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Heidelberger Familienblätter — 1867

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No. 90 - No. 102 (2. August - 30. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43664#0385

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Demrure Lunilieublãtie.

995. mitung, den 14. auluf —** 1867

Ca rer i er e.
Von J. D. H. Temme.

Gortſebung.)
I56
Eine arme Kranke.

Es war acht Tage ſpäter. Der Aſſeſſor Hartenberg hatte ſeine Atten-
arbeit beendet. Er begann ſeine Toilette zu machen. Er war beim Ge-
heimerath Schröder von Schrodenſtein zum Mittageſſen eingeladen. Nur
zum Familientiſche, durch ein außerordentlich liebenswürdiges Billet des

Fräuleins Ludmilla.

„Seiit ſeiner Rückkehr von Urnäſch, hatte ſie ihm⸗ geſchrieben, habe er
ſich in ihrem Hauſe nicht mehr blicken laſſen. Eiferſüchtig zu ſein, dazu
habe ſie allerdings kein Recht. Aber auf das Recht und auf die Freude, Freunde
des Hauſes bei ſich zu ſehen, könne weder ihr Vater noch ſie ganz verzich-
ten. So müſſe er denn nothwendig heute Mittag zu ihnen rommen, heute
ausſchließlich zu ihr.
Er warf, während er ſich ankleidete, ſinnende Blicke auf das offen
neben ihm liegende Billet. Er ſprach auch leiſe, langſame Worte zu⸗ ſich
ſelber.
Sie iſt eine Millionärin. Mein Gott/. Wie wiel kann man mit einer
Million in der Welk machen ! Vierzig⸗ bis fänfzigtauſend Thaler jaͤhrliche
Renten! Ein Praſident hat höchſtens vier⸗ bis fünftauſend Thaler jährlich,
ein Miniſter nicht über achttauſend! Eine Schulter 0 ihr zwar etwas
hoͤher als die andere. Aber der Unterſchied iſt ja nur ſo unbedeutend.“
„Ottilie! Ach, da fällt mir ein, ich habe ihr verſprecen muͤſſen, beut
Abend zu ihr zu kommen.“
„Sie iſt doch ſehr verblüht.“ ö
„Wer von den Beiden wohl die Aeltere ſein mag 2“ ö
Er war fertig, mit ſeinem Ankleiden nämlich; mit Fragen und 3Zwei
feln des Herzens wohl noch lange nicht Es wurde an ſeine Thür geklopft.
„Herein!“ rief er. ·
Ein Bedienter trat ein. —7
„Ah,“ erheiterte ſich das Geſicht des Aſſeſſors. Es war ein. Bedienter
ſeines Präſidenten, ein Privatdiener. Der Mann konnte nur in einem
Privatauftrage des. Präſidenten zu ihm kommen.
„Der Herr Präſident laſſen den Herrn Aſfeſſor erſuchen, wenn es Vnen
möglich ſei, ſofort zu dem Herrn Präſidenten zu kommen..“
„Melden Sie dem Herrn Präſidenten meinen Reſpect. Ich werde auf
der Stelle zu Befehle ſein. . *
Der Diener entfernte ſich wieder. Der Aſſeſſor bürſtete ſeinen Hut
noch einmal.
„Sogleich ſoll ich kommen ꝰ Er hat alſo etwas Wichtiges. Was es
 
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