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https://doi.org/10.11588/diglit.12282#0235
DIE ROTUNDE.
219
Backenbart, dessen mannigfach bewegte Locken mit einer
gewissen Symmetrie angeordnet sind , giebt dem gewal-
tigen Aufbau, des Antlitzes die geeignete Basis. Der
Schnurrbart ist auf den inneren Seiten stark unterarbeitet
und wirft somit auf die Mundwinkel einen Schatten,
welcher den etwas sinnlichen Eindruck der vollen Lippen
mildert.
Einen besonderen Reiz erhält dieser Typus dadurch,
dass er, obwohl er Zeus in einer gehaltenen Stimmung
wiedergiebt, nichts desto weniger auf andere Affekte hin-
weist, welche je nach den Umständen den Ausdruck des
Göttervaters bestimmen können. Wo es nur immer an-
ging, ist die Bewegung angedeutet, deren die einzelnen
Theile des Gesichtes fällig sind. Die Falte, von welcher
die Stirn durchschnitten wird, vergegenwärtigt, wie sich
die Stirnhaut empor- oder zusammenziehen kann. Das
Spiel der Augenbrauen ist durch die verschiedene Behand-
lung derselben veranschaulicht; die r. Braue erscheint
bogenförmig geschwungen, während die 1. von der Nasen-
wurzel an zunächst eine geradlinige Richtung verfolgt
und sich erst über dem äusseren Augenwinkel abwärts
senkt. Ebenso legen die ein wenig aufgeblähten Nüstern,
der etwas geöffnete Mund und das wallende Haar den
Gedanken an den Übergang aus der Ruhe zur Bewegung
nahe. Unter solchen Umständen ist es für den Betrach-
ter leicht sich den Kopf mit einem anderen Ausdruck als
den vom Künstler fixierten und beispielshalber gütig
lächelnd oder furchtbar zürnend vorzustellen.
Dieser Charakter widerspricht auf das Entschiedenste
der früher geläufigen Ansicht, dass der Zeus von Otri-
coli nach der olympischen Statue des Pheidias copiert sei.
Es genügt ein Blick auf die in der Nähe aufgestellte
Herastatue n. 297 (542), die mit Sicherheit auf ein Ori-
ginal aus der attischen Blüthezeit zurückgeführt werden
darf, um zu begreifen, dass der durch den Kopf von
Otricoli wiedergegebene Typus unmöglich ein Produkt
derselben Kunstrichtung sein kann. Zudem sind Re-
productionen des olympischen Zeuskopfes auf mehre-
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Backenbart, dessen mannigfach bewegte Locken mit einer
gewissen Symmetrie angeordnet sind , giebt dem gewal-
tigen Aufbau, des Antlitzes die geeignete Basis. Der
Schnurrbart ist auf den inneren Seiten stark unterarbeitet
und wirft somit auf die Mundwinkel einen Schatten,
welcher den etwas sinnlichen Eindruck der vollen Lippen
mildert.
Einen besonderen Reiz erhält dieser Typus dadurch,
dass er, obwohl er Zeus in einer gehaltenen Stimmung
wiedergiebt, nichts desto weniger auf andere Affekte hin-
weist, welche je nach den Umständen den Ausdruck des
Göttervaters bestimmen können. Wo es nur immer an-
ging, ist die Bewegung angedeutet, deren die einzelnen
Theile des Gesichtes fällig sind. Die Falte, von welcher
die Stirn durchschnitten wird, vergegenwärtigt, wie sich
die Stirnhaut empor- oder zusammenziehen kann. Das
Spiel der Augenbrauen ist durch die verschiedene Behand-
lung derselben veranschaulicht; die r. Braue erscheint
bogenförmig geschwungen, während die 1. von der Nasen-
wurzel an zunächst eine geradlinige Richtung verfolgt
und sich erst über dem äusseren Augenwinkel abwärts
senkt. Ebenso legen die ein wenig aufgeblähten Nüstern,
der etwas geöffnete Mund und das wallende Haar den
Gedanken an den Übergang aus der Ruhe zur Bewegung
nahe. Unter solchen Umständen ist es für den Betrach-
ter leicht sich den Kopf mit einem anderen Ausdruck als
den vom Künstler fixierten und beispielshalber gütig
lächelnd oder furchtbar zürnend vorzustellen.
Dieser Charakter widerspricht auf das Entschiedenste
der früher geläufigen Ansicht, dass der Zeus von Otri-
coli nach der olympischen Statue des Pheidias copiert sei.
Es genügt ein Blick auf die in der Nähe aufgestellte
Herastatue n. 297 (542), die mit Sicherheit auf ein Ori-
ginal aus der attischen Blüthezeit zurückgeführt werden
darf, um zu begreifen, dass der durch den Kopf von
Otricoli wiedergegebene Typus unmöglich ein Produkt
derselben Kunstrichtung sein kann. Zudem sind Re-
productionen des olympischen Zeuskopfes auf mehre-