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die Deutsche Litteratur und Bildung seiner Zeit, geflissentlich
als ein Mann welcher außerhalb der Dinge steht, Michelangelo
repräsentirte der Welt und dem Papst gegenüber die ächte Kunst,
unablässig praktisch beschäftigt und stets von einem Kreise neuer
Schüler umgeben, die sich mit jugendlicher Liebe an ihn an-
schlossen >wie er sich ihnen. ÜLr wußte genau von sich selber,
wie hoch er stand. Er hatte es erstchren. Die Päpste, der
Kaiser, der König von Frankreich, der Sultan, Venedig, Florenz,
alle wollten sie ihn sür sich besitzen. Alles gelang ihm^ aber er
kannte den Preis, um den es so weit gekommen war. sDie ge-
sammte Kunst seiner Zeit fühlte in ihm ihren Lebensnerv, mit
uneigennütziger Liebe gab er sich den Menschen hin, er
hatte Muth und Lust und die Kraft, zu gewähren was man
von ihm verlangte,' wenn dann einzelne, die er übertraf und
überblickte, ihm, der sich Felsen aus dem Wege geschoben hatte,
Steine unter die Füße warfen, nicht, um ihn aufzuhalten, nur
um sich selbst sür einen Augenblick bemerklich zu machen, wenn
ihn das zu Zeiten außer sich brachte, so finden wir seinen Un-
muth sehr natürlich, zumal bei einem zornigen aufbrausenden
Naturell.
Nur noch zwei Briefe will ich hier erwähnen. An Vasari
schreibt er 1556 über den Tod Urbino's, welcher in den Floren-
tinischen harten Zeiten als ganz junger Mensch in seine Dienste
trat und bei ihm blieb. Auch Cellini spricht von Urbino und
seiner ungestümen Anhänglichkeit an den Meister. Er thut es
da, wo er von seiner vergeblichen Sendung an Michelangelo er-
zählt, den er im Auftrage CoÄno's nach Florenz locken sollte.
Michelangelo war außer sich über den Tod dieses Dieners.
Obgleich er selber alt und kränklich war, pflegte er ihn und
blieb die Nächte über in seinen Kleidern an dem Bette sitzen,
in dem er krank lag.
Sechsundzwanzig Jahre hatte ich ihn bei mir, schreibt er,
und fand einen unschätzbar treuen Menschen an ihm. Und nun,
die Deutsche Litteratur und Bildung seiner Zeit, geflissentlich
als ein Mann welcher außerhalb der Dinge steht, Michelangelo
repräsentirte der Welt und dem Papst gegenüber die ächte Kunst,
unablässig praktisch beschäftigt und stets von einem Kreise neuer
Schüler umgeben, die sich mit jugendlicher Liebe an ihn an-
schlossen >wie er sich ihnen. ÜLr wußte genau von sich selber,
wie hoch er stand. Er hatte es erstchren. Die Päpste, der
Kaiser, der König von Frankreich, der Sultan, Venedig, Florenz,
alle wollten sie ihn sür sich besitzen. Alles gelang ihm^ aber er
kannte den Preis, um den es so weit gekommen war. sDie ge-
sammte Kunst seiner Zeit fühlte in ihm ihren Lebensnerv, mit
uneigennütziger Liebe gab er sich den Menschen hin, er
hatte Muth und Lust und die Kraft, zu gewähren was man
von ihm verlangte,' wenn dann einzelne, die er übertraf und
überblickte, ihm, der sich Felsen aus dem Wege geschoben hatte,
Steine unter die Füße warfen, nicht, um ihn aufzuhalten, nur
um sich selbst sür einen Augenblick bemerklich zu machen, wenn
ihn das zu Zeiten außer sich brachte, so finden wir seinen Un-
muth sehr natürlich, zumal bei einem zornigen aufbrausenden
Naturell.
Nur noch zwei Briefe will ich hier erwähnen. An Vasari
schreibt er 1556 über den Tod Urbino's, welcher in den Floren-
tinischen harten Zeiten als ganz junger Mensch in seine Dienste
trat und bei ihm blieb. Auch Cellini spricht von Urbino und
seiner ungestümen Anhänglichkeit an den Meister. Er thut es
da, wo er von seiner vergeblichen Sendung an Michelangelo er-
zählt, den er im Auftrage CoÄno's nach Florenz locken sollte.
Michelangelo war außer sich über den Tod dieses Dieners.
Obgleich er selber alt und kränklich war, pflegte er ihn und
blieb die Nächte über in seinen Kleidern an dem Bette sitzen,
in dem er krank lag.
Sechsundzwanzig Jahre hatte ich ihn bei mir, schreibt er,
und fand einen unschätzbar treuen Menschen an ihm. Und nun,