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Heidelberger Volksblatt (69) — 1934 (Nr. 1-76)

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Nr. 11 - Nr. 20 (15. Januar - 25. Januar )
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„Heidelderger BolkSblatt" — Dienstag, den IS. Jami« 1SS4

«mar o

^r. iL



«die

zum

m Wlsoevau zur Stelle. Der
den beiden Beamten seine besondere

Rehjagd gehen zu wollen, in den Grünewald
gelockt und dann in einer dichten Schonung
über den Haufen geschossen.
Hinterher war dann von den beiden Mördern
ihre mit ungewöhnlicher Rohheit begangene
Tat „mit einer Molle" begossen worden.

ein verabredetes Zeichen hin setzte plötzlich in
allen Zellen ein Höllenlärm ein; die Gefange-
nen zertrümmerten die Fenster, das Mobiliar
und die Türen der Zellen, drangen auf die
Flure und stürzten sich auf die Wächter.
Es entspann sich ein erbittertes Handge-
menge, das für die Bewachungsmannschaf-
ten schlecht ausgegangen wäre, wenn nicht
rechtzeitig Polizei und Militär eingetros-
fen wären,
mit aufgepflanztem Seitengewehr gegen die
Aufrührer vovgingen.
Erst nach hartem Kampf konnten die Sträf-
linge in ihre Zellen zurückgedrängt werden, stücke, eine Pfefferdose und die Geldbörse des
Auf beiden Seiten hat es zahlreiche "
Leicht- und Schwerverletzte gegeben.

Zwei ro-esuriM wchtskrDtg
Die Ermordung des Hitlerjungen Schmitzberg
Leipzig, 15. Jan. Das Reichsgericht hat die
Revisionen der beiden 18 und 19 Jahre alten
Kommunisten Willy Rochow und Otto
Woithe verworfen. Damit ist das gegen sie
ergangene Urteil des Schwurgerichts in Ber-
lin rechtskräftig geworden, durch das sie wegen
gemeinschaftlichen Mordes an dem Hitlerjungen
Fritz Schmitzberg, genannt Imme, zum
Tode verurteilt worden waren.
Die beiden jungen Kommunisten hatten am

Ertbrben in Sndien
Schwere Zerstörungen — Zahlreiche Tote.
Kalkutta, 15. Jan. In ganz Indien
wurde heute ein starkes Erdbeben verspürt.
Nachdem es zuerst schien, als ob keine Opfer zu
beklagen seien, wird nunmehr gemeldet, daß in
der ostindischen Stadt Jamalkur der Bah ri-
tz o s infolge der Erdstöße eingestürzt ist.
300 Häuser «»gestürzt
London, 15. Jan. Infolge des schweren
Erdbebens in Cawnpur stürzten 308 Häuser ein.
7000 Häuser bekamen Risse.
In Kalkutta wollten mehrere Gefangene bei
der durch das Erdbeben entstandenen Panik aus
dem Gefängnis entkommen. Sie sprangen über
das Gitter. Nur einem gelang jedoch die Flucht.
Bisher 25 Tote gemeldet, über 200 Verletzte
Bombay, 16. Jan. Nach den hier ein-
gegangenen Meldungen über das große Erd-
beben spricht man von 25 Toten und mehr als
200 Verletzten. Man befürchtet jedoch, daß die
tatsächliche Zahl der Opfer bei wei-
tem höher sein wird.
Von der Katastrophe sind besonders die Städte
Benares, Lucknew, Fatehpur, Jamalpur und
Fatna heimgesucht worden. In Fatna sind 90
Personen ins Krankenhaus ««geliefert worden.
Unter den Trümmern liegen noch Tote.

8lim Brand des
Ailtemientarmes
Leipzig / Zwei wackere Männer
jj^pzig, iö Jan. Zum Brand an einem der
Sendetürme wird noch gemeldet: Gegen
isa-, bemerkte ein Nachtwächter, der in
Mmäßigen Abständen das Sendergelände
L?Wt, daß in etwa 90 Meter Höhe der Hintere
Wkturm brannte. Er benachrichtigte sofort die
Awten des Senders. Postinspektor Rabe
Postschaffner Müller zögerten keinen
k MMlickj trotz der nächtlichen Dunkelheck die
w ierigeKlettertour auf die schwan-
ken Litern des Turms zu unternehmen, um
Handlöschern dem Brande zu Leibe zu
drangen Lis zu dem in 90 Meter Höhe
Arenen Podest vor und stellten dort icst, daß
Ak Balken des einen Eckpfeilers in etwa zwei
°«ter Ausdehnung hell brannte.
In unermüdlicher Tätigkeit gelang es
, ihnen, das Feuer zu löschen,
? daß der UeLerlandzug der Leipziger Feuer-
kaum noch einzugreifen brauchte.
Alsbald waren auch der Präsident der Ober-
Wdirektion und der Referent für Rundfunk-
in Wiederau zur Stelle. Der Präsident
F^ch den beiden Beamten seine besondere
yderkennung aus; denn nur durch ihr
ÄHes Zugreifen fei es möglich gewesen; eine
,^"ßere Ausbreitung des Brandes zu verhnr-
tAr. Er brachte zum Ausdruck, daß die Neichs-
E die Beamten entsprechend belohnen werde.
Leine Störung des Sendebetriebs.
Leipzig, Id. Jan. Die Entstehungsursache des
randes am Sendemast konnte immer noch nicht
Mau feftgestellt werden. Der Ausbruch des
Akandes kam insofern überraschend, als der
>>hrm aus sehr schwer brennbaren und gegen
wUevgesahr noch besonders imprägnierten
dmz errichtet wurde.
^Dia Reparatur wird etwa vierzehn Tage in
Mpruch nehmen, man hofft, die Wiederher-
! Estungsarbeiten ohne Störung des Sendebe-
Uobes durchführen zu könnens
Um die Entstehungsursache des Brandes.
. Leipzig, 15. Jan. Tie bisherigen Feststel-
Mgen über den Brand am Sendeturm haben
^«gendes ergeben: An dem Blitzableiterseil, das
seinem der vier Eckpfeiler des Turmes her-
Äührt, sind in der Nähe einer in das Blitz-
dleiterseil eingeschalteten Hochfreguenzdrossel
Sprüherscheinungen aufgetreten, die
M benachbarten Teil des Holzpfeilers
klimmen brachten.
Meuterei in einem
bulgarischen Gefängnis
Zahlreiche Leicht- und Schwerverletzte.
Sofia, 15. Jan. Im Gefängnis der alten
^Ulgarenhauptstadt Tirnowo, in dem über
00 Sträflinge untergebracht sind, brach am
^slrigen Sonntag eine schwere Meuterei März v. I. ihr Opfer, in'dem> einen
die von polrtpchen Gefangenen — m«. lästigen Mitwisser von Straftaten erblickten,
Kommunisten — angezettelt wurde. Auf unter dem Vorwand, gemeinschaftlich aus die

Der Mörder des Rentners Gourshop
verhaftet.
Essen, 15. Jan. Der erwerbslose 42jährige
Heizer Julius Dombrowski aus Dortmund-
Marten wurde verhaftet. Er gestand, den
Rentner Dietrich Gourshop in Dortmund-
Oespel erschlagen und beraubt zu haben. Im
Besitze des Mörders wurden einige Kleidungs-
Getöteten gefunden.
Dombrowski war mit Gourshop seit etwa zehn
Jahren bekannt und wußte, daß dieser vor
kurzem feine Rente bekommen hatte.
Selbstmord eines zum Tode Verurteilten
Dortmund, 15. Jan. Wie die Justizpressestelle
mitteilt, hat sich der Kommunist Stephan Kap-
tur, der wegen Ermordung des SS-Mannes
Adolf H oeh am 6. Dezember 1933 zum Tode
verurteilt worden war, in seiner Zelle erhängt.
Absturz eines Sportslugzeuges
Ein Toter, ein Schwerverletzter.
Berlin, 15. Jan. Gestern nachmittag gegen
3 Uhr verunglückte das Sportflugzeug „D.
2834", das sich auf einem Fluge von Frankfurt
kommend befand, in der Gegend von Milten-
berg, 50 Kilometer westlich Würzburg. Wahr-
scheinlich infolge eines Bedienungsfehlers stürzte
das Flugzeug aus einer Höhe von 200 Me-
ter ab.
Der Führer und gleichzeitig Halter des Flug-
zeuges Heinz Albert wurde schwer verletzt;
sein Begleiter Ferdinand Lechter kam bei
dem Unfall ums Leben.
Grubenunglück in SberWeAn
Zwei Todesopfer
Beuthen, 15. Jan. In der Vereinigten Car-
sten-Zentrumsgrnbe ging heute früh gegen 7
Uhr im Flöz 15 eine Kohlenstrecke von acht Me-
tier Länge zu Bruch. Zwei Bergleute, welche die
Stelle gerade passierten, wurden verschüt-
tet.
Die beiden Arbeiter, der Hauer Johann Cza-
kon und der Fördermann Georg Lethin aus
Beuthen, konnten von den sofort eingesetzten
Rettungsmannschafen nur als Leichen geborgen
werden.
Mterboot vermißt
Das Schicksal dreier Personen.
Niebüll, 15. Jan. Seit gestern nachmittag
wird das Motorboot des Motorbootführers Fur-
chen aus W y k auf Föhr vermißt. Färchen hatte
zwei Fahrgäste von Dagobill abgeholt, um sie
nach Wyk zu bringen. Dort ist das Boot jedoch
bisher nicht eingetrofsen.
Man befürchtet, daß es bei >dem schweren
Sturm verunglückt ist.

Das vermißt« Motorboot aufgefuwden
Niebüll, 15. Jan. Das vermißte Motorboot
des Schiffers Färchen aus Wyk auf Föhr wurde
heute mittag von einem Flugzeug der Lister
Berkchrsflisgerschule bei der Insel Sylt
treibend aufgefunden. Das Flugzeug benach-
richtigte einen der suchenden Dampfer, der die
drei Insassen des Motorbootes nach Wyk
brachte.
Das Motorboot selbst wurde in Schlepptau
genommen. Es war wegen Benzinman-
gels nicht an seinen Bestimmungsort gelangt
und infolge des heftigen Sturmes nach Norden
abgetrieben worden.
ZuMKmimnjtoß hei Baris
Acht Verletzte.
Paris, 15. Jan. Ein elektrischer Vorortszug,
der zwischen hier und St. Germain den Pen-
delverkehr versieht, fuhr heute nacht bei Be«
con auf einen durch kein rotes Schluß-
licht gekennzeichneten haltenden Zug auf.
Acht Personen wurden leicht verletzt.
Sttnn im Kanal
Behinderte Schisfahrt.
London, 15. Jan. Die britischen Inseln wur-
den gestern von schweren Stürmen heimgssucht.
Der Wind erreichte eine Stärke von mehr als
120 Kilometer Stundengeschwindigkeit. Der
französische Ozeandampfer „Lafayette", der
24 Passagiere aus Neuyork in Plymouth landen
sollte, konnte nicht anlegen und fuhr nach seinem
Endziel Le Havre weiter.
Der Hamburg-Amerika-Dampfer „Magda-
lena", der sich auf der Heimreise von Mittel-
amerika und Westindien befindet, lief wohlbehal-
ten in den Hafen ein und verließ ihn auch trotz
des Unwetters. Als die „Magdalena" im Ka-
nal eintraf, erreichte der Wnid Orkanstärke.
Wegen der hohen See, der Dunkelheit und des
Regens konnte der Lotse nicht an Bord kommen
und die „Magdalena" wurde von einem Lotsen-
boot in den Hasen von Southampton geleitet,
wo sie Passagiere, Post und Ladung, die aus
Edelmetallen bestand, landet?.
Die Fischerflotte von Plymouth mußte mit
leeren Behältern zurückkehren. Das Kampfschiff
„Nelso n", dos am Freitag festgelaufen, dann
aber wieder flott gekommen war, und gestern
den Hafen verlassen wollte, mußte seine Abfahrt
verschieben.

Drei Raubmörder verhaftet.
Kattowitz, 15. Jan. Die Polizei konnte jetzt
die drei Banditen festnehmen, welche an Weih-
nachten einen Raubüberfall auf den Kaufmann
Müller in Köni gsh ütte und einige Tage später
in Orzegow einen weiteren Raubübersall ver-
übten, wobei der Kolonialwarenhändler Gryes
erschossen wurde.
Bei den drei Tätern handelt es sich um den
mehrfach vorbestraften 21 Jahre alten Eber-
hard Jttner aus Ruda uröd die im gleichen
Alter stehenden Franz Kapitza und Heinrich
Tronda aus Ehropaczow.
Verhaftung von Petroleumspekulanten in
Rußland.
Reval, 15. Jan. Wie aus Moskau gemeldet
wird, hat die G. P. U. eine Anzahl Personen
wegen Spekulation mit Petroleum in Haft ge-
nommen. Die Aburteilung der Verhafteten
wird ebenfalls durch die G. P. U. erfolgen.

geschlossen waren. Traurig kehrte es endlich in
das „Suvrelta-House" zurück.
Trotz des glänzenden Kontraktes! Trotz der
goldenen Zukunft, die ihm winkt«!
Traurig über das was es da soeben vernom-
men hatte, und nicht allein darum!
In seinen wehmütigen Gedanken, die sich um
die in Lugano verlorene Jugend und Heimat
drehten, beachtete das Himmelsguckerli kaum
den Brief, den ihm der Concierge beim Betre-
ten des Hotels noch überreichte, und steckte ihn
gedankenlos in die Tasche.
Du lieber Gott! Jetzt bekam es ja an jedem
neuen Tag einen ganzen Haufen Post, Offerten
und Empfehlungen, Bitten um ein Autogramm,
Zeitungsausschnitte!
Erst beim Ausziehen droben in seinem Zim-

Ein Schweizerroman von Berg und Tat
von Edward Stilgebauer.
b? Urometdsns-Verlax vr. kördacker.
bei blünckien.
(Nachdruck verboten.)
k.Äber Sereno beruhigte: „O, nein, Amoretti!
>e denkt sicherlich nicht mehr an dich, sie hat
r». glänzende Partie gemacht. Eine Einhei-
kl, wie Vater Rovera das vor meinen Ohren
annte. Mit dem Konservenfabrikanten Wid-
.er, der dreißig Jahre älter als sie ist und der
ü« ganz prachtvolle Villa im Besso hat!
r -»So, so", machte da das Himmelsguckerli und
U> im Geiste den Lago di Muzzano auf des-
von Seerosen überwucherten Fläche der
Arie Kahn am Pfosten des Langhetto lag.
dvrto die Stimme des Mädchens:
„Dann wirst du ein großer Künstler, EL- -- .. > - .. .
??ndo, und dann holst du mich und ich bin der Felicitas die ja schon bei deiner Anwesen-
Frau!"
Er wollte gar nicht weiter fragen.
Aber der geschwätzige Sereno, der so viele
Neuigkeiten in Petto hatte, fuhr auch ganz un-
aufgefordert fort:
x '»Die Billa im Besso liegt nämlich dicht bei
en Grundstücken, die der alte Grassi für das
^ld^deiner Mutter gekauft haben soll, Amo-
"Und, Maestro?" —
„ "Man hat den Schlauberger hineingelegt, sa- stuckerli aus.
die in Lugano!" .Do« wüi
«-Dem Himmelsguckerli schoß alles Blut zum
jJUzen, da nun von dem Schicksal seiner El-
die Rede war.
Sein Gesicht glühte, und es bedurft« gar kei-
Worte, um Sereno klar zu machen, daß er
mit feiner Erzählung auf den interessante-
UR Zuhörer stieß.
"Also, der Zusammenhang der Dinge soll so

gel, mutzte also doch von emtgor
Bedeutung sein. Das Himmelsguckerli öffnete
den Umschlag und las:
Sehr geehrter Herr Schränz!
Nach vielen und fruchtlosen Bemühungen
ist es mir endlich hier in Altdorf geglückt,
Sie ausfindig zu machen, da ich ja nicht
wissen konnte, daß Sie der berühmte Künstler
Edmands Amoretti find. Meinen herzlichen
Glückwunsch zu der Tatsache, daß Sie in
Ihrem Falle einmal ausnahmsweise recht be-
halten haben.
Nun aber zur Sache. Sie haben am 13.
März dieses Jahres ihr 21. Lebensjahr vol-
lendet, und damit läuft die mir von dem Evb-
schaftsgericht in Altdorf übermachte Verwal-
tungszeit Ihres Vermögens ab.
Auf der hiesigen Sparkasse liegt mit Zins
und Zinseszins die Summe von 67 891 Fran-
ken und 35 Rp. zu Ihrer freien Verfügung.
Ich ersuche um baldige Mitteilung Ihrer ge-
schätzten Dispositionen.
Hochachtungsvoll
Dr. Zgwgger,
Notar und Fürsprech.

sein", sagte Seveno. „Das Projekt des Baues
einer neuen Straße, woraus Grassi seine ganzen
Hoffnungen setzte, ist vom Großen Rat in Bel-
linzona verworfen worden. Es bleibt dort oben
alles beim alten, und die Grundstücke liegen
nun brach. Seitdem das bekannt wurde, ist bei
den Grassis der Teufel los. Die Mutter macht
ihrem Alten Vorwürfe, weil er das englische
Geld verspekuliert habe, so sagen wenigstens
die Leute in Lugano und er kommt infolgedes-
sen nicht mehr aus den Kantinen heraus!"
Schon war das Himmesguckerli ganz außer
sich. Aber da es sich noch immer zu beherrschen
wußte, glaubte Sereno, sich weiter keine Zu-
rückhaltung auferlegen zu müssen und vollen-
dete:
„Und zu all dem noch die vielen Kinder, da „ , .
das Vroneli doch mit Zwillingen niederkam!" mer fiel er ihm wieder in die Hände. Er trug
„Und wie viele find es jetzt, Sereno? Wißt ein Amtssiegel, mußte also doch von einiger
Ihr das auch?" - . . .
Die Stimme des Himmelsguckerlis zitterte.
„Meiner Ansicht nach sechs, Amoretti! Mit
heit da war!"
„Und das alles im Gärtnerhäuschen der Billa
„Favorita"?"
„Da sind sie schon lange nicht mehr, Amo-
retti, die Villa ist an eine ausländische Dame
verkauft worden, und Grassi haust mit seiner
Familie in Figino."
„Dann muß ich ja nach Lugano fahren,
Maestro!"
Mit diesen Worten sprang das Himmels-
„Das würde ich an deiner Stelle schön blei-
ben lassen," war Sevenos Meinung. „Aber,
wie du denkst. .
Das Himmelsguckerli hatte keine Ruhe mehr.
In aller Hast nahm es Abschied von Sereno
und seiner „Banda". Es sah beinahe so aus, als
ob es am liebsten noch in dieser Nacht St. Mo-
ritz verlogen hätte, und es lief auch spornstreichs
an den Bahnhof, wo all« Türen und Schalter


SMsrm «eparswrea

Dem Himmelsguckerli wurde ganz wirr im
Kopf. Schließlich legte es 'das Schreiben in die
Schublade seiner Kommode und versucht« zu
schlafen. Aber dazu war es in dieser Nacht
nicht imstande, weil es immer nur das eine
Bild der in Figino hausenden Seinen vor
Augen hatte, und neben dem Elend, das es
sich ausmalte, das viele Geld auf der Sparkasse
in Altdorf abwechslungsweise mit dem Kon-
trakt des Amerikaners sah!
18. Kapitel.
Jetzt verfügte das Himmelsguckerli über ein
Scheckbuch. Die Macht über dieses wunder-i
same „Sesamtudichauf" verdankte es dem Rat
Signor Bossis. Das war der Direktor der Lu-
ganeser „Banca Populäre", auf die Zgagger
in Altdorf das Depot nach Order seines frühe-
ren Mündels hatte überweisen lassen.
Und des SteinlisucherbüLIis Unterschrift war
zunächst einmal an die hunderttausend Schwei-
zerfränkli wert. Ein wahres Glück, daß die in
Figino darüber nicht allzu genau unterrichtet
waren, sondern der Meinung sein mochten daß
das schöne Stück Geld noch' immer in Altdorf
unter der Verwaltung Zgaggers sei.
Sonst wäre das Himmelsguckerli seine Reich-
tümer wohl im Handumdrehen losgeworden.
Denn Maestro Sereno hatte mit seiner Erzäh-
lung im Cafe Central in St. Moritz keineswegs
gefackelt.
Es sah schon schlimm genug in Figini aus.
Die Hütte mit dem angebauten Ziegenstall, wo
die Mutter mit den sechs kleinen Geschwistern
hauste, war baufällig, ihr Dach nicht mehr re-
gendicht. Der Besitzer ließ nichts reparieren,
weil Felice Grassi mit der Miete im Rückstand
war. Nur die liebe Sonne spendete hier ab
und zu ihren warmen Trost.
(Fortsetzung folgt.)
 
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