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Akademische Mitteilungen für die Studierenden der Ruprecht-Karls-Universität zu Heidelberg: Sommer-Halbjahr 1898 — Heidelberg, 1898

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Nr. 8 (18. Juni 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.25136#0069
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Akademische Mitteilungen
FÜR DIE
STUDIERENDEN DER RUPRECHT-KARLS-UNIVERSITÄT HEIDELBERG.
HERAUSGEGEBEN VON J. HÖRNING, UNIVERSITÄTS-BUCHDRUCKEREI
Fernsprecher 119 HEIDELBERG Hauptstrasse 55 a.
Erscheint wöchentlich und wird unentgeltlich und frei allen Studierenden und Lehrern der Hochschule zugestellt.
Postzeitungs-Preisliste VIII. Nachtrag Nr. 49a. Preis bei der Post vierteljährlich 75 Pfg. ausschliesslich Bestellgebühr.
Mmmr zur Einweihung to Gross! Bail. Lantatornwarte auf dem Königstuhl
am 20. Juni 1898.

Die Grossh. Bad. Landessterawarte auf dem Königstuhl.

Am 20. Juni findet irn Beisein Ihrer Königlichen Ho- [
heiten des Grossherzogs und der Grossherzogin die Ein-
weihung der in den Jahren 1895 — 97 auf dem Königstuhl
erbauten Landessternwarte statt. Der Festakt wird in
der Aula der Universität abgehalten werden, da die Be-
ziehungen der Sternwarte zur alma mater sehr nahe sind,
obwohl erstere nicht zu den Universitätsinstituten gehört.
Die Lehrthätigkeit der beiden Direktoren der Sternwarte
an der Universität und die Möglichkeit, welche den Stu-
dierenden geboten wird, auf der Sternwarte praktisch zu
arbeiten, bilden ein enges Band, welches die Sternwarte
innerlich dauernd mit der älma mater verknüpft. Es wird
daher unter den Studierenden ein besonderes Interesse
für die Einrichtung dieses neuen Institutes obwalten, wel-
ches sowohl hinsichtlich seiner instrumentellen Ausrüstung
als auch vor allem durch seine für astronomische Beob-
achtungen besonders günstige Lage den ersten Stern-
warten Deutschlands an die Seite gestellt werden darf.
Ehe wir zur Beschreibung der Einrichtungen über-
gehen, glauben wir besonders hervorheben zu müssen,
dass die Entstehung der Sternwarte in ihrer jetzigen Form
und Lage einer ganzen Reihe von Gönnern des Projektes
zu verdanken ist. Die grossen Kosten, welche der schon
seit den 70er Jahren notwendige Neubau der damals in
Mannheim befindlichen und später in Karlsruhe proviso-
risch untergebrachten Sternwarte verursachte, riefen im
Landtag stets neuen Widerspruch gegen seine Ausfüh-
rung hervor. Das dauernde Interesse, welches Seine
Königliche Hoheit der Grossherzog der Ausführung der
astronomischen Arbeiten in seinem Lande entgegen-
brachte, und die Energie, mit welcher der Herr Staats-
minister und der Herr Oberbürgermeister Heidelbergs für
die Gründung einer Sternwarte unter den günstigen Luft-
verhältnissen auf den Neckarbergen eintrat, sind für die
Verwirklichung des ganzen Projektes nicht hoch genug zu
schätzen. Man darf aber nicht äusser Acht lassen, dass
die pekuniären Schwierigkeiten trotz aller Bemühungen von
höchster Stelle und von Seiten vieler anderer Persönlich-
keiten wohl nicht hätten überwunden werden können, wenn
nicht noch andere Gönner das Projekt in hochherziger
Weise durch die That unterstützt hätten. Die Stiftung
einer Summe von 41000 Mk. durch Miss Bruce in New
York zur Herstellung eines grossen photographischen Re-
fraktors, eines zehnzölligen Objektivs für das Leitfernrohr
desselben durch Dr. Pauly in Jena, eines achtzölligen
Refraktors durch Herrn Ludwig Kann in Baden-Baden,
eines Messapparates für die Ausmessung der photographi-
schen Himmelsaufnahmen durch die Herren Geheimerat

Scheibler, Berlin; Direktor Massenez, Wiesbaden;
Fabrikbesitzer Hauff, Feuerbach; Excellenz Botschafter
von Radowitz, Madrid; Stadtrat Kleine, Dortmund;
Direktor H i 1 g e n s t o c k, Hoerde; Banquier Schwabach,
Berlin; Durchlaucht Fürst zu Fürstenberg, Donau-
eschingen; Bankier Hirschler, Berlin; Geh. Kommer-
zienrat I< r ö n e r, Stuttgart; Franz Siechen, Berlin; Ban-
quier Kühn, Berlin; Fabrikant Rütgers, Berlin; In-
genieur Flenzel, Wiesbaden, sowie die Schenkung einer
bedeutenden Summe für optische Zwecke durch Dr.
Schott in Jena, sicherten die Güte der instrumen-
tellen Ausrüstung in dem Masse, dass der Staat im
Wesentlichen nur noch für die Ausführung des Neu-
baues Sorge zu tragen hatte. Auch hierin fand er aber-
mals Unterstützung durch die Bereitwilligkeit der Stadt
Heidelberg, nicht nur Grund und Boden für den Bau zu
schenken, sondern sogar auch die sehr kostspielige Wasser-
leitungsanlage und die Fortführung der Fahrstrasse bis zur
Sternwarte auf sich zu nehmen. Durch das harmonische
Zusammenwirken all’ dieser Umstände wurde es dem Land-
tag möglich gemacht, auch seinerseits dem Projekte seine
Zustimmung zu erteilen und eine Landessternwarte zu
gründen, auf welcher, dem gegenwärtigen Stande der
astronomischen Wissenschaft entsprechend, äusser den
alten astronomischen Beobachtungsarten auch die neueren
physikalischen Methoden der Spektroskopie, Photographie
und Photometrie zur Bereicherung unseres Wissens über
den Bau und die Gesetze des Universums in Anwendung
gebracht werden können.
Entsprechend der Verschiedenartigkeit der angewand-
ten Methoden ist die Grossh. Landessternwarte in zwei
Abteilungen geteilt, in eine astrometrische und eine
astrophysikalische Abteilung. Jede derselben ist in
einem besonderen Observatorium untergebracht. Nur das
Wohnhaus ist gemeinschaftlich. Der aus dem bekannten
Werke von Prof. Pfaff über Heidelberg entnommene Plan
(Abb. 2) giebt ein Bild von der Lage der einzelnen Gebäude
zu einander. Er enthält aber einige inzwischen entstandene
Beobachtungsräume noch nicht. Das beistehende Bild zeigt
uns dagegen das ganze, fünf Hektaren grosse Sternwarten-
gelände in seiner gegenwärtigen Gestalt aus der Vogel-
schau von Süden her. Es ist nach einer perspektivischen
Zeichnung des Baumeisters der Sternwarte, des Herrn
Bauinspektors Koch, angefertigt, welcher dieselbe
gütigst zur Verfügung stellte (Abbild. 1).
Betreten wir, die Fahrstrasse von der Stadt her-
kommend, durch die grosse eiserne Haupteingangspforte
das Terrain der Sternwarte, so fällt uns beim Ueber-
 
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