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Heidelberger Familienblätter — 1865

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No. 78 - No. 90 (2. Juli - 30. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43186#0350

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— 346 —

„Eine halbe oder dreiviertel Stunde nach dem Ausbruch des Feuers
war Niemand mehr auf dem Deck, mit Ausnahme Derjenigen, die ſich auf
das Bugſpriet und den Hintertheil des Schiffes geflüchtet hatten. Mit den
Segelſtangen, den Erſatz-Maſtbäumen und den Brettern auf dem Deck ein
Floß zu machen. Niemand dachte daran. Die Mittel, die Werkzeuge dazu
fehlten. Das einzige Beil des Zimmermanns war verloren gegangen. Es
war nur das Beil Hermann's aus Unterwalden vorhanden, deſſen man
ſich bediente, um kleines Holz zu ſpalten, womit man die Kohlen in der
Küche anzündete. Wir ſahen es in den Händen eines Matroſen, als man
ſich beſchäftigte, die Schaluppe ins Meer zu laſſen — und die Emigranten
konnten ſich deſſelben nicht bedienen. Die Matroſen, welche ſich in den
Fahrzeugen befanden, ſtießen und ſchlugen die Paſſagiere, welche ſich ihren
Booten nahten, ohne Mitleid zurück. Eine letzte bezeichnende Thatſache,
und wir ſchließen voll Vertrauen in die Gerechtigkeit Gottes. Ein Boot
hatte die Schaluppe, in welcher ſich fünf Matroſen befanden, ins Schlepp-
tan genommen; es legte neben derſelben an, und die 13 Paſſagiere, die
ſich in dem Boot befanden, ſtiegen in die Schaluppe, während die fünf
Matroſen in das Boot hinübergingen; ſo ſeiner Laſt entledigt, entfernte
ſich das Boot, und die Matroſen ſagten zu Denen, welche ſie in der Scha-
luppe ihrem Schickſal überließen: „Wir werden Waſſer und Lebensmittel
holen.“ ö ö ö
„Das kleine Boot wurde von dem Lafayette gerettet, die große Scha-
luppe durch den Mercury. Ehre und Dankbarkeit den edlen Commandanten
dieſer beiden Schiffe! — ö ö ö
ö „So gegeben und unterzeichnet, um in die Hände unſerer Conſuln
niedergelegt zu werden. (Folgen 42 von den Conſuln legaliſirte Unter-

ſchriften.)“

Das zweite deutſche Bundesſchießen in Bremen.

Bremen, 15. Juli. (Fortſetzung.)
Als ſich der Zug organiſirt, als die Fahnen der Züge ſich entfaltet,
begrüßt Dr. Schumacher die Angekommenen und Staatsanwalt
Sterzing aus Gotha erwiederte den Gruß in folgenden Worten:
„Unſern Gruß der Feſtſtadt Bremen! Unſern Dank für das freund-
liche Willkommen. Gruß und Dank nicht nur von denen, die hier ver-
ſammelt ſind, von denen auch, welche wir zurückgelaſſen in unſerer
Heimath, denen es nicht geſtattet war, mit uns nach der Feſtſtadt zu zie-
hen, die aber ſehnſüchtig hieher denken und im Geiſte unter uns ſind.
Seit drei Jahren, ſeitdem Bremen zum Vor- und Feſtorte erkoren
worden iſt, ſeit drei Jahren harrte man ſehnſüchtig des Tags, an dem
die Mitglieder des deutſchen Schützenbundes an einem Ort vereinigt ſein
würden zu feſtlichem Waffenſpiel und zu ernſtlicher Berathung.
Dieſer Tag iſt gekommen und Jubel herrſcht überall. Jubelnd ſind
wir ausgezogen von dem heimiſchen Herde, jubelnd überall begrüßt worden,
jubelnd eingezogen in die Feſtſtadt. ö
Seht dieſe ernſten Männer, viele mit ſchon ergrauten Haaren, alle
freuen ſich wie die Kinder auf das Feſt, das am morgenden Tage beginnt.
 
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