Kaiser für den „das Himmlische Bild verkörpernden Menschen“ das
Dogma auf: daß „aus Notwendigkeit (Menschen-)Natur unter Justitia
stehe und dem Gerichte die Freiheit hörig sei“. Erst durch ein Sich-
beugen unter das Gesetz der Justitia kam der Mensch zur wahren Frei-
heit .. nach christlichem Sprachgebrauch also: zur paradiesischen Sün-
denlosigkeit. Denn unfrei war allein der Stand der Sünde.
Den von Natur einfachen und aufrechten Menschen, das Ebenbild
Gottes sollte also die Justitia wieder schaffen. Doch die Justitia, der sich
der Mensch zu unterwerfen hatte, war keinj gestaltloseffG uiiUSl(wie etwa It.
späterhin das „Gewissen“).. „denn — so erklärte der Kaiser — es ziemte
nicht, daß von außen eine andre Gattung von Geschöpfen herbeigeholt
würde, der sich das durch den Menschen verkörperte himmlische Bild
unterwürfe: sondern über den Menschen ward der Mensch ge-
stellt....“ Über allen Menschen aber thronte gemäß dem Hermwort
der Kaiser. Er war die menschgewordene Justitia, welcher der Mensch
hörig sein mußte, und zur Freiheit gelangte daher, wer des Kaisers Ge-
setze erfüllte, der für ihre Richtigkeit allein vor Gott die Verantwortung
trug: seinem Gericht über die Untertanen werde das Gericht Gottes über
den Kaiser entsprechen. Da aber in der Justitia auch die Vernunft ruhte,
so war der Kaiser auch Führer zu diesem Höchsten: „Ihn verlangte der
Pfad der Vernunft zum Führer“ schrieb Petrus de Vinea von seinem an-
gebeteten gefeierten Kaiser, der als Erster von der Justitia erlöst auch
das göttliche Ebenbild wieder darstellte. „Imago Dei“ nannte man zwar
von jeher den Kaiser .. Friedrich aber war es noch in besonderer Weise:
denn ihm als Erstem ist durch die Justitia das Heil, das er kündete, auch
zuteil geworden. Er vor allen andern war, obwohl doch „Gesetzeskraft
hatte, was dem Kaiser gefiel“, Knecht und Schuldner und Sohn der Ju-
stitia .. er war wie kein andrer an das Gesetz gebunden und dem Gesetz
unterworfen .. und gerade deshalb war in ihm das ursprünglich gott-
gleiche Menschbild wieder verkörpert, das auch der Heiland dargestellt
hatte: „Deutlich zeigt sich aus der Ähnlichkeit Jesu Christi an dessen
Statt der König auf Erden regiert..., daß auch der König unter dem Ge-
setze sein muß..., da auch er (der Gottessohn)... unter dem Gesetze sein
wollte,“ so hatte des Kaisers später Zeitgenosse erklärt, und man mag
hier auch des Goethewortes gedenken: daß es auf der höchsten Stufe
keine Freiheit gebe.
Sofern nun die Justitia zur wahren Freiheit, zum Stande der Unschuld
zurückführte, durfte noch ein Weiteres gefolgert werden: daß nämlich
der Kaiser dem ersten Menschen des Paradieses, den Gott nach dem
eignen Bilde schuf, gleichfalls wieder entspreche, dem noch unsündigen
235:
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Dogma auf: daß „aus Notwendigkeit (Menschen-)Natur unter Justitia
stehe und dem Gerichte die Freiheit hörig sei“. Erst durch ein Sich-
beugen unter das Gesetz der Justitia kam der Mensch zur wahren Frei-
heit .. nach christlichem Sprachgebrauch also: zur paradiesischen Sün-
denlosigkeit. Denn unfrei war allein der Stand der Sünde.
Den von Natur einfachen und aufrechten Menschen, das Ebenbild
Gottes sollte also die Justitia wieder schaffen. Doch die Justitia, der sich
der Mensch zu unterwerfen hatte, war keinj gestaltloseffG uiiUSl(wie etwa It.
späterhin das „Gewissen“).. „denn — so erklärte der Kaiser — es ziemte
nicht, daß von außen eine andre Gattung von Geschöpfen herbeigeholt
würde, der sich das durch den Menschen verkörperte himmlische Bild
unterwürfe: sondern über den Menschen ward der Mensch ge-
stellt....“ Über allen Menschen aber thronte gemäß dem Hermwort
der Kaiser. Er war die menschgewordene Justitia, welcher der Mensch
hörig sein mußte, und zur Freiheit gelangte daher, wer des Kaisers Ge-
setze erfüllte, der für ihre Richtigkeit allein vor Gott die Verantwortung
trug: seinem Gericht über die Untertanen werde das Gericht Gottes über
den Kaiser entsprechen. Da aber in der Justitia auch die Vernunft ruhte,
so war der Kaiser auch Führer zu diesem Höchsten: „Ihn verlangte der
Pfad der Vernunft zum Führer“ schrieb Petrus de Vinea von seinem an-
gebeteten gefeierten Kaiser, der als Erster von der Justitia erlöst auch
das göttliche Ebenbild wieder darstellte. „Imago Dei“ nannte man zwar
von jeher den Kaiser .. Friedrich aber war es noch in besonderer Weise:
denn ihm als Erstem ist durch die Justitia das Heil, das er kündete, auch
zuteil geworden. Er vor allen andern war, obwohl doch „Gesetzeskraft
hatte, was dem Kaiser gefiel“, Knecht und Schuldner und Sohn der Ju-
stitia .. er war wie kein andrer an das Gesetz gebunden und dem Gesetz
unterworfen .. und gerade deshalb war in ihm das ursprünglich gott-
gleiche Menschbild wieder verkörpert, das auch der Heiland dargestellt
hatte: „Deutlich zeigt sich aus der Ähnlichkeit Jesu Christi an dessen
Statt der König auf Erden regiert..., daß auch der König unter dem Ge-
setze sein muß..., da auch er (der Gottessohn)... unter dem Gesetze sein
wollte,“ so hatte des Kaisers später Zeitgenosse erklärt, und man mag
hier auch des Goethewortes gedenken: daß es auf der höchsten Stufe
keine Freiheit gebe.
Sofern nun die Justitia zur wahren Freiheit, zum Stande der Unschuld
zurückführte, durfte noch ein Weiteres gefolgert werden: daß nämlich
der Kaiser dem ersten Menschen des Paradieses, den Gott nach dem
eignen Bilde schuf, gleichfalls wieder entspreche, dem noch unsündigen
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