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Hampe, Karl [Bearb.]
Letztes Korrekturbogen-Exemplar von Kantorowicz mit meinen kritischen Bemerkungen (Manuskripttitel) — Heidelberg, 1926-12-28/​1927-1-29

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https://doi.org/10.11588/diglit.34052#0040
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II. PUER APULIAE

PABST Innocenz III. aus dem Hause der Grafen Conti waltete über
dem christlichen Erdenrund mit einer tatsächlichen Machtfülle, die
wohl mancher römische Bischof beansprucht, doch keiner vor ihm kei-
ner nach ihm ausgeübt hat. Die Weltstunde ist diesem hoheitsvoll und
überlegen blickenden gelehrten Priester mit dem schmalen edlen Römer-
gesicht, der in Paris und Bologna seine theologischen und juristischen
Studien getrieben hatte und das Wissen seiner Zeit vollkommen be-
herrschte, in ungewöhnlichem Maße günstig gewesen: als er kaum
37jährig.den päpstlichen Thron bestieg (1198), drei Monate nach dem
Tode Heinrichs VI., da war die von dem großen Stauferkaiser für kurze
Zeit zusammengegriffene Welt wieder in ihre Einzelteile auseinander-
gefallen und den vom Geiste Gregors VII. getragenen päpstlichen An-
sprüchen vermochte sich ernsthaft keine der partikularen Gewalten zu
widersetzen. Denn sich dem Papste entgegenzustellen galt zunächst als
Sache der römischen Kaiser. Doch in dem von welfisch-waiblingischen
Thronwirren zerspaltenen Imperium war damals kein Kaiser und so
herrschte, auf daß dem Erdenkreis ein Oberhaupt nicht mangele, Papst
Innocenz III. auch im römischen Reich wirklich fast als der „verus im-
perator^, wie ihn sein Zeitgenosse Gervasius von Tilbury nannte. Und
des Gervasius Wort war nicht nur kuriale Schmeichelei: Innocenz selbst


bediente sich noch weit anspruchsvollerer Bilder, wenn auch die klassi-
sche Formulierung päpstlicher Imperatorenhoheit; „ego sum Caesar, ego
imperator“, fast ein Jahrhundert später dem Dante-Papst Bonifaz VIII.
vorbehalten blieb, mit dem die zwei Säklen päpstlicher Weltherrschafts-
ansprüche, heraufgeführt von Gregor VII., zu Ende gingen.
Innocenz III., zeitlich ziemlich die Mitte haltend zwischen Gregor und
Bonifaz, war der eigentliche Erfüller des päpstlichen Universalanspru-
ches. „Zu seiner Zeit hielt die Kirche, in Blüte und Kraft, die Herrschaft
über das römische Reich und über alle Könige und Fürsten 'der ganzen
Welt.“ So ein Chronist. Als Kardinal Verfasser einer Schrift „Über die
Verachtung der Welt“ war Innocenz stets tief durchdrungen von seiner
priesterlichen Weihe und Würde, die ihm bei persönlich einfacher und
anspruchsloser Lebensführung, auf deren Vorbildlichkeit er oftmals
selbst hinwies, zuzeiten doch die Entfaltung majestätischen und impe-
Tatorischen Pompes gebot. So wartete er noch seiner Wahl gegen die
Gewohnheit viele Wochen mit der Inthronisation, um an dem Fest-
tage von Petri Stuhlfeier mit desto größerem Glanz den Stuhl Petri zu

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