1899
Heidblbbböee Akademisohe Mitteilunöen
Nr. 14
Hochschulnaclirichten.
Heidelberg, 28. Juli 1899.
IHF“ Zuin Vorlesungs-Yerzeichnis. Im Hinblick
auf Wünsche, die von hiesigen Studierenden ausgesprochen
wurden, wird Herr Dr. Kindermann im nächsten Semester
eine Vorlesung über „Praktische Nationalökonomie“
halten.
* Habilitationen. Bei der medizinischen Fakul-
tät habilitierte sich Herr Dr. med. Hugo Starck. Die
Probevorlesung fand am Samstag, den 22. Juli, statt und
hatte zum Gegenstand: „Ueber Bedeutung und Wesen
psychischer Beeinflussung.“ Die Habilitationsschrift behan-
delt: „Die Divertikel des Oesophagus.“ — Bei der natur-
wissenschaftlich-mathematischen Fakultät habili-
tierte sich der Assistent am hiesigen Universitäts-Laboratorium,
Herr Dr. phil. Iiobert Stolle mit einer am Dienstag ab-
gehaltenen Probevorlesung iiber „Die Benzoltheorien“. Die
bei der Fakultät eingereichte Habilitationsschrift ist betitelt:
„Studien mit Hydrazin“.
* Ehrendoktor. Die juristische Fakultät unserer Hoch-
schule hat dem Herrn Obei'landesgerichtspräsidenten Bichard
Schneider in Karlsruhe die Wiirde eines Ehrendoktors
verliehen. Das Sr. Excellenz überreichte Diplom führt aus:
... qui judicis munere diu multumque cum virtutis eximiae laude
functus est, qui per septem annos non solum summae in magno du-
catu Badensi iudicum curiae egregie praefuit verum etiam primo ordi-
num Badensium concilio de legibus constituendis deliberanti operam
praestitit tam strenuam quam efficacem praesertimque de legibus ad
novum codicem' civilem germanicum exsequendum condendis optime
meritus est, qui nunc vacatione munerum publicorum cum honore
donatus in otia meritissima recessit, summos in utroque iure honores
honoris causa rite contulimus u. s. w.
* Grüiidungsfest. Am 22. und 23. Juli feierte der in
diesem Semester neu entstandene nicht farbentragende Akad.
Turn-Yerein Hasso-Bhenania (Mitglied des 25 Vereine zählen-
den Akad. Turn-Bundes) sein Gründungsfest. Eröffnet wurde
dasselbe mit einer Spielvorführung der Aktiven auf dem
Spielplatze unterhalb der neuen Neckarbrücke, zu der sich
bereits eine grosse Anzahl alter Herren und Bundesbrüder
eingefunden hatte. Auch wurde ein Wettspiel mit dem
A. T. Y. Alemannia - Darmstadt im Tamburin veranstaltet.
Am Abend wurde auf der Kneipe ein Kommers abgehalten,
der zahlreich besucht war. Herr Prof. Wunderlich (A. H.
E. M. A. T. V.-Berlin und Germania-München) hielt die Fest-
rede; Se. Magnificenz der Herr Prorektor sprach auf den
jungen Verein, während Herr Geh. Hofrat Schröder in humor-
vollen Worten „Vorteile und Nachteile“ des Turnens dar-
legte. Am Sonntag Vormittag fand ein Bundgang mit den
Gästen durch die Stadt und das Schloss statt. Nach dem
gemeinsamen Mittagessen wurde ein Wagenbummel nach
Neckargemlind veranstaltet, von wo die Bückkehr auf Nachen
bis zur Kneipe erfolgte, auf welcher mit einem Schlusstrunk
das fröhliche Fest beschlossen wurde.
* Der Abschieds-Kommers des SC. findet am Don-
nerstag, den 3. August, auf der Hirschgasse statt.
Erklärung.
In Gemässheit der mit Sr. Magnificenz gepflogenen Ver-
handlung haben wir uns entschlossen, an. den Ausschuss-
sitzungen wieder teilzunehmen, nachdem uns die übliche Ein-
ladung per Circular zugegangen ist.
Es leitet uns hierbei das Gefühl, bei Sr. Magnificenz,
dem derzeitigen Herrn Prorektor wohlwollendes Verständnis,
für unsern Standpunkt zu finden, sodass wir einem von
Sr. Magnificenz uns gegenüber geäusserten Wunsch, wir möch-
ten dem Ausschuss wieder beitreten, Folge leisten werden.
Auf die Verhandlungen mit dem Ausschuss aus dem
vorigen Semester wieder einzugehen, verzichten wir, betonen
aber, dass wir nur, um die Einheit, in der Studentenschaft
wieder herzustellen, diesen Schritt thun.
Heidelberg, im Juli 1899.
Der katholisehe Studentenverein Palatia.
Yon anderen Hochschulen.
Freiburg. Der Grundstein zur Bismarcksäule, welche
die hiesige Studentenschaft zum Gedächtnis des grossen
Staatsmannes auf dem Schlossberg errichtet, wurde am Sams-
tag, 22. ds., gelegt. Bei dem der Grundsteinlegung voran-
gegangenen Festakt in der Universitätsaula hielt Professor
Dr. Dove eine Ansprache. Abends fand ein Festkommers in
der Sängerhalle statt.
Preussen imd der medizinische Doktortitel. Ein
von der preussischen Begierung dem Landtage vorgelegtes
Gesetz iiber die Dienststellung der Kreisärzte enthält die
Bestimmung, dass Bedingung für die Anstellung als Kreis-
arzt der an einer preussischen Universität erworbene medi-
zinische Doktortitel sei; die Anrechnung eines äusserpreus-
sischen medizinischen Doktortitels ist einer dem Ermessen des
Ministers anheimgegebenen Befugnis vorbehalten. In anbe-
tracht dessen haben nun die Dekane der medizinischen Fakul-
täten an den nichtpreussischen deutschen Universitäten eine
Erklärung versandt, in der darauf hingewiesen wird, dass
unstreitig die betreffende Bestimmung geeignet sei, eine wert-
volle Einrichtung der Beichsgesetzgebung, die Einheitlichkeit
der ärztlichen Prüfungen und ärztlichen Approbationen, bis
zu einem gewissen Grad hinfällig zu machen. — Die Er-
klärung ist auch von Herrn Geh. Bat Leber, derz. Dekan der
medizinischen Fakultät Heidelberg, unterzeicbnet.
Strassburg. Die Strassburger Universität war von den
deutschen Universitäten bisher noch die einzige, die ihre
Pforten den studierenden Frauen grundsätzlich verschloss.
Der akademische Senat hatte unmittelbar nach ihrer Griin-
dung einen Beschluss gefasst, der die Zulassung von Frauen
zum Hospitieren an der Universität für unzulässig erklärte.
Dass dieser Beschluss nicht mehr zeitgemäss und auf die
Dauer nicht aufrecht zu erbalten war, hatten seither mancher-
lei Thatsachen bewiesen. Namentlich machte die Neuregelung
der wissenschaftlichen Vorbildung für Lehrerinnen, die für
Elsass-Lothringen Ende vorigen Jahres erfolgte, seine Auf-
hebung notwendig. Danach wird die Befähigung zu der An-
stellung als Oberlehrerin an einer höhern Mädchenschule durch
die Ablegung einer wissenschaftlichen Prüfung bedingt, die
ernste und systematische wissenschaftliche Studien voraussetzt,
und zwar solcher Art, dass sie sich ihrer Natur nach nur
im Anschluss an die Universität erwerben lassen. Infolge'
dessen richtete der Vorstand des Vereins elsass-lothringischer
Lehrerinnen an die Universität die Bitte, Lehrerinnen, die
die Prüfung an höhern Mädchenschulen abgelegt haben, als
Hospitantinnen zu den Vorlesungen und Uebungen der Uni-
versität zuzulassen. Dieser Bitte hat der Senat nicht nur
stattgegeben, sondern er ist noch darüber hinausgegangen
und hat den frühern Senatsbeschluss ganz aufgehoben. Fortan
haben also die einzelnen Dozenten der Universität die Mög-
lichkeit, Frauen, die den entsprechenden Grad von ernster
Vorbildung besitzen, zu ihren Vorlesungen und Uebungen
zuzulassen. Nunmehr ist also an allen deutschen Universi-
täten den Frauen in irgend einer Form und unter verschieden-
artigen Voraussetzungen und Einschränkungen der Zugang
zu den akadernischen Studien eröffnet.
Heidblbbböee Akademisohe Mitteilunöen
Nr. 14
Hochschulnaclirichten.
Heidelberg, 28. Juli 1899.
IHF“ Zuin Vorlesungs-Yerzeichnis. Im Hinblick
auf Wünsche, die von hiesigen Studierenden ausgesprochen
wurden, wird Herr Dr. Kindermann im nächsten Semester
eine Vorlesung über „Praktische Nationalökonomie“
halten.
* Habilitationen. Bei der medizinischen Fakul-
tät habilitierte sich Herr Dr. med. Hugo Starck. Die
Probevorlesung fand am Samstag, den 22. Juli, statt und
hatte zum Gegenstand: „Ueber Bedeutung und Wesen
psychischer Beeinflussung.“ Die Habilitationsschrift behan-
delt: „Die Divertikel des Oesophagus.“ — Bei der natur-
wissenschaftlich-mathematischen Fakultät habili-
tierte sich der Assistent am hiesigen Universitäts-Laboratorium,
Herr Dr. phil. Iiobert Stolle mit einer am Dienstag ab-
gehaltenen Probevorlesung iiber „Die Benzoltheorien“. Die
bei der Fakultät eingereichte Habilitationsschrift ist betitelt:
„Studien mit Hydrazin“.
* Ehrendoktor. Die juristische Fakultät unserer Hoch-
schule hat dem Herrn Obei'landesgerichtspräsidenten Bichard
Schneider in Karlsruhe die Wiirde eines Ehrendoktors
verliehen. Das Sr. Excellenz überreichte Diplom führt aus:
... qui judicis munere diu multumque cum virtutis eximiae laude
functus est, qui per septem annos non solum summae in magno du-
catu Badensi iudicum curiae egregie praefuit verum etiam primo ordi-
num Badensium concilio de legibus constituendis deliberanti operam
praestitit tam strenuam quam efficacem praesertimque de legibus ad
novum codicem' civilem germanicum exsequendum condendis optime
meritus est, qui nunc vacatione munerum publicorum cum honore
donatus in otia meritissima recessit, summos in utroque iure honores
honoris causa rite contulimus u. s. w.
* Grüiidungsfest. Am 22. und 23. Juli feierte der in
diesem Semester neu entstandene nicht farbentragende Akad.
Turn-Yerein Hasso-Bhenania (Mitglied des 25 Vereine zählen-
den Akad. Turn-Bundes) sein Gründungsfest. Eröffnet wurde
dasselbe mit einer Spielvorführung der Aktiven auf dem
Spielplatze unterhalb der neuen Neckarbrücke, zu der sich
bereits eine grosse Anzahl alter Herren und Bundesbrüder
eingefunden hatte. Auch wurde ein Wettspiel mit dem
A. T. Y. Alemannia - Darmstadt im Tamburin veranstaltet.
Am Abend wurde auf der Kneipe ein Kommers abgehalten,
der zahlreich besucht war. Herr Prof. Wunderlich (A. H.
E. M. A. T. V.-Berlin und Germania-München) hielt die Fest-
rede; Se. Magnificenz der Herr Prorektor sprach auf den
jungen Verein, während Herr Geh. Hofrat Schröder in humor-
vollen Worten „Vorteile und Nachteile“ des Turnens dar-
legte. Am Sonntag Vormittag fand ein Bundgang mit den
Gästen durch die Stadt und das Schloss statt. Nach dem
gemeinsamen Mittagessen wurde ein Wagenbummel nach
Neckargemlind veranstaltet, von wo die Bückkehr auf Nachen
bis zur Kneipe erfolgte, auf welcher mit einem Schlusstrunk
das fröhliche Fest beschlossen wurde.
* Der Abschieds-Kommers des SC. findet am Don-
nerstag, den 3. August, auf der Hirschgasse statt.
Erklärung.
In Gemässheit der mit Sr. Magnificenz gepflogenen Ver-
handlung haben wir uns entschlossen, an. den Ausschuss-
sitzungen wieder teilzunehmen, nachdem uns die übliche Ein-
ladung per Circular zugegangen ist.
Es leitet uns hierbei das Gefühl, bei Sr. Magnificenz,
dem derzeitigen Herrn Prorektor wohlwollendes Verständnis,
für unsern Standpunkt zu finden, sodass wir einem von
Sr. Magnificenz uns gegenüber geäusserten Wunsch, wir möch-
ten dem Ausschuss wieder beitreten, Folge leisten werden.
Auf die Verhandlungen mit dem Ausschuss aus dem
vorigen Semester wieder einzugehen, verzichten wir, betonen
aber, dass wir nur, um die Einheit, in der Studentenschaft
wieder herzustellen, diesen Schritt thun.
Heidelberg, im Juli 1899.
Der katholisehe Studentenverein Palatia.
Yon anderen Hochschulen.
Freiburg. Der Grundstein zur Bismarcksäule, welche
die hiesige Studentenschaft zum Gedächtnis des grossen
Staatsmannes auf dem Schlossberg errichtet, wurde am Sams-
tag, 22. ds., gelegt. Bei dem der Grundsteinlegung voran-
gegangenen Festakt in der Universitätsaula hielt Professor
Dr. Dove eine Ansprache. Abends fand ein Festkommers in
der Sängerhalle statt.
Preussen imd der medizinische Doktortitel. Ein
von der preussischen Begierung dem Landtage vorgelegtes
Gesetz iiber die Dienststellung der Kreisärzte enthält die
Bestimmung, dass Bedingung für die Anstellung als Kreis-
arzt der an einer preussischen Universität erworbene medi-
zinische Doktortitel sei; die Anrechnung eines äusserpreus-
sischen medizinischen Doktortitels ist einer dem Ermessen des
Ministers anheimgegebenen Befugnis vorbehalten. In anbe-
tracht dessen haben nun die Dekane der medizinischen Fakul-
täten an den nichtpreussischen deutschen Universitäten eine
Erklärung versandt, in der darauf hingewiesen wird, dass
unstreitig die betreffende Bestimmung geeignet sei, eine wert-
volle Einrichtung der Beichsgesetzgebung, die Einheitlichkeit
der ärztlichen Prüfungen und ärztlichen Approbationen, bis
zu einem gewissen Grad hinfällig zu machen. — Die Er-
klärung ist auch von Herrn Geh. Bat Leber, derz. Dekan der
medizinischen Fakultät Heidelberg, unterzeicbnet.
Strassburg. Die Strassburger Universität war von den
deutschen Universitäten bisher noch die einzige, die ihre
Pforten den studierenden Frauen grundsätzlich verschloss.
Der akademische Senat hatte unmittelbar nach ihrer Griin-
dung einen Beschluss gefasst, der die Zulassung von Frauen
zum Hospitieren an der Universität für unzulässig erklärte.
Dass dieser Beschluss nicht mehr zeitgemäss und auf die
Dauer nicht aufrecht zu erbalten war, hatten seither mancher-
lei Thatsachen bewiesen. Namentlich machte die Neuregelung
der wissenschaftlichen Vorbildung für Lehrerinnen, die für
Elsass-Lothringen Ende vorigen Jahres erfolgte, seine Auf-
hebung notwendig. Danach wird die Befähigung zu der An-
stellung als Oberlehrerin an einer höhern Mädchenschule durch
die Ablegung einer wissenschaftlichen Prüfung bedingt, die
ernste und systematische wissenschaftliche Studien voraussetzt,
und zwar solcher Art, dass sie sich ihrer Natur nach nur
im Anschluss an die Universität erwerben lassen. Infolge'
dessen richtete der Vorstand des Vereins elsass-lothringischer
Lehrerinnen an die Universität die Bitte, Lehrerinnen, die
die Prüfung an höhern Mädchenschulen abgelegt haben, als
Hospitantinnen zu den Vorlesungen und Uebungen der Uni-
versität zuzulassen. Dieser Bitte hat der Senat nicht nur
stattgegeben, sondern er ist noch darüber hinausgegangen
und hat den frühern Senatsbeschluss ganz aufgehoben. Fortan
haben also die einzelnen Dozenten der Universität die Mög-
lichkeit, Frauen, die den entsprechenden Grad von ernster
Vorbildung besitzen, zu ihren Vorlesungen und Uebungen
zuzulassen. Nunmehr ist also an allen deutschen Universi-
täten den Frauen in irgend einer Form und unter verschieden-
artigen Voraussetzungen und Einschränkungen der Zugang
zu den akadernischen Studien eröffnet.