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Hampe, Karl [Bearb.]
Letztes Korrekturbogen-Exemplar von Kantorowicz mit meinen kritischen Bemerkungen (Manuskripttitel) — Heidelberg, 1926-12-28/​1927-1-29

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https://doi.org/10.11588/diglit.34052#0559
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IX. ANTICHRIST
„Nemo- contra Deum'
nisi Deus ipse. ‘
JETZT will ich Hammer sein!“ Es ist das Kennwort, das Nietzsche
aufblicken ließ auf den Staufer als „einen seiner Nächstverwandten“,
der erste Deutsche, der in den nämlichen Äthern wieder hauchend diesen
Schreckenston fing und erwiderte. Mit dem neuen Ton war Friedrich II.
in eine schon außermenschliche Welt eingegangen, in der kein andres
Gesetz mehr galt als das des eigenen Müssens und der persönlichen Not.
Daß er gezwungen sein würde als Gottesgeißel die Widerspenstigen
„zwischen Hammer und Amboß zu legen und mit so dichten Schlägen
auf ihre Verstocktheit zu schmettern, daß sie unter das Joch des Befehls
die Nacken fügten und welcher Gesinnung immer ihren wahren Herrn
erkennten...“, daß er auch zur Entfeßlung der wildesten furchtbarsten
Kräfte genötigt sein werde, das hat Friedrich II. wohl seit langem ge-
wußt, aber hat es gescheut und durch demütigendste Friedensangebote,
durch förmliche Unterwerfung unter den Papst zu verhüten gesucht.,
bereit selbst zur Abdankung. Doch Innocenz hatte es nicht begriffen,
daß ein Mann wie Friedrich II. nur durch eigne Fesseln zu binden, nur
durch sich selbst ins Joch zu spannen war., hatte seiner priesterlichen
Kraft des Bindens und des Lösens, hatte Bannspruch und Absetzung
mehr getraut und hatte gerade dadurch den vom Herrn für ein Tausend-
jahr gebundenen Widerchrist selbst aus den Fesseln befreit, als er die
dünn und schadhaft gewordenen Ketten allzu straff spannte: freiwillig
und zum Schein konnte der „Herr der Welt“ sich mit den abgeschliffe-
nen und schon wie Gold glänzenden Spangen noch behängen und
schmücken, nicht aber wider seinen Willen gebunden sein, der solcher
Feßlung nur höhnte.
Friedrich II. fügte sich seinem Geschick, auch als es ihn das Gesicht
des Antichrist annehmen hieß: früheres Geschehen empfing jetzt das
Gepräge von dieser Bereitschaft, das Verhängte auf sich zu nehmen, ja
es sich selbst zu wirken und ihm wissenden, sehenden Auges zu folgen.
Obwohl er unwandelbar geglaubt habe — schreibt Friedrich in diesen
Jahren — es werde auch dieser Papst Innocenz wie jeder andre ihm ent-
gegen sein, so habe er doch in der Zeit der Sedisvakanz sich um des-
sen Erhebung bemüht. Und weshalb? „Nur aus dem Grunde haben wir
das getan, daß unsre Hand hätte, den sie besiegte, oder — wenn es die
Faten besser gewährten — den sie liebte!“ Das heißt: mit hellstem und.

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