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Hampe, Karl [Bearb.]
Nachlass Karl Hampe: Letztes Korrekturbogen-Exemplar von Kantorowicz mit meinen kritischen Bemerkungen (Manuskripttitel) — Heidelberg, 1926-12-28/​1927-1-29

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https://doi.org/10.11588/diglit.34052#0199
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sehe Lehenshoheit und römische Princepswürde getürmt, hatte der Stau-
fer das mittelalterlich-christliche Caesarentum zu einer ganz einmaligen
Steilheit emporgeführt. Da war es Friedrichs II. einzigartiges Glück, ein
empfängliches und williges Volk'zu finden, dem er sich trotz seiner
Höhe mitteilen, welches ihn trotz seiner gefährlichen Majestät doch:
ganz zu fassen vermochte, ja daß er trotz des universalen Kaisertums
überhaupt mit einem Volke wirklich verwachsen durfte. Denn eine merk-
würdige Stellung hatten bisher die Kaiser des Mittelalters behauptet: sie,
die als Herren des christlich-römisch-deutschen Imperiums allen Völkern
voranzuleuchten den Anspruch erhoben, besaßen selbst weniger als die
„Provinzkönige“ ein eigenes Volk, das sie unbedingt und unmittelbar mit
ihrem eigenen Wesen erfüllten, das sich wiederum ebenso unbedingt
und ausschließlich in dem Herrscher ausgedrückt fand, sich mit allen
Kräften des Geists und des Leibes ihm geben konnte, oder ihn selbst an
der auch dem Herrscher so nötigen Erdgebundenheit und Erdschwere
teilhaben ließ. Führer der Christenheit waren die Kaiser wohl, doch nur
neben dem Papst, und nur in gewissen Beziehungen — etwa beim Kreuz-
zug — fand sich die Christenheit wirklich als Ganzes im Kaiser. Ein
Christenvolk aber gab es nicht und wenn man ein solches damals auch
nannte, so doch nur als Ausdruck des einigen Geistes und Glaubens
der Welt. Römische Kaiser und Könige hießen die Imperatoren: doch
der alte römische Populus, der einstens die Welt beherrschte, war tot.und
nur sein leer gewordenes Gehäuse gab die Form her für das Weltreich,
für Kaiserformeln und -feiern. Und die Imperatoren als Beherrscher der
Deutschen? Der Deutschen Einheit als Volk war stets nur ein Leuchten
weniger Stunden: ein deutsches Volk als Eigennation aber ließ sich
noch nicht einmal denken, geschweige denn leben und ein gemeinsames
Deutsches war nicht zu bewahren als im Dienste des Reichs und der
Kirche. Nicht an dem deutschen Volk, sondern an ihrem Stamm hatten
die früheren Sachsen-, Franken- und Schwabenkaiser den Rückhalt ge-
funden .. doch ein Land und ein Volk, über das sie mit der Unbedingt- .
heit des Gottes herrschten, das kannten die Kaiser nicht. Gesucht hat es
mancher der Kaiser und stets in Italien, so jener Kaiserknabe, der wie
kein anderer vor Friedrich II. die äußersten, fast priester-kaiserlichen
Höhen erwitterte: Otto III. Doch ohne eines Volkes Widerhall und
nährende Kraft zu finden, in dem verkommenen stadtrömischen Populus
vergebens gesucht, dann von den Römern getrogen, verflatterte dieses
Knaben hochfliegender vorahnender Traum in erdferne Räume, wäh-~
rend er selbst, nur ein „Wunder der Welt“, dem frühen Tode verfiel,
«lern letzten Staufer, dem sein Königreich, suchenden. Dichterknaben
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