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Nr. 8.

HEIDELBERGER

1852.

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Fr. v. Müllers Frinneruiigen.

(Schluss.)
Der Kaiser verrichtete, darin liegt wohl die Hauptsache, mehre Arbei-
ten gleichzeitig; er frühstückte recht brav an einem runden Tisch, sprach
zwischendurch mit dem „untersetzten kleinen Mann von rabenschwarzen
Haaren und Augen“ (jS. 59J, Darn, über den fetten Bissen der Preus-
sischen Brandschatzung und verhandelte mit dem 60jährigen, frischen
Dichterfürsten allerlei, bald Gutes, bald Triviales, über Poesie, Theater und
dergl. Monsieur Go et, der auch eine Einladung nach Paris empfing, ging
nach stündiger Audienz ganz erbaut aus dem Saal und that lange Zeit sehr
geheimnissvoll mit dem Gespräch; zuletzt lockte es ihm Müller stückweise
ab und ruhte nicht eher, bis der wesentliche Inhalt aufgezeichnet war.
Ungewöhnliches findet man aber darin nicht, der beste kaiserliche, jedoch
auch nur halbwahre Gedanke ist der Spruch: „Die Schicksalsstücke haben
einer dunklem Zeit angehört. Was will man jetzt mit dem Schicksal?
Die Politik (jetzt würde es heissen: der G e 1 d s a c k} ist das Schick-
sal.“ (S. 2390
Der letzte, fünfte Abschnitt, von 1809 bis October 1813',
enthält besonders interessante Nachrichten über das liebenswürdige Spio-
nirsystem der Franzosen und ihrer Helfershelfer in Teutschland. Man über-
wachte Alles, die Presse, die Familie, den Briefwechsel, die Lehranstal-
ten, namentlich Universitäten, das Theater u. s. w. In Weimar z. B.
musste Göthe und der ihm beigegebene Kanzler Müller jedes aufzufüh-
rende Stück sorgfältig prüfen und jede in politischer Hinsicht
bedenkliche Stelle ausmerzen (S. 268j. So gelang es zwar,
Anstoss gemach zu vermeiden, nicht aber den still anschwellenden Strom
des patriotischen Zorns abzuleiten. Manche dieser Polizeimittelchen, spä-
ter und auch theilweise jetzt noch angewandt, harren desselben Ausgan-
ges. Solchen und anderweitigen Plackereien setzte endlich das Ehren-
jahr 1813 für Teutschland das gebührende Ziel. Manche anziehende
Züge, so weit sie namentlich Weimar berühren, werden erwähntem
Schlusskapitel einverleibt. Dahin gehört z. B. das Gespräch des Verf. mit
Napoleon zu Erfurt am 26. April. „Votre prince, äusserte neben
anderm der grimme Kaiser, est le plus remuant de FEurope. Ich habe
XLY. Jahrg. 1, Doppelheft. 8
 
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