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Hampe, Karl [Bearb.]
Letztes Korrekturbogen-Exemplar von Kantorowicz mit meinen kritischen Bemerkungen (Manuskripttitel) — Heidelberg, 1926-12-28/​1927-1-29

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https://doi.org/10.11588/diglit.34052#0345
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VI. DER DEUTSCHE KAISER
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UBER ein Jahr hatte Friedrich II. mit der Neuordnung und Festigung
der sizilischen Monarchie zugebracht: im August 1230 war mit Papst
Gregor der Frieden geschlossen, im August 1231 die Sammlung der Kon-
stitutionen beendet und wenige Monate später konnte der Kaiser das
Erbland bereits verlassen, um sich wieder ganz den Angelegenheiten des
römischen Gesamtreiches zu widmen. Gesichert durch die Herrschaft
im Süden, die gar nicht mehr zu erschüttern war, durfte er jetzt daran
denken, das kaiserliche Ansehen auch im Reiche wieder zur Geltung zu
bringen und seine Machtherrlichkeit nach dem Norden zu tragen, nach
Oberitalien und Deutschland.
Notwendig erschien der Herr des Imperiums unter völlig anderen Zei-
chen als der Tyrann von Sizilien. Denn so gleichgültig Huld oder Feind-
schaft des Papstes sein mochten für den Umlauf der Kräfte im sizili-
schen Staat, welcher gerade im rücksichtslosesten Kampfe am besten
gedieh: die vollkommene Ordnung des Reiches beruhte auf der Einheit
der beiden Mächte^und des Reiches reinste Form zu vollenden setzte
/ voraus, daß beide Gewalten in Eintracht und Frieden die Welt im Gleich-
gewicht hielten. Mit den geistlichen und weltlichen Fürsten als Trägern
der Macht war ja das Imperium verkörpert nicht allein im Monarchen
wie der sizilische Staat der Beamten, sondern in der Gemeinschaft von
Kaiser und Papst, die nur zusammen, nicht jeder für sich, „eine Art In-
dividuum“ darstellten: „in einer Scheide zwei Schwerter“, zwei Statt-
halter nur des wahren Königs der Welt.
Ein mit dem Papste in äußerer Freundschaft gemeinsam wirkender
christlicher Imperator des Mittelalters: das war das Bild, welches Fried-
rich II. in den nächsten Jahren zu zeigen bemüht war und nie wieder
schien er den deutschen Kaiserahnen so angeglichen, so sehr als Erbe
der Karl und Otto und Barbarossa wie in diesen Jahren des Friedens, in
denen seine Macht statt die Kräfte zum drohenden Stoße zu ballen, breit
gelagert über alle Länder des ausgedehnten römischen Reiches walten
durfte, das „an Länge weit war und in der Breite erst endete an den Gren-
zen der Erde“. Es nahte der glanzvolle Abschluß der adligen Kaiserzeit,
die mit Friedrich II. jäh abbrach. Doch noch einmal sollten jetzt die nach
mittelalterlichem Denken „rechten Verhältnisse“ der Welt hergestellt
werden, wie die Einheit der beiden Gewalten oder des Kaisers Primat
unter Seinesgleichen, den Fürsten., und zum letztenmal sollten jene
Wunschbilder, die jetzt auch in Worten ihre klassische Formulierung

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