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Conſtantinopel, Cairo, Calcutta, Hongkong, St. Franeisko,
Newyork, London, alſo um die Welt gemacht, wird ſie
hier in dieſem feuer⸗ und diebesfeſten Gemach während
10 Jahren deponirt, um im Falle eines Diebſtahls, Be-
trugs oder Proceſſes überhaupt als Zeuge producirt wer-
den zu können.
Iſt ein ſolcher Gebrauch nicht mehr vorauszuſehen,
ſo werden die Noten verbrannt, um neuen Platz zu
machen. ö ö ö
Von der Bibliothek depoſſedirter Banknoten treten
wir in die Werkſtätte des Banknotendrucks.
Das Wunder, das wir hier, ohne es zu verſtehen,
anſtaunen, iſt folgendes: Die Druckmaſchine zwingt Den
der ſie bedient, zur Ehrlichkeit.
Bei jedem Exemplar, das der Drucker zum Abzuge
unter die Maſchine bringt, ſchiebt dieſe ſelbſtthätig die
fortlaufende Rummer ein, mit der verſehen die Note die
Reiſe um die Welt beginnt, und zeigt zu gleicher Zeit an
verſchiedenen, zum Theil entlegenen Theilen der Bank an,
welche Nummer eben gedruckt wird. Welcher Triumpf
des menſchlichen Erfindungsgeiſtes! Wenn die eben
gedruckte Note die Zahl 1999 hat, ſo werden bei der
nächſten ſämmtliche 4 Zahlen weggeſchoben und im
Augenblick wird dafür 2000 hergezaubert. Aber nicht
bloß Das. Zur ſelben Secunde wird daſſelbe Manöver
in einem abgelegenen Theile der Bank von einem Cotro-⸗
leur wiederholt und damit jede Unterſchlagung zur Un-
möglichkeit gemacht. Es iſt dies das Reſultat des Zu-
ſammenoirkens der verſchiedenen einſamen Dampfmaſchi-
nen, die wir auf unſerem Wege getroffen. ö
Auf dem Eſtrich wird die ſchmutzige Wäſche der
Bank und zwar ohne Weibergeſchnatter gewaſchen und
getrocknet, indem ſie durch verſchiedene mit heißem und
kaltem Waſſer gefüllte Kufen hindurch getrieben und an
heißem Dampf von 200 getrocknet wird. ö
Unſere Beine ſind ſchon müde. Wir glauben daher
dieſer Mittheilung unſeres Führers auf's Wort und eilen
nach den Empfangs⸗ und Berathungsſälen des Gouver-
neurs und der Directoren.
Daß dieſe Herren wie Könige logiren, brauchen wir
nicht zu verſichern. Rangiren doch auch bei uns die Bank-
regenten ſchändlicher und ſchmählicher Weiſe im Rang
über Regenten des Staates und ſehen auch wir Bundes-
präſidenten um des goldenen Kalbes willen Bankdirec-
toren, Schwindler und — Sträflinge werden.
Der Bankvorſtand bezieht 8000 Pf. St., alſo 200,000
Fr., der Geſammtbetrag der Beſoldung ſämmtlicher An-
geſtellten beträgt 220,000 Pf. Sterl. oder 5½ Millionen
Francs. Es ſind aber auch gegen 1000 Angeſtellte.
Bewacht denn keine Militärmacht dieſe Schatzkammer,
die ſtets gegen 20 Millionen Pf. Sterl. in Gold⸗ und
Silberbarren in ihren Kellern verwahrt?
Ja wohl. Jeden Abend bezieht eine Compagnie
Soldaten vom Tower her eine Wachtſtube in der Bank,
um daſelbſt die Nacht zuzubringen und für alle Fälle
bereit zu ſein. ö ö —
Aber das Intereſſanteſte kommt zuletzt.
Der Führer geleitet uns wieder durch Höfe und
Gänge. Er klopft an eine ſchwere, große Thür. Sie
wird von innen geöffnet. Zwei Herren, wieder in Frack
und weißer Cravatte, ſtehen in einer geräumigen, hoch-
gewölbten Stube, die ihr Licht von oben empfängt. Rings
an den Wänden, bis hinauf zur Decke befinden ſich eiſerne
verſchloſſene Schränke.
Bank, das Pendant zur Bibliothek. Hier befinden ſich
die giltigen zur Ausgabe bereiten Banknoten und die ge-
münzten vollgewichtigen Sovereigns.
Einer der Götzendiener in Frack und weißer Cra-
vatte öffnet mehrere Schränke, in welchen leinene Säcke,
je mit 500 oder 1000 Sovereigns gefüllt, liegen. Er iſt
maſchine.
Das iſt die Schatzkammer der
ſo freundlich, ninint zwei heraus und giebt ſie uns in
die Hand.
„Danke verbindlichſt mein Herr, aber ich habe nie
gefürchtet, England habe ſeine Geldſäcke mit. Sägemehl
ſtatt Gold gefüllt.“ ö
Ich wollte damit die Verlegenheit verbergen, in die
mich das Herunterplatzen des Geldſacks gebracht hatte.
Der zweite der ſchwarzen Herren öffnete mit einem
ſchweren Schlüſſel einen Schrank zur linken und legte
uns ein Packet Banknoten in die Hand. Das ſind 2000
Stück 1000 Pfd. Sterl.⸗Noten.
Ich muß geſtehen, es war mir armen Teufel ſonder-
bar zu Muthe, als ich 50 Millionen Franken in den
Händen wiegte. Aber was half's! Als ich die Schatz-
kammer mit einer freundlichen Verneigung gegen die Her;
ren verließ, war ich ſo reich oder arm, als ich ſie be-
treten hatte. ö ö
Und nun noch ein Bild, das unſere Ahnen, hätten
ſie es gekannt, gewiß gebraucht haben würden, um das
jüngſte Gericht zu verſinnbildlichen.
Wir ſtehen in einem langen Gemach mit mehreren
Fenſtern an der Front. In der Mitte, beinahe in der
Vertiefung des Mittelfenſters, ſteht eine kleine Dampf-
Vor den Fenſtern der Länge nach mehrere
zierliche Maſchinen, deren Räderwerk von der Dampf-
maſchine in Bewegung geſetzt wird. —
Auf einem langen Tiſch im Mittelraume des Saales
ſtehen Berge von goldenen Sovereigns. Dieſe wandern
in Röhren oder Riemen, die ſich, an den verſchiedenen
Maſchinen angebracht, in einen offenen Kaſten neigen.
Kommt nun ſo ein Sovereign in der Röhre angerückt, ſo
ſpringt, falls er zu leicht iſt, flugs ein Meſſingplättchen
an einer verſteckten Spalte und ſchnellt den armen Kerl
in ein links liegendes Fach des Kaſtens, iſt er vollwich-
tig, fällt er rechts. Aber nicht genug, die zu leichten
Sovereigns wandern in ein Käſtchen, das einer Dreh-
orgel ähnlich ſieht. Eine Kurbel ſetzt ſich in Bewegung.
Man hört im Innern des Kaſtens ein Klingeln und Ra-
ſcheln und unten fallen die Sovereigns heraus. Aber in
welchem Zuſtande? Jeder König, George oder William,
ja ſelbſt die gute Königin Victoria, wird geköpft, mitten
durchſchnitten, wenn zu leicht erfunden. ö
Potz Tannzäpfen dachte ich, das könnte gefährlich wer-
den, wenn der liebe Gott ſich zum Weltgericht von den
Engländern eine Goldwage verſchreiben läßt. Wenn das
an Souveränen geſchieht, was ſoll aus uns Plebejern
werden? ö
Es ſchauderte mein Gebein und ich eilte, an die freie
Luft zu kommen?
Aus den Kriegsjahren 187⁰ —1871.
Kürzlich wurde in Gegenwart Seiner Majeſtät des
Kaiſers und Königs von dem Erſcheinen des Buches:
„Versailles pendant L'occupation, recueil de documents
pour servir à Thistoire de Pinvasion allemande, publié
par E. Delerot“, geſprochen und erwöhnt, der Verfaſſer
erzähle, daß nach dem Abrücken des großen Hauptquar-
tiers aus Verſailles, im März 1874, in der Schublade
eines Bureaux, welches im Schlafzimmer des Kaiſers in
der Präfectur geſtanden, ein koſtbarer Fund gemacht wor-
den ſei, nämlich Briefe mit Randbemerkungen von der
Hand des Kaiſers, welche „deſſen intimſte Gedanken“ ver-
rathen. Man bezeichnete dieſe Erzählung als eine wahr-
ſcheinliche Lüge, wie ſo viele andere in dem genannten
Buche, da man ja wußte, wie ſorgfältig Se. Majeſtät bei
jedem Verlaſſen eines Ortes Allerhöchſt ſelbſt ſeine Pa-
Conſtantinopel, Cairo, Calcutta, Hongkong, St. Franeisko,
Newyork, London, alſo um die Welt gemacht, wird ſie
hier in dieſem feuer⸗ und diebesfeſten Gemach während
10 Jahren deponirt, um im Falle eines Diebſtahls, Be-
trugs oder Proceſſes überhaupt als Zeuge producirt wer-
den zu können.
Iſt ein ſolcher Gebrauch nicht mehr vorauszuſehen,
ſo werden die Noten verbrannt, um neuen Platz zu
machen. ö ö ö
Von der Bibliothek depoſſedirter Banknoten treten
wir in die Werkſtätte des Banknotendrucks.
Das Wunder, das wir hier, ohne es zu verſtehen,
anſtaunen, iſt folgendes: Die Druckmaſchine zwingt Den
der ſie bedient, zur Ehrlichkeit.
Bei jedem Exemplar, das der Drucker zum Abzuge
unter die Maſchine bringt, ſchiebt dieſe ſelbſtthätig die
fortlaufende Rummer ein, mit der verſehen die Note die
Reiſe um die Welt beginnt, und zeigt zu gleicher Zeit an
verſchiedenen, zum Theil entlegenen Theilen der Bank an,
welche Nummer eben gedruckt wird. Welcher Triumpf
des menſchlichen Erfindungsgeiſtes! Wenn die eben
gedruckte Note die Zahl 1999 hat, ſo werden bei der
nächſten ſämmtliche 4 Zahlen weggeſchoben und im
Augenblick wird dafür 2000 hergezaubert. Aber nicht
bloß Das. Zur ſelben Secunde wird daſſelbe Manöver
in einem abgelegenen Theile der Bank von einem Cotro-⸗
leur wiederholt und damit jede Unterſchlagung zur Un-
möglichkeit gemacht. Es iſt dies das Reſultat des Zu-
ſammenoirkens der verſchiedenen einſamen Dampfmaſchi-
nen, die wir auf unſerem Wege getroffen. ö
Auf dem Eſtrich wird die ſchmutzige Wäſche der
Bank und zwar ohne Weibergeſchnatter gewaſchen und
getrocknet, indem ſie durch verſchiedene mit heißem und
kaltem Waſſer gefüllte Kufen hindurch getrieben und an
heißem Dampf von 200 getrocknet wird. ö
Unſere Beine ſind ſchon müde. Wir glauben daher
dieſer Mittheilung unſeres Führers auf's Wort und eilen
nach den Empfangs⸗ und Berathungsſälen des Gouver-
neurs und der Directoren.
Daß dieſe Herren wie Könige logiren, brauchen wir
nicht zu verſichern. Rangiren doch auch bei uns die Bank-
regenten ſchändlicher und ſchmählicher Weiſe im Rang
über Regenten des Staates und ſehen auch wir Bundes-
präſidenten um des goldenen Kalbes willen Bankdirec-
toren, Schwindler und — Sträflinge werden.
Der Bankvorſtand bezieht 8000 Pf. St., alſo 200,000
Fr., der Geſammtbetrag der Beſoldung ſämmtlicher An-
geſtellten beträgt 220,000 Pf. Sterl. oder 5½ Millionen
Francs. Es ſind aber auch gegen 1000 Angeſtellte.
Bewacht denn keine Militärmacht dieſe Schatzkammer,
die ſtets gegen 20 Millionen Pf. Sterl. in Gold⸗ und
Silberbarren in ihren Kellern verwahrt?
Ja wohl. Jeden Abend bezieht eine Compagnie
Soldaten vom Tower her eine Wachtſtube in der Bank,
um daſelbſt die Nacht zuzubringen und für alle Fälle
bereit zu ſein. ö ö —
Aber das Intereſſanteſte kommt zuletzt.
Der Führer geleitet uns wieder durch Höfe und
Gänge. Er klopft an eine ſchwere, große Thür. Sie
wird von innen geöffnet. Zwei Herren, wieder in Frack
und weißer Cravatte, ſtehen in einer geräumigen, hoch-
gewölbten Stube, die ihr Licht von oben empfängt. Rings
an den Wänden, bis hinauf zur Decke befinden ſich eiſerne
verſchloſſene Schränke.
Bank, das Pendant zur Bibliothek. Hier befinden ſich
die giltigen zur Ausgabe bereiten Banknoten und die ge-
münzten vollgewichtigen Sovereigns.
Einer der Götzendiener in Frack und weißer Cra-
vatte öffnet mehrere Schränke, in welchen leinene Säcke,
je mit 500 oder 1000 Sovereigns gefüllt, liegen. Er iſt
maſchine.
Das iſt die Schatzkammer der
ſo freundlich, ninint zwei heraus und giebt ſie uns in
die Hand.
„Danke verbindlichſt mein Herr, aber ich habe nie
gefürchtet, England habe ſeine Geldſäcke mit. Sägemehl
ſtatt Gold gefüllt.“ ö
Ich wollte damit die Verlegenheit verbergen, in die
mich das Herunterplatzen des Geldſacks gebracht hatte.
Der zweite der ſchwarzen Herren öffnete mit einem
ſchweren Schlüſſel einen Schrank zur linken und legte
uns ein Packet Banknoten in die Hand. Das ſind 2000
Stück 1000 Pfd. Sterl.⸗Noten.
Ich muß geſtehen, es war mir armen Teufel ſonder-
bar zu Muthe, als ich 50 Millionen Franken in den
Händen wiegte. Aber was half's! Als ich die Schatz-
kammer mit einer freundlichen Verneigung gegen die Her;
ren verließ, war ich ſo reich oder arm, als ich ſie be-
treten hatte. ö ö
Und nun noch ein Bild, das unſere Ahnen, hätten
ſie es gekannt, gewiß gebraucht haben würden, um das
jüngſte Gericht zu verſinnbildlichen.
Wir ſtehen in einem langen Gemach mit mehreren
Fenſtern an der Front. In der Mitte, beinahe in der
Vertiefung des Mittelfenſters, ſteht eine kleine Dampf-
Vor den Fenſtern der Länge nach mehrere
zierliche Maſchinen, deren Räderwerk von der Dampf-
maſchine in Bewegung geſetzt wird. —
Auf einem langen Tiſch im Mittelraume des Saales
ſtehen Berge von goldenen Sovereigns. Dieſe wandern
in Röhren oder Riemen, die ſich, an den verſchiedenen
Maſchinen angebracht, in einen offenen Kaſten neigen.
Kommt nun ſo ein Sovereign in der Röhre angerückt, ſo
ſpringt, falls er zu leicht iſt, flugs ein Meſſingplättchen
an einer verſteckten Spalte und ſchnellt den armen Kerl
in ein links liegendes Fach des Kaſtens, iſt er vollwich-
tig, fällt er rechts. Aber nicht genug, die zu leichten
Sovereigns wandern in ein Käſtchen, das einer Dreh-
orgel ähnlich ſieht. Eine Kurbel ſetzt ſich in Bewegung.
Man hört im Innern des Kaſtens ein Klingeln und Ra-
ſcheln und unten fallen die Sovereigns heraus. Aber in
welchem Zuſtande? Jeder König, George oder William,
ja ſelbſt die gute Königin Victoria, wird geköpft, mitten
durchſchnitten, wenn zu leicht erfunden. ö
Potz Tannzäpfen dachte ich, das könnte gefährlich wer-
den, wenn der liebe Gott ſich zum Weltgericht von den
Engländern eine Goldwage verſchreiben läßt. Wenn das
an Souveränen geſchieht, was ſoll aus uns Plebejern
werden? ö
Es ſchauderte mein Gebein und ich eilte, an die freie
Luft zu kommen?
Aus den Kriegsjahren 187⁰ —1871.
Kürzlich wurde in Gegenwart Seiner Majeſtät des
Kaiſers und Königs von dem Erſcheinen des Buches:
„Versailles pendant L'occupation, recueil de documents
pour servir à Thistoire de Pinvasion allemande, publié
par E. Delerot“, geſprochen und erwöhnt, der Verfaſſer
erzähle, daß nach dem Abrücken des großen Hauptquar-
tiers aus Verſailles, im März 1874, in der Schublade
eines Bureaux, welches im Schlafzimmer des Kaiſers in
der Präfectur geſtanden, ein koſtbarer Fund gemacht wor-
den ſei, nämlich Briefe mit Randbemerkungen von der
Hand des Kaiſers, welche „deſſen intimſte Gedanken“ ver-
rathen. Man bezeichnete dieſe Erzählung als eine wahr-
ſcheinliche Lüge, wie ſo viele andere in dem genannten
Buche, da man ja wußte, wie ſorgfältig Se. Majeſtät bei
jedem Verlaſſen eines Ortes Allerhöchſt ſelbſt ſeine Pa-