxus derartige Maultierdecken ausgestattet

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