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Hampe, Karl [Bearb.]
Nachlass Karl Hampe: Letztes Korrekturbogen-Exemplar von Kantorowicz mit meinen kritischen Bemerkungen (Manuskripttitel) — Heidelberg, 1926-12-28/​1927-1-29

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https://doi.org/10.11588/diglit.34052#0155
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IV. DER KREUZZUG

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mählich durch die Legende der Kreuzfahrt ersetzt und ihr hat trotz der
"Ursprünglich französischen Herkunft in Deutschland Barbarossa den
Eingang willentlich erzwungen, zumindest ward erst durch ihn diese
Legende, ins Imperial-Christliche abgewandelt, in Deutschland allgemein
verbreitet. Barbarossa kam damit manchen Träumen der Zeit entgegen,
noch mehr führte er solche herauf. Denn daß in Jerusalem ein Kaiser
des Abendlands seinen Einzug halte, erwartete die Welt mit einer von
Jahr zu Jahr wachsenden Spannung, weil sich an dieses Ereignis immer
neue Verheißungen anschlossen: der in Jerusalem als König einritt,
sollte das ersehnte und erwartete Friedensreich bringen, ehe der Anti-
christ erschien, und bald wußten in Toledo, dem Hauptsitz mittelalter-
licher Mantik, die Astrologen, daß nach Erdbeben und Seuchen dem
Islam nur noch kurze Dauer bestimmt sei, während Sibyllen und Sagen
verhießen: ein Kaiser des Westens werde sich in Jerusalem mit dem
Kaiser des Ostens vereinen und es werde der „dürre Baum“ wieder grü-

deutsch-römischen Kaiser.
Gleich nach der ersten französisch-normännischen Fahrt der Gottfried,
Boemund und Tankred trat in dem zweiten Zug, zu dem der heilige
Bernhard gerufen, der Staufer Konrad III. als Führer der christlichen
Heerschar neben den König von Frankreich, bis zwei Jahrzehnte später
ganz bewußt Barbarossa Kreuzfahrt und Kaisertum ineinander schloß.
Die Heiligsprechung Karls des Großen, die er veranlaßt, war ein erster
Schritt und wenig später schrieb auf Barbarossas Geheiß ein Mönch von
Aachen die „Legenda Karoli Magni“, in welcher der Sage vom Kreuz-
fahrer Karl und seiner Pilgerfahrt ins Heilige Land ein breiter Raum ge-
widmet war. Denn die notwendige Fahrt nach dem Orient — in Wirk-
lichkeit der spanische Maurenkrieg — war beim Weltherrscher Karl all-

IE letzte Stufe der Weltherrschaft beschritt in allen Zeiträumen
abendländischer Geschichte nur, wer auch den Orient bezwang und
auch den Orient, die andere Welt in sein Reich einbezog. Jeder der Welt-
herrscher mußte vor dem Aufbau seines abendländischen Reiches ■—
dies scheint ein Gesetz — die Monarchie im Ursprungslande -erneuert
haben, um sie von dort verjüngt und glanzerfüllt wieder nach dem We-
sten zurückzuführen. Den Weltmonarchen selbst, den Wenigen, war
dies unerläßlich: denn ihnen verlieh nur der Orient die Unbedingtheit
und den Nimbus des Gottes. Also ward mit Beginn des staufischen
Weltherrschaftssinnens die Kreuzfahrt zum stolzesten Anspruch der

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