Fractssche Theologie.
6
Arbeit, hält aber die Ausführung derselben, mit gänzli-
cher Vermeidung des von dem Verf. S. 39. folg, bemerkten
Uebelstandes für möglich; wenigstens wird er diese
Schwierigkeit nie als einen gültigen Grund ansehen, auf
dem Wege, der scheidet, was seiner Natur nach nicht
neben, sondern in einander gehört, stehen zu bleiben.
Dass der Versuch, die Glaubens- und Sittenlehre in sol-
cher Verbindung darzustellen, bis jetzt noch nicht gelungen
ist , beweisst nichts für die Unmöglichkeit eines künftigen
Gelingens , wohl aber dies , dass es leichter ist, ein aka-
demisches Compendium zu schreiben, alseinen den reli-
giösen Sinn des jugendlichen Alters ansprechenden und be-
friedigenden Catechismus. Ueberhaupt scheint der Verf.
viel zu viel auf eine den Forderungen des Verstandes an-
gemessene Begründung, Consequenz und Vollständigkeit,
namentlich im Gebiete der Sittenlehre, zu bauen, gleich-
sam als ob der Catechismus vornämlich zur Uebung der
Denkkraft bestimmt wäre, und das Gemüth sür christliche
Ueberzeugung und christliches Leben gewonnen werden
könnte, sobald derselbe in wissenschaftlicher Form und
Gestaltung auftritt. Es soll damit keineswegs gering-
schätzig über jene Begründung, Consequenz und Voll-
ständigkeit geurtheilt werden. Ref. weiss dergleichen
Dinge recht gut zu schätzen und möchte sie auch an einem
Catechismus nicht gern ganz vermissen; allein auf der an-
dern Seite ist es ihm bis jetzt noch nicht einleuchtend ge-
worden, wie durch sie eine Trennung der Sittenlehre
von der Glaubenslehre schlechthin nothwendig werden,
noch weniger , warum ihnen eben da ein überwiegender
Einfluss verstattet seyn soll, wo man die Absicht hat
mehr den religiösen Sinn zu beschäftigen, als das discur-
6ive Denken.
Was der Vf. S. 45. ff. gegen Spieker erinnert, der die
Sittenlehre der Glaubenslehre vorangehendst, und sich da-
bei u.a. aufLuthersVorgang berust, hat seine entschiedene
Richtigkeit. Nur hätte noch angeführt werden sollen, wie
Spieker sein Verfahren auf ganz andere Grü nde stützt,
als Luther und die Resormatoren überhaupt das ihrige.
Diese nämlich dachten nicht entfernt daran, das Pflichtge-
hot als etwas von Gott Unabhängiges , lediglich in der
Autonomie der Alenschenveruunst Gegründetes, durch sich
selbst Ehrfurcht Gebietendes , anzüsehen. Sie räumten
also auch der Sittenlehre nicht desswegen den ersten Platz
ein, weil sie sie im Geiste der Eantischen Schule von je-
6
Arbeit, hält aber die Ausführung derselben, mit gänzli-
cher Vermeidung des von dem Verf. S. 39. folg, bemerkten
Uebelstandes für möglich; wenigstens wird er diese
Schwierigkeit nie als einen gültigen Grund ansehen, auf
dem Wege, der scheidet, was seiner Natur nach nicht
neben, sondern in einander gehört, stehen zu bleiben.
Dass der Versuch, die Glaubens- und Sittenlehre in sol-
cher Verbindung darzustellen, bis jetzt noch nicht gelungen
ist , beweisst nichts für die Unmöglichkeit eines künftigen
Gelingens , wohl aber dies , dass es leichter ist, ein aka-
demisches Compendium zu schreiben, alseinen den reli-
giösen Sinn des jugendlichen Alters ansprechenden und be-
friedigenden Catechismus. Ueberhaupt scheint der Verf.
viel zu viel auf eine den Forderungen des Verstandes an-
gemessene Begründung, Consequenz und Vollständigkeit,
namentlich im Gebiete der Sittenlehre, zu bauen, gleich-
sam als ob der Catechismus vornämlich zur Uebung der
Denkkraft bestimmt wäre, und das Gemüth sür christliche
Ueberzeugung und christliches Leben gewonnen werden
könnte, sobald derselbe in wissenschaftlicher Form und
Gestaltung auftritt. Es soll damit keineswegs gering-
schätzig über jene Begründung, Consequenz und Voll-
ständigkeit geurtheilt werden. Ref. weiss dergleichen
Dinge recht gut zu schätzen und möchte sie auch an einem
Catechismus nicht gern ganz vermissen; allein auf der an-
dern Seite ist es ihm bis jetzt noch nicht einleuchtend ge-
worden, wie durch sie eine Trennung der Sittenlehre
von der Glaubenslehre schlechthin nothwendig werden,
noch weniger , warum ihnen eben da ein überwiegender
Einfluss verstattet seyn soll, wo man die Absicht hat
mehr den religiösen Sinn zu beschäftigen, als das discur-
6ive Denken.
Was der Vf. S. 45. ff. gegen Spieker erinnert, der die
Sittenlehre der Glaubenslehre vorangehendst, und sich da-
bei u.a. aufLuthersVorgang berust, hat seine entschiedene
Richtigkeit. Nur hätte noch angeführt werden sollen, wie
Spieker sein Verfahren auf ganz andere Grü nde stützt,
als Luther und die Resormatoren überhaupt das ihrige.
Diese nämlich dachten nicht entfernt daran, das Pflichtge-
hot als etwas von Gott Unabhängiges , lediglich in der
Autonomie der Alenschenveruunst Gegründetes, durch sich
selbst Ehrfurcht Gebietendes , anzüsehen. Sie räumten
also auch der Sittenlehre nicht desswegen den ersten Platz
ein, weil sie sie im Geiste der Eantischen Schule von je-