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144

Bartsch: Peire Vidals Lieder.

alles handschriftliche Material konnte der Herausgeber zwar nicht
gebieten; was er indessen theils mittelbar, theils unmittelbar aus
Handschriften auf italiäniscben, französischen und englischen Biblio-
theken zu benützen in der Lage war, reichte wohl hin, um die
Verstellung eines kritischen Textes von Peire Vidals Liedern zu
unternehmen. Der letzteren sind es nach dem, von den Angaben
Anderer abweichenden, Ergebnisse der Untersuchungen des Verfas-
sers im Ganzen sechs und vierzig, die er uns sammtlicb, S. 5 — 86,
mittheilt. Äusser einer Reihe dem Dichter entschieden nicht ange-
höriger Lieder werden ihm noch acht andere zugeschrieben, bei de-
nen die Echtheit wenigstens sehr zweifelhaft bleibt, weil bei Nen-
nung des Autors meist nur eine Handschrift der anderen gegenüber-
steht. Wir finden auch diese höchst wahrscheinlich unechten Lieder
S. 129 —140. Den Liedertexten schliesst sich, S. 87 —128, eine
Sammlung der verschiedenen Lesarten an, welche dem 'Verfasser
zugleich Gelegenheit zur Erläuterung von Einzelnem gibt. Auf diese
Anmerkungen folgt noch ein Verzeichniss der Strophenanfänge und
ein kleines Glossar. Was das letztere betrifft, so wäre es doch
wohl praktischer gewesen, wenn für die Erklärung der einzelnen
Wörter die Rücksicht auf eine frühere Arbeit des Verfassers nicht
massgebend gewesen wäre; denn abgesehen davon, dass nicht jeder
Leser stets beide Bücher zur Hand hat, führt diese Einrichtung
auch noch den Uebelstand mit sich, dass man nie sicher ist, wo eine
wiinschenswerthe Auskunft gesucht werden muss. Die Einleitung,
welche Herr Bartsch seiner Ausgabe vorangehen lässt, verdient mit
besonderem Lobe ausgezeichnet zu werden. Wir erhalten vor allem
eine ausführliche Darstellung der Lebensverhältnisse des Peire Vidal,
bei welcher, wie sich von selbst versteht, die vortreffliche Schilde-
derung von Diez die Grundlage bildet. Sehr erfreulich ist, dass der
Verfasser diesem berühmten Vorgänger auch darin gefolgt ist, dass
er in die Erzählung häufig Uebersetzungen in metrischer Form ein-
gestreut, „mit denjenigen Freiheiten, welche die deutsche Reimkunst
nothwendig macht, d. h. Aenderung der Reimworte in den einzelnen
Strophen, wo das Original dieselben Reimsilben durch das ganze
Lied durchführt.“ Die an diese Biographie sich anschliessenden
eingehenden Erörterungen über Sprache und Metrik des Dichters
bekunden aufs neue die von dem Verfasser schon anderweitig dar-
gelegte Vertrautheit mit Untersuchungen dieser Art. Um nichts von
dem reichen Inhalte des gegenwärtigen Werkes zu übergehen, habe
ich nur noch zu erwähnen, dass der Verfasser, S. 1—4, auch die
alte provenzalische Vida d’en Peire Vidal aufgenommen hat.
Tübingen. 17. Januar 1858. W. HoIIaikI.
 
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