Die Wahrsagerin.
Von Franz van MLeris.
Im Jahre 1667 war „Whitehall", London, glänzender, als vielleicht jemals später.
König Karl II., oder richtiger seine Freundin, die schöne Herzogin von Portsmouth, berüch-
tigten Andenkens, hielt in Whitehall Hof und hier war's, wo die ungeheuren Summen verschweigt
wurden, die Karl dem Parlament abpreßte.
England war in Gefahr, aber in Whitehall lachte man darüber. Frankreichs Flotte unter
D'Etr^es, Hollands stolze Segler unter de Ruyter uud Cornelius de Witt herrschten auf den
Meeren. Der britische Stolz empörte sich gegen die Demütigungen, welche England, nicht etwa
durch seine Schwäche, sondern durch das Verschulden seines Monarchen erlitt.
Karl II. dagegen ließ sich darüber durch die frivolen Witze seiner ausschweifenden Gesell-
schafter so gut als möglich trösten. Dennoch war er nicht ganz und gar so unverschämt, um nicht
immer noch etwas thun zu wollen. Er verlangte, als die Friedensunterhandlungen zu Breda
zwischen England und den Niederlanden einen zweifelhaften Erfolg in Aussicht stellten, vom Par-
lament außerordentliche Credite, um die fast bedeutungslos gewordene englische Flotte gegen die
Generalstaaten in wehrhaften Stand zu setzen. Das Parlament, schon hundert Mal durch Karl's
Vorgeben getäuscht, bewilligte abermals die Summe, welche der König verlangte, obgleich
voraus zu sehen war, daß diese Gelder der Flotte nicht zugewandt, sondern in größter Ge-
schwindigkeit verschwendet werden würden. Dieser letzte Umstand ließ wirklich nicht lange aus
sich warten.
Ein prächtiges Fest der Herzogin von Portsmouth war zu Ende. Die Geladenen entfernten
sich; denn es war fünf Uhr Morgens. Die Königin dieser Nacht verschwand. Man sah in den
Sälen nur noch Karl II. mit seinen vornehmsten Günstlingen wie Leute auf- und abwandeln, die
durchaus nicht wissen, was sie anfangen sollen.
Der König, schwarz gekleidet — eine elegante Figur mit einem unschönen, von Leidenschaften
durchfurchten, blassen Gesichte — hatte den schwarzseidenen Hut mit der schneeweißen Feder tief
in's Gesicht gezogen. Er sagte kein Wort und sah, ungeachtet der frivolen Witze des Cavaliers,
welchem er seinen Arm gegeben, sehr schwermüthig ans.
Dieser Mann war John Wilmot, der durch seine Satyren, seinen Atheismus, sein aus-
schweifendes Leben, durch seine Verführungskünste, Frauenzimmern gegenüber, und vielleicht auch
durch seine Bekehrung berühmt und berüchtigt gewordene Graf von Rochester. Rochester war noch
jung und besaß ein einnehmendes Gesicht, das durch den gänzlichen Mangel an Bart etwas Wei-
bisches erhielt. Er war ganz in weiße, schwer mit Gold gestickte Seide gekleidet und augenschein-
lich etwas berauscht