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Hampe, Karl [Bearb.]
Nachlass Karl Hampe: Letztes Korrekturbogen-Exemplar von Kantorowicz mit meinen kritischen Bemerkungen (Manuskripttitel) — Heidelberg, 1926-12-28/​1927-1-29

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https://doi.org/10.11588/diglit.34052#0240
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Kirche und Umstürzer der staatlichen Freiheit nennt, der Du solcher-

maßen Dir selbst entgegen gegen Dich mit Deinen Kräften wütest....

Wahrlich, wenn Du etwa von Dir aus dazu bestimmt wardst, so fürchten
wir sehr^Dir sei die Gnade Gottes entzogen, da Du so offen den eigenen
Ruf verwirkst wie das Heil. Bist Du aber von andern gestachelt, so wun-
dern wir uns, daß Du zu solchen Beratern Dich verstehst, die vom Geist
der Verderbtheit gepeinigt darauf ausgehen, Dich Gott und den Men-


schen zum Feinde zu machen.“ Nicht minder scharf ließ sich Papst

Gregor aus gegen den Erzbischof Jacob von Capua, der bei der Samm-
lung der Gesetze mitgewirkt hatte. Er erteilte dem Bischof einen stren-
gen Verweis, weil er statt öffentlich Einspruch zu erheben, sich gar als
„Schreibrohr“ vom Kaiser habe nutzen lassen für diese Gesetze, „die das
Heil abschworen und unermeßliches Ärgernis heraufbeschworen“ und

die der Papst „keineswegs gleichmütig ertragen werde“. Des Papstes

Bedenken waren gewiß nicht unbegründet... Friedrich II. jedoch so

wenig angreifbar, daß sich Gregor IX. sogar veranlaßt sah, den über das
päpstliche Schreiben tief ergrimmten Kaiser alsbald zu beschwichtigen:
es sei ja keine öffentliche, sondern eine ganz vertrauliche Zurecht-
weisung gewesen, wie sie der Sohn dem Vater nicht verargen dürfe.
Was er von dem Gesetzbuch jedoch zu halten hatte, wußte Papst Gregor

sehr genau.
Tatsächlich konnte es den Anschein erwecken, als sei der neue welt-
liche Staat, der auf Recht Natur und Vernunft gründete und durchaus
in sich ruhte, ein so selbständig Ganzes und Geschlossenes gewesen,
daß für die Kirche weder ein Bedürfnis noch überhaupt mehr ein Raum
blieb. Jedoch auch hier galt däs gleiche wie überall im Bezirke des
Kaisers: weltlicher Staat und dennoch die Kirche. Denn aus einem sehr
einfachen und sehr persönlichen Grunde — von tausend anderen ab-
gesehen — war dem Kaiser die Autorität der Kirche nahezu unerläßlich:
es war wohl die Naturnotwendigkeit des Herrscheramtes durch die Ver-
nunft einzusehen, keineswegs aber die Notwendigkeit dessen, daß ge-
rade dieser Staufer Friedrich II. auch das Herrscheramt innehatte. Der

Glauben an seine Person war, wenigstens damals noch, an die Autorität
der Kirche gebunden. Zwar hatte sich der Kaiser auch hierin von einer
unbedingten kirchlichen Abhängigkeit schon weitgehend gelöst, indem
er seine unmittelbare Berufung zum Herrscheramt durch die an ihm ge-

tätigten Wunder erwies, durch den seltsamen Aufstieg des Puer Apuliae,
der auch im Gesetzesvorwort noch einmal in Erinnerung gebracht wird.
Aber gerade der Glauben an das Providentielle seiner Berufung war von
der durch die Kirche vertretenen Gläubigkeit gar nicht zu trennen, denn


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