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HINWEISE ZU DEN BILDERN

1. „Kasper" (Aquarell, 23:33 cm, Knabe, 7Jahre).

Typisches Beispiel für eine durchaus als „Zeichen", nicht als „Gesicht"
gegebene Darstellung aus dem noch frühen Kindesalter. Als Gegensatz
vergleiche man etwa Abb. 33 oder 109, die einen auf die Gesichtserinnerung
zurückgehenden Bewegungseindruck, wenn auch natürlich mit primitiven ab-
gekürzten Mitteln, wiedergeben wollen. Das „Zeichen" erscheint hier gesetz-
mäßig geometrisiert, schematisiert.

2. „Der Schutzengel" (Bleistift und Buntstift, 22:31 cm, Mädchen, 8Jahre).

Das Blatt ist für die rein religiöse und kindliche Märchenstimmung
charakteristisch, wie sie gerade bei Mädchen zwischen dem 7. und 9. Lebens-
jahr nicht selten einen so angemessenen Ausdruck findet. Vergleiche von
derselben Zeichnerin Abb. 7 und 39.

3. „Stadtbild" (Bleistift, 17:21 cm, Knabe, München, 6Jahre).

Die Zeichnung wurde zuerst mit anderen desselben Kindes von Adolf von
Hildebrand veröffentlicht. Der Vater des Knaben ist Bildhauer. Wie Hilde-
brand betont, sind die Zeichnungen nicht nach Vorlagen, aber auch nicht
unmittelbar nach der Natur entstanden, obgleich die Wahl der Vogelper-
spektive, dieser allerschwersten und kompliziertesten „Ansicht", durch Ein-
drücke bestimmt sein mochte, an die das Kind aus seinem Zimmer im dritten
Stock gewohnt war. „Wenn er so etwas erfand, fing er links oben an und
zeichnete ohne Unterbrechung und ohne jegliche Korrektur sein Blatt bis
unten rechts fertig. Das Wunderbare ist die hochentwickelte perspektivische
Klarheit seiner Vorstellung und ferner die deutliche architektonische Form-
erinnerung. — Die Sicherheit, mit der der Kleine die schwierigsten Über-
schneidungen der Straßenwendungen einfügt, zeigt ein Erfassen des Augen-
bildes kubischer Form, die man sich schwer erklären kann. Ich gestehe,
daß mich solch Phänomen ... ganz unheimlich berührte. — Wie macht das
die Natur möglich, wie kommt eine so speziell einseitige Begabung zustande."
„Zeichnungen nach der Natur, mögen sie auch noch so talentvoll sein, sind
auch bei einem Kind zu begreifen (?), hier handelt es sich aber um ein in-
tuitives Verstehen perspektivischer Gesetze, aus dem heraus ein Kind Stadt-
bilder phantasiert." — Hildebrand berichtet weiter, daß das Kind auf An-
sichtskarten gesehene Türme in neuen Ansichten konstruierte, ebenso wie
es nach Betrachtung von Grundrissen Perspektiven zu entwerfen wußte.
Niemals ein Nachzeichnen, sondern ein freies Produzieren „aus der Erkennt-
nis der Beziehungen von kubischer Form und Erscheinungsart". Das Kind
starb mit 7 Jahren.

4. „Weihnachtsmann im Schnee" (Wasserfarbe,21: 16 cm, Knabe,Säckingen,
etwa 12 Jahre).

13 Hartlaub, Genius.

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