DOI Heft:
Nr. 2
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.43435#0025
jfr. 2. HEIDELBERGER 1852.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Widtnianm Gesetze «1er socialen Bewegung.
(Schluss.)
Er berichtet: Alle diese (nämlich vorher ausführlich angegebenen}
Ideen sprechen sich in meiner ersten politischen Schrift: DasVolk und
die Partheien. Heilbronn bei Drechsler 1841. aus. Wäre diese Schrift
auch positiver gehalten und mit mehr Form der Erfahrung geschrieben,
wäre sie schon ganz selbstständig und nicht hin und her der Nachklang
Rohmer’scher Ideen gewesen, so hätte ich mich doch nicht verwundern
können, dass eine so einsame Stimme unbeachtet verklang. Dennoch
wurde dieselbe ohne mein Zuthun eine Veranlassung einer Verbindung mit
dem Ministerium des Innern in Berlin, welches der Graf Arnim kaum zu-
vor übernommen hatte, und welche ich gern einging, da ich in Süd-
deutschland, wo ich seit meiner Rückkehr aus der Schweiz ohne den
geringsten, auch nur literarischen Antheil an den politischen Verhältnis-
sen gelebt halte, ohne Aussicht war, eine Kenntniss von politischen Ge-
schäften und eine Uebersicht über die wirklichen Machtverhältnisse der
europäischen Staaten zu gewinnen. Meine Aufgabe war, theils die po-
litischen und socialen Erscheinungen der Literatur im täglichen Ueberblick
in’s Auge zu fassen, theils die Massregeln der Regierung zu erläutern und
zu vertheidigen, soweit ich es im Einklang mit meinen öffentlich ausge-
sprochenen Grundsätzen würde thun können.
Er fügt dann bei, dass seine Feinde ihm dies, aufrichtig gesagt,
doch immer für einen Wirtemberger etwas verdächtige Geschäft übel ge-
deutet hätten, er wolle jedoch, um diesen Feinden den Angriff zu er-
leichtern, alle Schriften kurz berühren, welche er während der Zeit ge-
schrieben habe.
Ich muss, fährt er dann fort, Vieles, was ich in Preussen mit er-
lebt oder mit angesehen habe, auf eine spätere Zeit ausgesetzt seyn las-
sen, wenn ich einmal ohne Indiscretion von jener Zeit reden und meine
Tagebücher veröffentlichen kann; darunter auch die Erklärung der Gründe,
warum die Ansicht, der Regierungspresse 1844 grossem Schwung zu
geben, misslang und warum statt eines festen Planes nur plötzliche licht-
volle Einfälle und eben so viele plötzliche Tactlosigkeiten abwechselten.
Der Hauptgrund war die Aengstlichkeit der Regierung, dass sie sich in
der Presse in die Defensive stellte und jeden Angriff, den sie wagte, so-
XLV. Jahrg. 1, Doppelheft. 2
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Widtnianm Gesetze «1er socialen Bewegung.
(Schluss.)
Er berichtet: Alle diese (nämlich vorher ausführlich angegebenen}
Ideen sprechen sich in meiner ersten politischen Schrift: DasVolk und
die Partheien. Heilbronn bei Drechsler 1841. aus. Wäre diese Schrift
auch positiver gehalten und mit mehr Form der Erfahrung geschrieben,
wäre sie schon ganz selbstständig und nicht hin und her der Nachklang
Rohmer’scher Ideen gewesen, so hätte ich mich doch nicht verwundern
können, dass eine so einsame Stimme unbeachtet verklang. Dennoch
wurde dieselbe ohne mein Zuthun eine Veranlassung einer Verbindung mit
dem Ministerium des Innern in Berlin, welches der Graf Arnim kaum zu-
vor übernommen hatte, und welche ich gern einging, da ich in Süd-
deutschland, wo ich seit meiner Rückkehr aus der Schweiz ohne den
geringsten, auch nur literarischen Antheil an den politischen Verhältnis-
sen gelebt halte, ohne Aussicht war, eine Kenntniss von politischen Ge-
schäften und eine Uebersicht über die wirklichen Machtverhältnisse der
europäischen Staaten zu gewinnen. Meine Aufgabe war, theils die po-
litischen und socialen Erscheinungen der Literatur im täglichen Ueberblick
in’s Auge zu fassen, theils die Massregeln der Regierung zu erläutern und
zu vertheidigen, soweit ich es im Einklang mit meinen öffentlich ausge-
sprochenen Grundsätzen würde thun können.
Er fügt dann bei, dass seine Feinde ihm dies, aufrichtig gesagt,
doch immer für einen Wirtemberger etwas verdächtige Geschäft übel ge-
deutet hätten, er wolle jedoch, um diesen Feinden den Angriff zu er-
leichtern, alle Schriften kurz berühren, welche er während der Zeit ge-
schrieben habe.
Ich muss, fährt er dann fort, Vieles, was ich in Preussen mit er-
lebt oder mit angesehen habe, auf eine spätere Zeit ausgesetzt seyn las-
sen, wenn ich einmal ohne Indiscretion von jener Zeit reden und meine
Tagebücher veröffentlichen kann; darunter auch die Erklärung der Gründe,
warum die Ansicht, der Regierungspresse 1844 grossem Schwung zu
geben, misslang und warum statt eines festen Planes nur plötzliche licht-
volle Einfälle und eben so viele plötzliche Tactlosigkeiten abwechselten.
Der Hauptgrund war die Aengstlichkeit der Regierung, dass sie sich in
der Presse in die Defensive stellte und jeden Angriff, den sie wagte, so-
XLV. Jahrg. 1, Doppelheft. 2