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Vogel: Peter Damiani.
Peter Damiani. Ein Vortrag von Albrecht Vogel. 32. S. Jena
bei Frommann. 1856.
In einem klaren, silhouettenmässigen Umriss hat der berühmte
Verfasser des Ratherius das Andenken an eine tief eingreifende,
dennoch wenig bekannte Persönlichkeit vor einem grössern, sog.
gebildeten Publikum erneuert. Da letzteres sich meistens an mo-
derne, der Politik und Literatur entnommene Gegenstände gewöhnt
hat, so war die Aufgabe sicherlich schwierig oder vielmehr etwas
spröde. Dennoch scheint sie mit Erfolg gelöst zu sein, was dem
Redner und den Zuhörern gewiss alle Ehre macht. Ersterer hat
vielleicht nur darin gefehlt, dass er theils mehre sehr scharf ge-
zeichnete Stellen der damaligen Zustände entweder überging, oder
nur flüchtig berührte, theils es verabsäumte, anhangsweise wenig-
stens etliche Quellenbelege und anderweitige Hiilfsmittel zu erwäh-
nen, oder hier und da durch Auszüge fruchtbar zu machen. Dahin
gehören namentlich die Memorie di Milano vom Grafen Giulini,
eine reiche, in Deutschland dennoch wenig beachtete Fundgrube für
die Italienische Geschichte des Mittelalters. — Was nun Peter Da-
miani selber betrifft £1007—1072), so war er, Sohn armer Eltern
aus Ravenna, lange gedrückt und vernachlässigt, bei ungewöhn-
lichen Gaben des Gcmiiths und Verstandes, anfangs ein feuriger
Schöngeist und Humanitätslehrer, darauf ein rigoristischer Einsiedler,
Büsser und Sittenprediger zu Fonte Avellana bei Gubbio und zu-
letzt, ohne seine Heimlichkeit aufzugeben, als Bischof von Ostia
und Cardinal die rechte Hand des inzwischen herangereiften, na-
mentlich durch Hildebrand oder Gregor VII. ausgebildeten Papst-
oder Priesterkönigthums. „Es erfasste ihn, den Einsiedler, heisst es
S. 22, oft ein Grauen vor dem unwiderstehlichen, vor dem unauf-
haltsam wachsenden, Alles überwuchernden, auch ihn knechtenden
Hildebrand; dann fuhr er auf, nannte ihn seinen Tyrannen, seinen
Wolf, seinen heiligen Satan, aber er legte sich ihm doch immer
wieder zu Füssen, wie ein Löwe zu den Füssen seines Bändigers“.
— Wie konnte das auch anders sein, da Hildebrand so ziemlich
von jeher mit seiner Aufgabe und sich selber einträchtig, Damiani
aber mehrmals bankbrüchig d. h. zwieträchtig gewesen war! — Es
ist freilich unmöglich, in wenigen Bogen die mannigfaltigen Grübe-
leien und Schwingungen des religiös-kirchlich-ascetischen Geistes
darzulegen, wie er damals diess- und jenseit der Alpen aufzuckte,
aber dennoch wäre ein etwas näheres Eingehen in die oppositionell-
häretische Richtung wohl statthaft gewesen.
(Schluss folgt.)
Vogel: Peter Damiani.
Peter Damiani. Ein Vortrag von Albrecht Vogel. 32. S. Jena
bei Frommann. 1856.
In einem klaren, silhouettenmässigen Umriss hat der berühmte
Verfasser des Ratherius das Andenken an eine tief eingreifende,
dennoch wenig bekannte Persönlichkeit vor einem grössern, sog.
gebildeten Publikum erneuert. Da letzteres sich meistens an mo-
derne, der Politik und Literatur entnommene Gegenstände gewöhnt
hat, so war die Aufgabe sicherlich schwierig oder vielmehr etwas
spröde. Dennoch scheint sie mit Erfolg gelöst zu sein, was dem
Redner und den Zuhörern gewiss alle Ehre macht. Ersterer hat
vielleicht nur darin gefehlt, dass er theils mehre sehr scharf ge-
zeichnete Stellen der damaligen Zustände entweder überging, oder
nur flüchtig berührte, theils es verabsäumte, anhangsweise wenig-
stens etliche Quellenbelege und anderweitige Hiilfsmittel zu erwäh-
nen, oder hier und da durch Auszüge fruchtbar zu machen. Dahin
gehören namentlich die Memorie di Milano vom Grafen Giulini,
eine reiche, in Deutschland dennoch wenig beachtete Fundgrube für
die Italienische Geschichte des Mittelalters. — Was nun Peter Da-
miani selber betrifft £1007—1072), so war er, Sohn armer Eltern
aus Ravenna, lange gedrückt und vernachlässigt, bei ungewöhn-
lichen Gaben des Gcmiiths und Verstandes, anfangs ein feuriger
Schöngeist und Humanitätslehrer, darauf ein rigoristischer Einsiedler,
Büsser und Sittenprediger zu Fonte Avellana bei Gubbio und zu-
letzt, ohne seine Heimlichkeit aufzugeben, als Bischof von Ostia
und Cardinal die rechte Hand des inzwischen herangereiften, na-
mentlich durch Hildebrand oder Gregor VII. ausgebildeten Papst-
oder Priesterkönigthums. „Es erfasste ihn, den Einsiedler, heisst es
S. 22, oft ein Grauen vor dem unwiderstehlichen, vor dem unauf-
haltsam wachsenden, Alles überwuchernden, auch ihn knechtenden
Hildebrand; dann fuhr er auf, nannte ihn seinen Tyrannen, seinen
Wolf, seinen heiligen Satan, aber er legte sich ihm doch immer
wieder zu Füssen, wie ein Löwe zu den Füssen seines Bändigers“.
— Wie konnte das auch anders sein, da Hildebrand so ziemlich
von jeher mit seiner Aufgabe und sich selber einträchtig, Damiani
aber mehrmals bankbrüchig d. h. zwieträchtig gewesen war! — Es
ist freilich unmöglich, in wenigen Bogen die mannigfaltigen Grübe-
leien und Schwingungen des religiös-kirchlich-ascetischen Geistes
darzulegen, wie er damals diess- und jenseit der Alpen aufzuckte,
aber dennoch wäre ein etwas näheres Eingehen in die oppositionell-
häretische Richtung wohl statthaft gewesen.
(Schluss folgt.)