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Heidelberger Familienblätter — 1865

DOI Kapitel:
No. 26 - No. 39 (1. März - 31. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43186#0114

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— 110 —

mit, aus denen wir folgende Bemerkungen über die Papageien hervor-
heben: ö
Wer kennt nicht die Papageien, dieſe buntgefiederten Kinder der Tro-
pen, wer hat ſich nicht ſchon ergötzt an der harmoniſchen Pracht dieſer
in alle Farben des Regenbogens gekleideten Geſchöpfe, und wer weiß nicht,
daß kein Vogelgeſchlecht ein beſſerer Nachahmer der menſchlichen Stimme
iſt, als ſie? Faſſen wir die Beziehungen dieſer Thiere zu uns Menſchen
in's Auge, ſo können wir ſie für uns CEuropäer nur unter die Luxusthiere
rangiren, d. h. unter die Thiere, welche uns keinen anderen Nutzen ge-
währen, als angenehme Geſellſchafter für das dolce kar niente der ver-
möglichen Klaſſe zu bilden. Und in der That ſind der graue Papa gei
und mehrere Arten von Amazonen und Kakadus eine nie verſiegende
Quelle der Unterhaltung. Kein Vogel läßt ſich die Berührung von der
Hand des Menſchen ſo willig, ja mit einem gewiſſen Wohlbehagen gefal-
len, wie der Papagei. Während alle anderen Vögel, auch wenn ſie ſo
gezähmt ſind, daß ſie ihrem Herrn die Nahrung von den Fingern, ja zwi-
ſchen den Lippen hinwegnehmen, ſich nur mit Widerſtreben, mit einem ge-
wiſſen Gefühl von Bangigkeit der Hand des Gebieters fügen, ſehen wir
den Papagei mit einer Art von Wolluſtgefühl an den Menſchen anſchmie-
gen. Wie ein Kind legt er ſich zu ſeinem Herrn in's Bett, er fühlt ſich
behaglich in einer Rocktaſche, er ſchlingt ſich förmlich um den Hals ſeiner
Gebieterin, und die Hand, die ihm in den Federn kraut, bringt bei ihm
dasſelbe Wohlbehagen Rervor, wie das Streicheln bei der Katze. Die Ge-
ſellſchaft des Menſchen wird ihm förmlich zum Bedürfniß, und ich erin-
nere mich mit Vergnügen des zärtlichen Verhältniſſes, das ein Amazonen-
papagei mit mir und meiner Frau unterhielt, ſo lange er unſer einziges
Kind war. Sobald Eines von uns das Zimmer verließ, ſo fing er zu
rufen an, immer ſtärker und ſtärker, bis dem Zurückgebliebenen die Ohren
gellten, und wenn auch das Zweite ſich entfernte. ſo ſprang er mit einem
Schrei der Verzweiflung von ſeinem Ständer herab und lief ihm nach,
bis er es an Rock oder Beinkleid erwiſchte, und hatte er dann die Achſel
erklommen, ſo lachte und jubelte er aus voller Kehle. Sein größtes Glück
war, wenn er Abends mit der einen Pfote auf meiner Hand, mit der an-
dern auf der meiner Frau ſitzen konnte, da glänzten ſeine Augen, und die
Kontraktionen ſeiner Iris dokumentirten die leidenſchaftlich erregte frohe
Stimmung in ihm. Alle Leute im Hauſe kannte und rief er bei ihrem
Namen, des Morgens kletterte er auf's Bett, um ſeine Liebkoſungen an-
zubringen, und ſpäter, als ein kleiner Weltbürger das innige Verhältuiß
ſtörte, das zwiſchen ihm und uns beſtand, war er weit entfernt, den zu-
rückgeſetzten Eiferſüchtigen zu ſpielen, und bemühte ſich getreulich, das
ſchreiende Kind in den Schlaf zu ſingen. Wenn ein ſo liebenswürdiges
Betragen, eine ſolche Anhänglichkeit an den Menſchen ſich mit einer ſolchen
Pracht der Farben vereinigt, was Wunder, wenn dieſe Thiere von Alters
her eine ſolche Werthſchätzung von Seiten des Menſchen genoſſen. Gibt
es majeſtätiſchere, prachtvollere Vögel, als die großen Ara? Kann man
ſich eine größere Harmonie, eine vollendetere Zuſammenſtimmung der Far-
ben denken, als bei ihnen, und wie trefflich paßt dieſer bunte Mantel zu
der eleganten Form und Haltung dieſer majeſtätiſchen Thiere. Es iſt, als
ob ſie es wüßten, daß ihr roth⸗, gold- und azurblaues Gefieder in Glanz
und Pracht mit einem Königsmantel wetteifert. Kann es zwei Farben
 
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