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den Kreuzen. Beide Varianten waren in der byzantinischen Kunst
des sechsten Jahrhunderts nachweisbar. Auch die Schächer mit ih-
ren nach hinten über die Kreuzquerbalken gestreckten Armen stam-
men aus diesem Bereich, sie sind uns aber erst auf den Sinaiikonen
(Abb.126,128) begegnet. Die Tortores sind im Osten erst viel spä-

ter nachweisbar, man wird sie vielleicht trotzdem dort vorausset-
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zen dürfen . Das Nebeneinander von Johannes und Maria links un-
ter dem Kreuz auf der Stephatonminiatur des Aachener Evangeliars
deutet nicht auf eine mittelbyzantinische Vorlage. Auf einigen
mittelbyzantinischen Elfenbeinen erscheinen zwar Maria und Johan-
nes links unter dem Kreuz, doch einander zugewandt, Johannes nä-
her am Kreuz, In Aachen sind es zwei selbständige Figuren, Maria
wie üblich links unter dem Kreuz, hinter ihr Johannes als männli-
che Variante der Marienfigur. Auch in den Psalterien mit Marginal-
illustrationen stehen Maria und Johannes bisweilen zusammen unter
dem Kreuz (Abb.132,133*135)* wieder hat Johannes den Vortritt
(Ausnahme: Pantokrator 61 Abb.133)» diesen Miniaturen beide
rechts vom Kreuz, links Longinus. Bei der Darstellung der Essig-
tränkung gibt es diese Figurenzusammenstellung in Byzanz nicht.

Die Kreuzigung im Copte 13 (Abb.164) dürfte nur ganz entfernt
auf ähnliche Vorlagen zurückgehen wie die Kreuzigungsminiaturen
im Aachener Evangeliar. Golgatha ist im Copte 13 ein hohes, fla-
ches Plateau, auf dem sich die drei Kreuze erheben. In Aachen
trägt der spitze Hügel nur das Christuskreuz, die Schächerkreuze
sind dem Bildrahmen eingefügt. Die Hügelfläche im Copte 13 ist
ausgefüllt von der Gruppe der vier losenden Soldaten und einem
Gewächs. Die Soldatengruppe ist ein selbständiges 'versatzstück
(sie kommt im Copte 13 auch allein vor). Sie, aber nur sie, ist

von einer frühbyzantinischen Vorlage abzuleiten, von der auch die

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entsprechende Gruppe im Aachener Evangeliar abstammt ' . Wenn so
die Herkunft des Bildschemas gesichert ist, bleiben die Kruzifix-
typen noch unerklärt. Die Kruzifixe des Codex Egberti und des
Aachener Ottonenevangeliars lassen sich nlcht in die Entwicklung des
byzantinischen Kruzifixtyps einordnen. Das Hängen des Körpers an
ausgespannten Armen und die herabsinkenden Hände sind typisch
abendländische Merkmale. Ohne die Kruzifixdarstellungen von Reims
um 830-850 sind sie ebensowenig zu denken wie das Gerokreuz. Die
 
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