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herausreißen. Jch kann Euerer Exeellenz versichern, daß selbst Seine
Heiligkeit mir manchmal langweilig und zur Last wird, wenn
er mir mit der Frage komnit, waruni ich mich nicht öfter im
Vatikan sehen ließe. Wo es sich um Nebendinge handelt, glaube
ich ihm mehr zu nützen wenn ich zu Hause bleibe, als wenn ich
bei ihm erscheine. Ta sage ich ihm dann ohne Umschweife, ich zöge
vor, nach meiner Weise für ihn thätig zu sein, als den langen
Tag über bei ihm zu stehn, wie es viele andere machen.

Glücklicher Michelangelo, rief ich hier aus, von allen Fürsten
verstehen es die Päpste allein, diese Sünde mit nachsichtigem
Auge anzusehn.

Gerade solche Sünden sollten die Fürsten am ersten ver-
geben, nahm er von neuem das Wort; dann nach einer Weile
fügte er hinzu, ich darf sogar behaupten, daß die gewichügen
Dinge, mit denen ich beschäftigt bin, mir eine so große Frei-
heit gegeben haben, daß ich im Gespräche mit dem Papste, ohne
daran zu denken, diesen Filzhut aufsetze und mich ganz ungenirt
mit Seiner Heiligkeit unterhalte. Das ist für ihn indessen durch-
aus kein Grund, mich hinrichten zu lassen, sondern er läßt mich
im Gegentheil leben wie es mir beliebt, und gerade in solchen
Momenten ist mein Geist am eifrigsten, ihm zu dienen. Sollte
freilich Jemand so verrückt sein, sich in eine künstliche Einsam-
keit zu versetzen und, weil er darin cinen Genuß findet allein zu
sein, seine Freunde zu verlieren und alle Welt gegen sich auf-
zubringen, so hätten sie ein Recht, deßhalb zu schelten, handle
ich aber so aus natürlichem Gefühle und weil ich von meincm
Handwerke dazu gezwungen bin oder weil mein Charakter alle
gemachte Höflichkcit nicht vertragen kann, so wäre es die größte
Ungerechtigkeit, mich nicht gewähren zu lassen, zumal da ich nichts
von den andern verlange. Was fordert die Welt: soll man sich
an ihrem leeren Zeitvertreibe betheiligen? Weiß sie nicht, daß
es Wissenschaften giebt, welche einen Menschcn ganz und gar in
Anspruch nehmen, ohne auch nur dem kleinsten Theile seines
 
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