Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Universität Heidelberg [Hrsg.]
Akademische Mitteilungen für die Studierenden der Ruprecht-Karls-Universität zu Heidelberg: Sommer-Halbjahr 1898 — Heidelberg, 1898

DOI Heft:
Nr. 10 (2. Juli 1898)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25136#0085
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Akademische Mitteilungen
FÜR DIE
STUDIERENDEN DER RUPRECHT-KARLS-UNIVERSITÄT HEIDELBERG.
HERAUSGEGEBEN VON J. HÖRNING, UNIVERSITÄTS-BUCHDBUCKEBEI
Fernsprecher 119 HEIDELBERG Hauptstrasse 55 a.
Erscheint wöchentlich und wird unentgeltlich und frei allen Studierenden und Lehrern der Hochschule zugestellt.
Postzeitungs-Preisliste VIII. Nachtrag Nr. 49 a. Preis bei der Post vierteljährlich 75 Pfg. ausschliesslich Bestellgebühr.
Sommer-Halbjahr 1898. Nr. 10. Samstag, 2. Juli 1898.

Hocliscliulnachrichten.
Heidelberg, I. Juli 1898.
* Ordensauszeichnung. Der Grossherzog erteilte dem
hiesigen Universitätsprofessor, Herrn Dr. H. Lossen, die Er-
laubnis, das ihm vom Grossherzog von Sachsen verliehene
Ritterkreuz 1. Klasse des Grossherzoglich Sächsischen Haus-
ordens der Wachsamkeit oder vom weissen Falken anzu-
nehmen und zu tragen.
* Zusammenkunft. Am letzten Sonntag, 26. Juni, fand
in Baden-Baden die alljährliche Zusammenkunft der Lehrer
südwestdeutscher Hochschulen statt. Es hatten sich etwa
60 Teilnehmer eingefunden: Freiburg, Heidelberg und Strass-
burg hatten eine grössere Anzahl Vertreter gesandt, aus
Basel war ein Herr zugegen. Nachmittags halb 2 Uhr
wurde im Hotel Stephanie ein gemeinsames Mittagessen ein-
genommen.
* Turnspielkursus. Nachdem bisher unter lebhafter
Beteiligung der Verlauf des Turnspielkursus ein sehr zufrieden-
stellender war, besonders wenn man berücksichtigt, dass eine
derartige Veranstaltung zum ersten Male an hiesiger Hoch-
schule ins Leben getreten ist, so ist zu hoffen, dass das Inter-
esse für die Spielbewegung nunmehr auch hier festen Fuss ge-
fasst hat. Nach dreiwöchentlicher Dauer wird der Spielkursus
am Montag, den 4. Juli zum Abschluss kommen. Von da ab
werden unter meiner Leitung Montags und Donnerstags von
61/8—8 Uhr Spielübungen stattfinden, an welchen den ein-
zelnen Teilnehmern die Wahl der Spiele freigestellt ist. Auch

diejenigen Herrn Kommilitonen, welche den Kursus nicht
besucht haben, sind zur Teilnahme geziemend eingeladen.
Die Spielübungen sollen bis zum Schluss des Semesters fort-
gesetzt und voraussichtlich mit einem Wettspiel beendigt wer-
den. Zugleich gebe ich bekannt, dass ich von Herrn Land-
tagsabgeordneten von Sehenckendorff, dem Vorsitzenden des
Zentral-Ausschusses für Jugend- und Volksspiele, für die Teil-
nehmer am Kursus folgende Preisermässigung erwirkt habe:
„Jeder Teilnehmer erhält bei Abnahme des letzten (VII.)
Jahrgangs der Jahrbücher für Volks- und Jugendspiele im
Preise von 3,00 Mk. umsonst: Kleine -Schriften I und II,
Heft 1: „Ratgeber zur Einführung der Volks- und Jugend-
spiele“ 0,50 Mk._ Heft 2: „Anleitung zu Wettkämpfen, Spielen
und turnerischen Vorführungen bei Volks- und Jugendfesten“
1,00 Mk. und ausserdem die Spielregeln I—VI (Faustball;
Fussball; Schlagball ohne Einschenker; Schleuderball und
Barlauf; Schlagball mit Einschenker; Tamburinball je 0,20 Mk.)
1,20 Mk. Ich bitte die Herren, sich zur Erlangung der Ver-
günstigung gefälligst an mich wenden zu wollen. Dr. Rissom.
* *
* Verein gegen Missbrauch geistiger Getränke. Am
j 26. und 27. Juli wird hier der deutsche Verein gegen den
Missbrauch geistiger Getränke tagen; am 26. abends wird
eine grosse öffentliche Versammlung in der Vereinsturnhalle
stattfinden. Als Redner sind dazu vorgemerkt die Herren
Oberbürgermeister Struckmann-Hildesheim, Pfarrer und Gym-
nasiallehrer Quenzer-Heidelberg, Oberkonsistorialrat Dr. von
' Braun-Stuttgart, Gefängnisgeistlicher Pfarrer Grosse-Hamm

Der Auszug der Heidelberger Studenten
iiu Jahre 18-18.
Ein schöner Zug unseres deutschen Volkes ist es, dass es.
die Erinnerung an frühere Zeiten geistiger Erhebung gerne
wieder hervorsucht und sich derselben freut. Es ist dies ein i
Zeichen der Dankbarkeit gegenüber dem damaligen Geschlechte.
Auch in diesem Jahre, in welchem ein halbes Jahrhundert ver-
flossen ist seit der politischen Mündigkeitserklärung unseres
Volkes, hat man in weiten Kreisen dieser Zeit gedacht. In
vielen Städten Deutschlands hat man die Märztage unter leb-
hafter Teilnahme der Volksfreunde festlich begangen. Nament-
lich in dem an Erinnerungen aus jenen Tagen reichen Frankfurt
strömten die süddeutschen Demokraten zusammen und feierten
am 27. März in erhebender Weise die inhaltsschweren Tage.
Wir erwähnen beiläufig, dass unter den Festteilnehmern auch
ein Heidelberger Burschenschafter, Medizinalrat Mittermaier,
sich befand, der das lebhafte Interesse, das er schon als „Schloss-
bündler“ der Sache des Volkes entgegenbrachte, bis ins hohe
Alter noch bewahrt hat. — Aber nicht in der Rede allein ge-
denkt man jener Vorkämpfer einer neueren Entwicklungsperiode
des Volkes. An der Spitze vieler Zeitungen befindet sich eine
Orts-Chronik, welche uns in jene Zeit zurückversetzt.
An dem Denkmal, das unsere Zeit dem vergangenen Ge-
schlechte errichtet, wollen auch unsere bescheidenen Kräfte ver-
suchen, wenigstens einen kleinen Zug zum Relief desselben hin-
zuzufügen. Wir wollen versuchen, jenen Zeitabschnitt in der
Geschichte der Heidelberger Studentenschaft darzustellen.
An den politischen Bestrebungen, welche in den vierziger

Jahren immer stärker zum Durchbruch kamen, nahmen die An-
gehörigen unserer Hochschule bis zum Jahre 1848 keinen prak-
tischen Anteil, beschäftigten sich dagegen theoretisch um so
lebhafter damit. Unter den studentischen Verbindungen, welche
den Fragen der Zeit ein lebhaftes Interesse entgegenbrachten,
sind vor allem zu nennen die Ruperta, ferner die 1845 einge-
gangene Walhalla, weiter die im gleichen Jahre erloschene Alle-
mannia, sodann der Schloss- und der Neckarbund, die Teutonia
und endlich die Franconia. Die Ruperten politisierten fleissig
auf den Versammlungen und Kneipen „alles, wie nicht anders
zu erwarten, ziemlich radikal und nicht ohne einen republikani-
schen Anstrich“. Ebenso erörterte man in der Walhalla eifrig
auf der Kneipe, bei Spaziergängen, und vor allem im Kränzchen,
einer Zusammenkunft von vier bis sechs Mitgliedern. Unter den
Gegenständen solcher Besprechungen wird genannt: Geschwore-
nengerichte, Begriff des Staates, Verhältnis der Kirche zum Staat,
Wert der verschiedenen Staatsverfassungen, Stellung des Weibes
in der bürgerlichen Gesellschaft u. s. w. Unter Struve’s Redak-
tion gaben beide Vereine „die Zeitschrift für Deutschlands Hoch-
schulen“ heraus, in denen sie ihre Ansichten vertraten. In
gleicher Weise wie die vorigen bethätigte sich auch die Alle-
mannia, der Schloss- und der Neckarbund; die Mitglieder
des letzteren standen bei den Behörden im Verdacht, auf politi-
schem Gebiet Kommunisten und auf religiösem Atheisten zu sein.
Sie gaben eine Kneipzeitung heraus, in der die öffentlichen Zu-
stände gegeisselt wurden, und lasen fleissig Carlyles „Geschichte
der französischen Revolution“, Louis Blancs „Geschichte der
zehn Jahre“, sogar Marx und Proudhon. Die im Jahre 1845
durch Verschmelzung der Allemannia, der Palatia und Albingia
entstandene Teutonia verfolgte mehr konservative Ziele. Eine
 
Annotationen