Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
des Mendikantentums an der Entwicklung von der Ikone und dem Antependium zum Betakel wird
jedoch nicht mitberücksichtigt. Sie gehört zum Hauptanliegen der vorliegenden Arbeit, die den ikono-
graphischen Zweig der Dugentoforschung in typengeschichtlich-funktiologischer Richtung fortsetzt.
Daher stehen weder Stilprobleme noch ikonographische Eigentümlichkeiten, sondern die Ikone bzw.
das ikonenhafte Retabel selbst als Gegenstand im Mittelpunkt unserer Bemühungen, die über eine
Funktionsanalyse auf die Wesensbestimmung des toskanischen Tafelbildes gerichtet sind.
Wir wenden uns zunächst der Altarbildentwicklung zu, die in Italien dem Auftreten der toskanischen
Palen vorangeht, und führen diese Arbeit als Voruntersuchungen durch, die zum Hauptthema hinführen
sollen.
Am Anfang stehen die Zentralbilder der kirchlichen Dekorationssysteme, die sich in den Kuppeln
oder den Hauptapsiskalotten befinden. Da der Bezug des Hauptbildes auf den zentralen Gegenstand
der Ausstattung, den Altar, evident ist, bietet sich hier die Möglichkeit, eine ganze Tradition von noch
am Entstehungsort erhaltenen Hauptaltarbildem zu verfolgen, die im Hinblick auf die Entstehung
des beweglichen Tafelretabels betrachtet werden sollen. Hierbei können wir uns auf die für unseren
Zweck besonders wertvollen Untersuchungsergebnissen von Demus über die byzantinischen und italo-
byzantinischen Dekorationssysteme beziehen. Erst in der Zwischenzeit erschien die Arbeit von Christa
Ihm, die als Corpuswerk die christlichen Apsisprogramme bis in das 8. Jh. behandelt31.
Im zweiten Kapitel der Voruntersuchungen wenden wir uns den mit Stipen retabelähnlich verbundenen
Ikonen in Gestalt von Fresken und Mosaiken zu. Da sie sich noch in situ befinden, erfassen wir neben
den Bildformen zugleich auch den kultischen Ort ihrer Darstellung. Die im achten Band des Jahrbuches
der Bibliotheca Hertziana erschienenen Untersuchungen von A. Weis, deren Gegenstand die mit
Reliquien auftretenden Devotionsbilder und die ersten Formen der Verbindung von Ikonen mit Altären
sind, haben bei der Abfassung dieses Abschnittes unserer Arbeit noch nicht vorgelegen. Das gleiche
gilt für das Buch von H. Schrade32, „Malerei des Mittelalters“, das sich in Band I, Kapitel III, „Das
Tafelbild des Frühmittelalters“, unter anderem auch mit der Aufstellung von Tafelikonen befaßt,
ohne jedoch den damit verbundenen Problemen weiteren Raum zu widmen, die Gegenstand des folgenden
Kapitels der Voruntersuchungen sind.
Das dritte Kapitel umfaßt nun die verschiedenen Gattungen von Tafelbildern, die es in Italien vor
dem Beginn der toskanischen Palen gibt. Für diesen Teil sind die Beiträge von hohem Wert, die von
Dobschütz (1899)33, Kollwitz (1953)34, und Kitzinger (1954)35 über die Anfänge des christlichen Bilder-
gebrauches sowie Volbach (1940)36 bezüglich der lazensischen Salvatorikonen geleistet haben, ohne
jedoch das in der Schöpfung des Retabels liegende Problem schärfer ins Auge zu fassen. Hierauf geht
auch die zusammenfassende, 1956 erschienene Arbeit von Felicetti-Liebenfels37 nicht ein, der in seinem
Buch über die byzantinischen Ikonen einige Beispiele der italienischen Tafelmalerei mitbehandelt.
Nachdem wir so die beim Einsetzen der toskanischen Palen in der italienischen Altarbildentwicklung
bestehende Situation klargelegt haben, können wir nun zu diesen übergehen. Um die Art ihrer Ver-
wendung kennenzulemen, müssen die Standorte, für die sie gearbeitet wurden, in Erfahrung gebracht
werden. Diese durch häufig sehr komplizierte Sachverhalte hindurchführenden und darum die Auf-
merksamkeit des Lesers sicher stark in Anspruch nehmenden Untersuchungen bilden das Kernstück
unserer Studie und sind die unumgängliche Voraussetzung für alle Schlußfolgerungen. Durch eine
übersichtliche Anordnung des Stoffes bemühen wir uns jedoch, die Lektüre soweit wie möglich zu
erleichtern.
Auf dem Wege von Quellenuntersuchungen und unter Heranziehung von häufig sehr wertvollen Spezial-
bearbeitungen einzelner Bilder gelangen wir zu einer Lokalisierung der wichtigsten Stücke und gewinnen
eine feste Grundlage für die Scheidung nach Funktionsgruppen, die im Hinblick auf die Entwicklungs-
geschichte des hochformatigen Marienretabels etwa bis zum Anfang des Trecento verfolgt werden
sollen. Eine Analyse der kultischen Bestrebungen des in Frage kommenden Zeitabschnittes soll es
uns ermöglichen, im abschließenden Kapitel den Funktionszusammenhang und den Bestimmungszweck
der toskanischen Tafelbildausstattung zu erkennen.

9
 
Annotationen