Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Günther, Hubertus
Bramantes Tempietto: die Memorialanlage der Kreuzigung Petri in S. Pietro in Montorio, Rom — München, Univ., Diss., 1973

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5896#0084
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
- 74 -

Fra Mariano spricht den Tempietto als "ciborium"
an, und er meint dies wörtlich, denn er beschreibt
ihn weiter als groß.*' Der Bau steht seiner Funktion
nach dem Altarhaus nahe, das Bramante über der Grab—
lege des Apostelfürsten errichtete. Beide Altarhäu-
ser zeigten in ihren dorischen Friesen liturgische
Geräte. Über den Eingängen zur Cella und Krypta des
Tempietto und über der Seitentür gegenüber dem Hof-
portal der Kirche erscheinen in den Metopenfeidern Keld
und Patene als Symbol der Messe. Die Nordseite trägt
den päpstlichen Schirm, das Zeichen für den Rang einer
Kirche als Basilika.

Der Tempietto wurde mehrmals als Ziborium mit durch-

7 ^ •

brochener Wand der Cella gezeichnet. Er bxldete das

Vorbild für den Katafalk, der im Jahre 1589 für Ales-

g

sandro Farnese in II GesiS aufgerichtet war. San—
micheli baute Hospitalkirchen, in die die Kranken von

ihren Lagern hereinblicken sollten, als runde Peripte—

9

roi. Bramantes Bau bestimmte auch die Form von Ta—
bernakeln, wie eine Zeichnung in Leningrad zeigt.^°
Francesco Quinones, Franziskanergeneral und Nachfolger
Bernardinos de Carvajal als Kardinal von S. Croce,
ließ das Tabernakel über seinem Grab im Chor seiner
Titelkirche ähnlich dem Tempietto gestalten.

Will man den Tempietto mit einem christlichen Bau-
typ vergleichen, so liegen der Form und Funktion nach

die Hl. Gräber am nächsten, die zugleich als Memorie
12

und Ziborium dienten. Diese kleinen, von Säulen

umgebenen Rundbauten waren besonders in Deutschland
11

verbreitet. Sie regten im Quattrocento den Tempietto
del Volto Santo im Dom zu Lucca an.
 
Annotationen