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Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Editor]
Neue Heidelberger Jahrbücher — 2.1892

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Heft 1
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Schumacher, K.: Über den Stand und die Aufgaben der prähistorischen Forschung am Oberrhein und besonders in Baden
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https://doi.org/10.11588/diglit.29032#0130
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118

zum Vorschein kommt,, oft recht unzufrieden sind. Es ist etwas Neues,
wenn das Vorkommen einer alten Form an neuem Ort konstatiert wird.
Ja, das Auffinden einer alten Form an neuem Ort ist oft wichtiger, als
die Entdeckung einer irgendwie neuen oder modificierten Form, welche
blos auf individuelle Beanlagung oder Willkür ihres Schöpfers Rück-
schlüsse machen lässt.

Was hat aber jene Kaufleute der Mittelmeerländer veranlasst, die
unwirtlichen Gegenden des Nordens aufzusuchen? Wir brauchen uns in
keinen Vermutungen zu ergehen: es war das Zinn und der Bernstein.
So wie noch heute von den Kulturländern des Mittelmeeres und anderen
in entgegengesetzter Richtung Karawanen in das Innere Afrikas gehen,
um gegen Waffen, Schmuck, Stoffe das geschätzte Elfenbein oder gar
Sklaven einzutauschen, so zog schon in jenen frühen Zeiten das Zinn und
der Bernstein des Nordens die südländischen Kaufleute an. Auch Felle und
Wachs und Sklaven mögen sonst noch in Tausch genommen worden sein.
Ich verweise bloss auf die Bemühungen der Phöniker und Massalioten um
den Zinnhandel der Kassiteriden (Britannien). Näheres überliefert eine
Stelle des Diodor, die wahrscheinlich auf Pytheas von Massalia, ,,dem
ersten namhaften Entdecker deutscher Völker und des nordwestlichen
Europas“, zurückgeht. Diodor sagt (V. 22), dass die Britten das Zinn
auf eine benachbarte Insel schafften, wohin die fremden Handelsleute
kämen.. Darauf werde es von den Kaufleuten quer durch Gallien (wohl
längs den Thälern der Seine, Loire und des Rhone) zu Pferde bis an die
Rhonemündung (oder über die Westalpen nach Oberitalien) gebracht.
Die ganze Reise währe etwa 30 Tage. Dieser Bericht bezieht sich zu-
nächst zwar nur auf die Zeit des Pytheas, also das vierte Jahr. v. Chr.,
doch dürfen wir sicher annehmen, dass es Jahrhunderte lang vorher schon
so war. Daher erklärt sich auch zum guten Teile die frühe Blüte des
inneren und östlichen Galliens, deren Ausstrahlungen sich natürlich bis
zum Rheine erstreckten. Das andere kostbare Produkt des Nordens war
der Bernstein. Auch hierüber berichtet Diodor. Nach ihm geschah die
Verbreitung des Bernsteins von Basileia aus, wohl einer der ostfriesischen
Inseln, und zwar auf denselben Handelswegen wie die des Zinnes. Doch
haben wir Anhaltspunkte, dass auch die Rheinstrasse in Betracht kam,
die sich in ihrem oberen Lauf teilte und einerseits den Rhone herab nach
Massalia, andererseits durch die Schweiz teils nach Ligurien, teils den Po
hinunter führte (vgl. zuletzt Olshausen, Z. f. Ethn. 1891 S. (299) f., aber
auch v. Duhn oben S. 82). Die anderen Bernsteinstrassen an und im
Osten der Elbe, die sich gegen die östlichen Kulturländer zu bewegen
 
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