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Verhandlungen des naturhistorisch-medizinischen Vereins.

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lähmt, ihre Muskeln erschlafft; ihre Temperatur im Verhältuiss zu
der gesunden Seite merklich geringer.
Das Athmen ging tief und schnarchend 28 Mal in der Minute
vor sich. Die Lungen ergeben vorn beiderseits einen stark tympa-
nitischen Percussionsschall, links hinten unten einen gedämpften;
über die ganze Lunge, namentlich links, waren zahlreiche Rassel-
geräusche vernehmbar; links hinten unten verschärftes In- und Ex-
spirationsgeräuscb.
Wegen des vorhandenen Emphysems konnte der Herzumfang
nicht scharf durch die Percussion bestimmt werden; bei der Aus-
cultation sind nirgends deutliche Herztöne vernehmbar, sondern über-
all, namentlich bei der Systole, ein Geräusch, das sich jedoch we-
gen der störend zwischenfallenden schnarchenden Respiration an kei-
ner der gewohnten Auscultations Stellen genau bestimmen liess.
Die Radialarterie fühlte sich sehr rigid an, machte ungefähr
100 regelmässige, schwache Schläge in der Minute.
Die Zunge war mässig belegt, der Stuhlgang retardirt, ging
jedoch später mit dem Urin unwillkürlich ab. Noch während der
Untersuchung erfolgte wiederholt Erbrechen, einer grünlich gefärbten
Flüssigkeit.
Bei dem Verhalten der geschilderten Symptome war es klar,
dass wir es mit einer organischen Veränderung in der linken Ge-
hirnhälfte zu thun hatten; auch die daraus resultirenden Winke für
die einzuschlagende Behandlung waren gegeben; allein, wenn es sich
um die Feststellung der pathologisch-anatomischen Ursache handelte,
welche den Ausgangspunkt der geschilderten Symptome bildete, so
konnte man doch schwanken. Ein linkseitiger Gehirnabscess, ein linksei-
tiger Gehirntumor oder eine frische Entzündung der Gehirnsubstanz
selbst konnten einestheils wegen des Mangels einer vorhandenen Kopf-
wunde oder Narbe, anderntheils wegen des plötzlichen Auftretens der
Erscheinungen leicht ausgeschlossen werden ; aus dem nämlichen Grunde
Wucherungen und Geschwülste der Schädelknochen oder der harten
Hirnhaut linker Seits; eine Blutung auf die freie Fläche der Arachnoi-
dea oder eine sogenannte Intermeningealapoplexie tritt zwar zu-
weilen acut auf, allein entweder ohne Lähmungserscheinungen oder
mit unvollkommenen oder beiderseitigen, oder unter den Sympto-
men einer acuten Gehirnhautentzündung; häufiger aber chronisch.
Hiernach konnte es sich nur noch handeln: entweder um die An-
nahme einer Gerinnung in den zum linken Gehirn verlaufenden Ge-
fässen, also in der linken Carotis oder deren Verzweigungen, oder
aber um die Annahme eines Blutaustritts in die Gehirnsubstanz,
einer Gehirnblutung, eines Apoplexia sanguinea cerebri, einer Apo-
plexie im engem Sinn.
Die Gerinnung in der Carotis oder deren Zweigen, die soge-
nannte Embolie (Hasse, Virchow), ist allerdings im Stande, der
Apopolexie ähnliche Erscheinungen hervorzurufen; in unserem Falle
wäre man um so mehr berechtigt gewesen, eine solche anzuneh-
 
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