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Heidelberger Familienblätter — 1874

DOI Kapitel:
No. 52 - No. 60 (1. Juli - 29. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43704#0248

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— 20 —

an die Michelskirche ein Kloſter an, das er ebenfalls mit
Benedictinern zur Bedienung der vielbeſuchten Kirche be-
ſetzte. Unter Reginbald (Abt 1020—4030) wurde dies
Kloſter aber wahrſcheinlich neu wieder aufgebaut, jeden-
falls bedeutend vergrößert.
Es war aber das Kloſter auf dem Aberinesberg
kein ſelbſtändiges, kein eigentliches monasterium, ſondern
blos eine Celle, ein Filial von Lorſch, das zum Kloſter
wie eine Tochter zur Mutter ſtand; es hatte keinen Abt,
ſondern blos einen Vorſteher, vom Kloſter Vorgeſetz-
ten, praepositus „Probſt“; wohl hatte es ſein eige-
nes Vermögen, meiſt aus eigenen Vermächtniſſen, auch
eigene Verwaltung, ſtand aber doch in allen Ordens⸗ und
Kloſterangelegenheiten unter dem Abte.
Es ging nun nicht lange, wurde dieſe Stiftung auf

dieſem dem Volke ſo heiligen Berge anſehnlich begabt.

Nach dem Lorſcher Buch der Stiftungen machte den An-
fang ein gewiſſer Heriger, am 8. Januar 892. Dieſer
Heriger ſcheint von Handſchuchsheim geweſen zu ſein. Er
ſtiftete für ein Seelgeräthe (Meſſe zur Rettung der Seele)
Grimolds und der Gerniva, wohl ſeiner Eltern, an den heil.
Nazarius, der im Kloſter zu Lorſch ruht, Alles was jene,
Grimold und Gerniva, in Handſchuchsheim oder auf deſ-
ſen Gemarkung beſeſſen haben, nämlich eine Hofraithe,
eine Mühle und einen Weinberg und Alles, was rechtlich
dazu gehört, unter der Bedingung, daß es zu Ehren des
heil. Michael, d. i. zum Dienſte dieſer Kirche verwendet
werde, welche auf dem „Abrahamsberge“ erbaut worden
war, u. ſ. w. Die Urkunde wurde am beſagten Tage in
Lorſch ausgeſtellt, im 4. Jahre der Regierung des König
Arnulfs, alſo 892.
Elf Tage ſpäter vermachte eine Frau Bilaheid eine
Hofſtätte in der Mark Huchelinga (Huchilenheim, Heuchel-
heim liegt zwiſchen Billigheim und Klingenmünſter in der
Rheinpfalz bei Landau). Jene Hofſtätte hatte 82 Joch
Feld, alſo einzelne zerſtreute Aecker, ſonſt würde die Ur-
kunde 2¼ Manſus oder Hubas haben; Joch heißt, was
ein Mann in einem Tage umpflügen kann, (jugerum,‚
jurnalis, Tagewerk) und 5 Hörige. Bilaheid vermacht
das Alles dem Erzengel Michael auf dem Abrinsberge im
Lobdengau.
Am 18. Dezember deſſelben Jahres vermachte eine
Ruotswind zu einem Seelgeräthe an die aula (fürſtlicher
Sitz, auch Maierhof) des heil. Erzengels Michagel auf
dem Abrahamsberg unter Abt Gerhard für ewiges Eigen-
thum auf der Ebbelenheimer maroa 10 Morgen (jurna-
les) und wieder 4 (jene waren ¾ Hube, zuſammenlie-
gend Feld, und dieſe 4 Einzeläcker). Die Urkunde iſt auf
dem Abrahamsberge ausgeſtellt. ö
Im Jahre 912 ſchenkte König Konrad, der ſchon als
fränkiſcher (ſaliſcher) Gau⸗Graf mit Lorſch in freundlicher
Verbindung ſtand, in Tribur (die Urkunde wurde bald
darauf auf Abrinesberg ſelbſt vom König unterzeichnet)
um es 100fältig als ein den Dienern Gottes Gegebenes,
am jüngſten Tage wieder zu erhalten, und zum Beſten
ſeiner Eltern, einige eigne Güter dem „heiligen Ort,“
der Aberiuesberg genannt wird, und der überbaut iſt zu
Ehren des Erzengels Michael, des „Allmächtigen;“
nämlich das Alles, was einſt dem Folkmar eigen gehört
hatte in der Mark und im Dorfe Hantſcuesheim genannt,
VI hubas serviles, alſo Huben, die ein Dienſtmann zu
Lehen trug. (Eine Hube betrug in Schwaben und Ale-
mannien 40 Morgen, in Franuken aber blos 30. Der Mor-
gen betrug nach unſerem ſeitherigen Maße 281 Quadrat-

ruthen (25,19 Are). Das Ganze war alſo wohl ein dem

Könige als Reichsoberhaupt verwirktes und von ihm ge-

pfändetes Lehensgur. Der König ſchenkt es nun dem
Kloſter, aber unter der Bedingung, daß es mit Erlaub-

ſeinem Tode gehören ſolle; dann ebenfalls Alles mit

Häuſern, Hörigen, Weinbergen, Ackern, Wieſen u. ſ. w.,
den „Mönchen auf dem Aberinesberge zufallen, damit es
dieſen gefallen möge, um ſo eifriger Gottes Erbarmen
für uns anzurufen.“ Unterzeichnet iſt dieſe Urkunde vom
Kanzler Wodalfried und gegengezeichnet vom Erzeaplan
Pilegrin.
Otto I. ſtiſtete dann am 6. Mai 965 auf der Pfalz
zu Herenſtein auf Angehen ſeiner Gemahlin Adelheid und
des Abtes Gerbodo von Lorſch (951—972) den Markt zu

Wezinloch (Wiesloch) und ſchenkt den Marktzins zum

Dienſte St. Michaels auf dem Abramesberge dem dorti-

gen Kloſter.
Kaiſer Heinrich II. ſtellt darauf am 13.Dezember 1023
zu Tribur eine Urkunde aus, in welcher er dem Kloſter
und der Kirche des heiligen Michael den ſämmtlichen
Beſitz beſtätigt, der aber weit größer iſt, als die oben ge-
nannten paar Urkunden nennen. Aus dieſer Urkunde er-
hellt nun auch, daß Abt Reginbald, der 1033 Biſchof zu
Speyer wurde das Michaels⸗Kloſter zu Ehren des Erz-
engels und aller himmliſchen Bürger (coelicoli) in der
Gaugrafſchaft Heinrichs wieder neu, wohl auch dem jetzi-
gen Wohlſtande deſſelben gemäß größer aufbaute. Seine
Beſitzungen lagen damals in Ferde (2) Eressa (Reiſſen)
Wezinloch, Wibelingen, je 4 Manſus, alſo je 120 Mor-
gen geſchloſſener Hofgüter, in Szrizenheim (Schriesheim)

Paphenhofen (bei Oppenheim) je eine Kirche mit 4 Man-

ſus, in Pergeheim 8 Manſus, ebenſo in Niwenheim 7, in
Hantskuesheim, 3 in Cilulvesheim (Zeilsdörfer Gewann
bei Ladenburg).
So war dieſes Michelskloſter ſchnell aufgeblüht und
reich geworden und ſtand beim Volk der Heiligkeit ſeines

Ortes wegen in hoher Verehrung.

(Schluß folgt.)

Verſchiedenes.

Ein eigenthümlicher Fall von Blutvergiftung der be-
ſonders Hausfrauen zur größten Vorſicht mahnt, hat in
Berlin den Tod eines Menſchen herbeigeführt. Die Re-
gierungsräthin J., in der Potsdamer Straße wohnhaft,
erhielt am Freitag von ihrem Sohn aus Pommern Fiſche
(Barſche) geſchickt. Dieſelben waren für ein Abendeſſen
beſtimmt und machte die Dame ſich ſelbſt daran, die Fiſche
mit Salz einzureiben, wobei ſie ſich mit einer Gräte in den
Ballen der Hand ſtach. Dieſe unſcheinbare Verletzung wurde
nicht weiter beachtet. Beim Abendeſſen ſtellten ſich jedoch
heftige Schmerzen in der Hand und ſtarker Geſchwulſt ein,
ſo daß der als Gaſt anweſende Arzt ſofort ein Rezept ver-
ordnete und auf die Gefährlichkeit aufmerkſam machte. Be-
vor das Dienſtmädchen mit der Arznei aus der Apotheke
zurückkehrte, war ſchon der ganze Arm angeſchwollen und
dunkelblau gefärbt. Am andern Morgen ſtellte ſich, trotz
der unausgeſetzt Wemerdittn ärztlichen Bemühung der
Tod in Folge von Blutvergiftung ein. Am Mittwoch früh
wurde die Unglückliche auf dem Kirchhof der Zwölf Apoſtel-
gemeinde zur letzten Ruhe beſtattet.

Die Mitgift der Großherzogin Marie von Rußland
iſt eine derartige, daß die verſchiedenen Stoffe gar nicht alle
verbraucht werden können. Unter Anderem war die Garde-

robe der Prinzeſſin in 80 Eiſenbahnwaggons untergebracht,
und die Anzahl der Garnituren von Schmuckſachen iſt eine

ſo große, daß ſie länger als ein Jahr täglich damit wechſeln
kann, ohne einen ſchon getragenen Schmuck wieder zu benutzen.

niß des Abtes, „unſerm Sigolf, dem Mönche,“ bis zu
ö Redaction, Druck und Verlag von Adolph Emmerluing in Heidelberg.
 
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