Zan Steen.
Ein Hauptcharakterzug der niederländischen Genremalerei ist der Humor, jene sich mit Lust in
jeden Gegenstand versenkende Empfindung, jene hingebende Freude an den Dingen, der nichts zu
klein ist. Doch wie Alles in der Welt hat auch der Humor seine zwei Seiten, und neben dem
Hange zur Gemüthlichkeit darf im holländischen Charakter und in der holländischen Kunst die Nei-
gung zur Satire nicht übersehen werden. In der besten Zeit schweigt diese Neigung, wie immer;
nur in Verfallperioden blüht die rechte Satire: sie ist Remiuiscenz des Besseren und Stachel zur
Besserung. So taucht sie höchst bezeichnend inmitten der holländischen Genrekuust auf. Ihr Träger
ist Jan Steen, neben Frans Hals und Rembrandt der genialste Meister der ganzen Schule, ein
Künstler, den man treffend mit Moliere verglichen hat.
Sein Vater, Havic Steen, geboren den 20. October 1602, vermuthlich ein Brauer zu
Lehden, gehörte dem angesehenen und gutsituirten Bürgerstande an und vermählte sich am 30. Oc-
tober 1625 mit Elisabeth Capitehns, die ihm 1626 unseren Jan gebar. Die künstlerischen
Neigungen des Sohnes traten früh hervor, und Vater Havic vertraute ihn einem deutschen Meister
Nicolaus Knüpfer an, der sich 1630 in Utrecht niedergelassen hatte. Dann wurde er nach
Haerlem in die Werkstatt des Adriaen van Ostade geschickt. Daß auch noch Adriaen Brou-
wer sein Lehrer gewesen, widerlegt sich durch den Umstand, daß dieser bereits 1640 starb; wohl
aber darf man annehmen, daß die Anschauung der Werke Brouwer's für Jan Steen von bestim-
mendem Einflüsse gewesen ist. Mit mehr Fug wird angenommen, daß Steen noch unter der Leitung
des trefflichen Landschaftsmalers Jan van Gohen (geboren 1596 zu Lehden, gestorben 1666 im
Haag), also im Haag, studirt habe. Doch war er vorher bereits — am 18. März 1648 — als
freier Meister in die Verzeichnisse der Lehdeuer Malergilde eingetragen. Bald darauf aber scheint
er die Vaterstadt verlassen zu haben; denn schon am 19. September 1649 verlobte er sich (wobei
man die anzüglichen Nebenumstände in den Berichten der alten verleumderischen Biographen nicht
für wahr zu halten braucht) mit Margarethe van Gohen, der Tochter seines letzten Lehrers,
uns heiratete sie am 3. October. Sie schenkte ihm vier Kinder: Thaddäus, Cornelis, der 1680
als Meistersohn in die Lehdeuer Gilde ausgenommen wurde, Katharina und Jan.
Erst 1653 kehrte Steen nach Lehden zurück und bezahlte im April seinen Jahresbeitrag an
die Gilde. Am wahrscheinlichsten ist es wohl, daß er so lange im Haag geblieben ist. Darauf
scheint er wieder von Lehden abwesend gewesen und nur 1658 vorübergehend dorthin zurückgekehrl
zu sein, um endlich nach abermaliger längerer Abwesenheit vom Ende des Jahres 1672 bis zu
seinem Tode in seiner Vaterstadt seinen Wohnsitz zu nehmen. Keine Spur deutet an, wo er sich
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Ein Hauptcharakterzug der niederländischen Genremalerei ist der Humor, jene sich mit Lust in
jeden Gegenstand versenkende Empfindung, jene hingebende Freude an den Dingen, der nichts zu
klein ist. Doch wie Alles in der Welt hat auch der Humor seine zwei Seiten, und neben dem
Hange zur Gemüthlichkeit darf im holländischen Charakter und in der holländischen Kunst die Nei-
gung zur Satire nicht übersehen werden. In der besten Zeit schweigt diese Neigung, wie immer;
nur in Verfallperioden blüht die rechte Satire: sie ist Remiuiscenz des Besseren und Stachel zur
Besserung. So taucht sie höchst bezeichnend inmitten der holländischen Genrekuust auf. Ihr Träger
ist Jan Steen, neben Frans Hals und Rembrandt der genialste Meister der ganzen Schule, ein
Künstler, den man treffend mit Moliere verglichen hat.
Sein Vater, Havic Steen, geboren den 20. October 1602, vermuthlich ein Brauer zu
Lehden, gehörte dem angesehenen und gutsituirten Bürgerstande an und vermählte sich am 30. Oc-
tober 1625 mit Elisabeth Capitehns, die ihm 1626 unseren Jan gebar. Die künstlerischen
Neigungen des Sohnes traten früh hervor, und Vater Havic vertraute ihn einem deutschen Meister
Nicolaus Knüpfer an, der sich 1630 in Utrecht niedergelassen hatte. Dann wurde er nach
Haerlem in die Werkstatt des Adriaen van Ostade geschickt. Daß auch noch Adriaen Brou-
wer sein Lehrer gewesen, widerlegt sich durch den Umstand, daß dieser bereits 1640 starb; wohl
aber darf man annehmen, daß die Anschauung der Werke Brouwer's für Jan Steen von bestim-
mendem Einflüsse gewesen ist. Mit mehr Fug wird angenommen, daß Steen noch unter der Leitung
des trefflichen Landschaftsmalers Jan van Gohen (geboren 1596 zu Lehden, gestorben 1666 im
Haag), also im Haag, studirt habe. Doch war er vorher bereits — am 18. März 1648 — als
freier Meister in die Verzeichnisse der Lehdeuer Malergilde eingetragen. Bald darauf aber scheint
er die Vaterstadt verlassen zu haben; denn schon am 19. September 1649 verlobte er sich (wobei
man die anzüglichen Nebenumstände in den Berichten der alten verleumderischen Biographen nicht
für wahr zu halten braucht) mit Margarethe van Gohen, der Tochter seines letzten Lehrers,
uns heiratete sie am 3. October. Sie schenkte ihm vier Kinder: Thaddäus, Cornelis, der 1680
als Meistersohn in die Lehdeuer Gilde ausgenommen wurde, Katharina und Jan.
Erst 1653 kehrte Steen nach Lehden zurück und bezahlte im April seinen Jahresbeitrag an
die Gilde. Am wahrscheinlichsten ist es wohl, daß er so lange im Haag geblieben ist. Darauf
scheint er wieder von Lehden abwesend gewesen und nur 1658 vorübergehend dorthin zurückgekehrl
zu sein, um endlich nach abermaliger längerer Abwesenheit vom Ende des Jahres 1672 bis zu
seinem Tode in seiner Vaterstadt seinen Wohnsitz zu nehmen. Keine Spur deutet an, wo er sich
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