Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hampe, Karl [Oth.]
Nachlass Karl Hampe: Letztes Korrekturbogen-Exemplar von Kantorowicz mit meinen kritischen Bemerkungen (Manuskripttitel) — Heidelberg, 1926-12-28/​1927-1-29

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34052#0234
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Siis'

sterlicher Elemente als das Hauptsächliche ansehen will: denn alle diese
Stoffe sind umgeformt zu einer neuen Einheit. Hart und streng und klar
erscheint der kaiserliche Gesetzesstaat, begründet von den drei Welt-
kräften: Necessitas Justitia Providentia. Von dieser Kräftedreiheit wird
der Staat durchpulst in unauflösbarem Eintakt, der in jedem der Teile
wiederkehrt als die Dreieinheit von Naturgesetz Gottesgesetz Menschen-
gesetz. Das absolute Gleichmaß dieses Baues, in dem Ober- und Unter-
reich sich wie Spieglungen zueinander verhalten und dennoch zusam-
men ein Ganzes bilden, ließe sich in seiner strengen Gesetzlichkeit
gleichsam graphisch darstellen und mag dann wirklich an Baugesetze
der Renaissance erinnern. Denn jene drei Mächte herrschen nebenein-
ander im Weltall wie im Staat, stehen über und unter dem Kaiser, fließen
als Kraft aufgelöst durch den Mittler vom himmlischen ins irdische
Reich und strömen wieder zurück, gespeist vom Land und vom Volk ..
jede die andere wirkend und von der andern gewirkt.
Nicht wegen des kunstvollen Verwaltungsgetriebes war dieser Staat
ein „Kunstwerk“. Vielmehr kam das gesetzmäßige Zueinander von Gott
Mensch und Natur jedem ursprünglichen Staatsbilde nahe und gewußt
oder nicht gewußt wirkte die neue Monarchie vorbildlich und maß-
gebend durch Jahrhunderte. Fast schien dieser Justitiastaat des staufi-
schen Kaisers eine späte Verwirklichung des Bildes zu sein, das bei der
Suche nach der Dikaiosyne Platon einst nach Sizilien getragen, das
Jahrhunderte später Plotin nach dem platonischen Vorbild noch einmal
in Kampanien zu verwirklichen trachtete. Der Boden war da auf selt-
same Weise bereitet und Friedrich II. mochte glauben, selbst etwas wie
den „idealen Staat“ geschaffen zu haben, wenn er in sein Gesetzbuch
eintragen ließ: „Sizilien soll sein: ein Spiegel der Ähnlichkeit allen, die
es bestaunen, ein Neid der Fürsten und eine Norm der Reiche.“
Friedrich II. hat nach der sizilischen Norm selbst noch Italien um-
geprägt. Doch diese nämlichen Proportionen über das ganze Erdrund zu
spannen, über das „bis zum Ozean sich dehnende Römerreich“ — als
Vorstellung sicher in dem Staufer lebendig — das hat erst Dante gefor-
dert, als er das unermeßlich gewaltige Bild aufstellte der Einen römi-
schen Weltmonarchie .. längst nicht so „utopisch“ wie man bisweilen
annimmt. Denn auch des Dichters Staatsbild war in der Wirklichkeit vor-
gebildet und war gelebt worden nicht anders als der platonische Staat
vor Platon. „Monarchia“, nicht: „Imperium“ heißt sein Werk und in der
Dreiteilung dieser Staatsschrift kehrt deutlich die Mächtedreiheit der
staufischen Monarchie wieder. „Von der Notwendigkeit der Monarchie“
handelt Dante im ersten Buch,dieser staatlichen Heilsverkündung., daß

233
 
Annotationen