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Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — 2.1892

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Heft 1
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Schumacher, K.: Über den Stand und die Aufgaben der prähistorischen Forschung am Oberrhein und besonders in Baden
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https://doi.org/10.11588/diglit.29032#0151
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139

Wodurch wurden aber die letzten Reste der Tectosagen und andern
Gallier, welche sich nicht dem Zuge nach Kleinasien angeschlossen hatten,
aus Südwestdeutschland (bezw. Hessen) verdrängt?

Die das Donauthal durchtobenden Keltenbewegungen zitterten auch
noch jenseits des Germanen und Kelten scheidenden deutschen Mittel-
gebirges nach. Der Cimbern- und Teutonenzug bildet thatsüchlich nur
eine Fortsetzung derselben. Durch ihn war aber die lange respektierte
Schranke durchbrochen und germanische Stämme wälzten sich nun un-
aufhaltsam gegen Süden vor, Markomannen, Chatten, Sueben und wie
sie nur alle Messen. Schon drei Jahrzehnte nach dem Cimbernkriege
führte Ariovist seine suebischen Völker über den Oberrhein und besetzte
das Land von Basel bis hinunter gegen Worms.

Da war natürlich für die Völker gallischer Abstammung kein Blei-
ben mehr und mit ihnen zogen auch die Tectosagen weiter die Donau
hinunter, für immer der üppigeren Kultur des Westens entsagend.

Damit war aber für Baden eine neue Epoche angebrochen. Zum
ersten Mal hat es ein germanischer Fuss betreten, um für längere Zeit
daselbst Rast zu machen.

Archäologisch nennt man diese Periode die S p ä t - L a - T e n e - Ent-
wicklung, da sich die Kultur der Germanen ausser durch Dürftigkeit
wenig von derjenigen der Gallier unterschied.

Doch kommen neue Gesichtspunkte in Betracht. Von Westen her
pocht bereits die römische Kultur an die Pforten, ihr folgen die siegenden
Adler Casars und bald ziehen sie auch vom Süden her in kühnem Fluge
bis zu den Quellen der Donau.

So verknüpft sich die Besprechung dieser Periode besser mit der-
jenigen der Römerherrschaft. Wir brechen daher hier ab und behalten
uns vor, bei einer anderen Gelegenheit zu berichten, welche Spuren jene
erste germanische Besitzergreifung hinterlassen hat und wie sicli die
römischen Eroberer in Baden ein richteten, bis neue germanische Scharen
sie nach hartem Kampfe für immer aus demselben vertrieben.

Ich hoffe durch vorstehende Ausführungen gezeigt zu haben, welche
Bedeutung die in den alten Grabhügeln und Urnenfriedhöfen, in den
Trümmern menschlicher Ansiedlungen und Zufluchtsorte da und dort
gefundenen Hinterlassenschaften und Erzeugnisse früherer Völker für
die Geschichte unseres Landes besitzen. Wir haben gesehen, wie sie
uns über die physischen Eigenschaften jener Stämme, über ihren Kultur-
 
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