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II. Abschnitt»
und Hesych. v. Agyieus). Selbst die Art, wie die Kunst die tragische
und comische Muse, Melpomene und Thalia vorstellte, zeugt noch von die-
eem Doppelursprung. Melpomene als ein Landmädchen mit hohen Kork-
schuhen, die Haare mit Weinlaub bekränzt, trägt die einfache Tunica und
den kurzen Ueberwurf, beide unter der Brust gegürtet; nur zur Unter-
scheidung des Tragischen und der hohem Begeisterung hat sie das eine
Bein auf einen Felsen gestellt, und trägt zugleich die Helden- oder Königs-
maske, die Keule des Hercules oder das Schwert. Noch mehr ländliche
Einfachheit drückt sich in der Gestaltung der Thalia aus, mit Epheu be-
kränzt trägt sie bloss Sohlen an den Füssen, und die Tunica, manchmal
mit dem Wams von Schafsell darüber. So sitzt sie auf einem Felsenstück
mit der comischen oder Silen’smaske, die Handpauke und den krummen
Hirtenstock tragend. In Thalia erscheint die muntere Hirtin des Lust-
oder Satyrspiels, in Melpomene die begeisterte, leidenschaftliche Baccha der
Tragödie. — Von diesem Doppelursprung der theatralischen Spiele mag
noch die Angabe Vitruv’s (1, 7.) herkommen, dass man die Tempel des
und Bacchus bei den Theatern anlegen soll.
Da das Volk Vergnügen an diesen ländlichen Opfern, Schwänken
und Aufzügen der Flirten und der Winzer fand; so gab es bald auch sol-
che, welche 'sich zu dergleichen Unterhaltungen ein vorzügliches Talent
zutrauten. Die Chorgesänge wurden mannigfacher und erhielten eine Art
von Form; es entstanden Zwischenredner und eine Art von Dialog. Es
trat die Nachahmung mannigfacher Charaktere ein; und da hiezu das Be-
sudeln der Gesichter mit Weinhefen, oder das Bemalen derselben mit Far-
ben nicht hinreichten, verfertigte man jetzt Masken, und versah sich zu-
gleich mit den hiezu geeigneten Kleidungsstücken. So zogen die Theater-
helden, gleich den frühem Homeriden, von Ort zu Ort, indem sie die ge-
dämmte Rüstung auf einer Karre, oder einer Art Leiterwagen mit sich führ-
ten, und selbst von demselben herab ihre Vorstellungen gaben. Jetzt fin-
gen sie an, hölzerne Bühnen zu errichten, vor welchen sich die Zuschauer
im Freien sammelten. Gern wählte man zu einer solchen temporären
Bühne den Ort einer Anhöhe gegenüber, theils damit eine grössere Menge
Zuschauer an dein Abhange über einander stehend oder sitzend, leichter
sehen, theils damit die Stimme der Sprechenden und Singenden sich besser
verbreiten und vernehmlicher klingen möchte.
SoL
II. Abschnitt»
und Hesych. v. Agyieus). Selbst die Art, wie die Kunst die tragische
und comische Muse, Melpomene und Thalia vorstellte, zeugt noch von die-
eem Doppelursprung. Melpomene als ein Landmädchen mit hohen Kork-
schuhen, die Haare mit Weinlaub bekränzt, trägt die einfache Tunica und
den kurzen Ueberwurf, beide unter der Brust gegürtet; nur zur Unter-
scheidung des Tragischen und der hohem Begeisterung hat sie das eine
Bein auf einen Felsen gestellt, und trägt zugleich die Helden- oder Königs-
maske, die Keule des Hercules oder das Schwert. Noch mehr ländliche
Einfachheit drückt sich in der Gestaltung der Thalia aus, mit Epheu be-
kränzt trägt sie bloss Sohlen an den Füssen, und die Tunica, manchmal
mit dem Wams von Schafsell darüber. So sitzt sie auf einem Felsenstück
mit der comischen oder Silen’smaske, die Handpauke und den krummen
Hirtenstock tragend. In Thalia erscheint die muntere Hirtin des Lust-
oder Satyrspiels, in Melpomene die begeisterte, leidenschaftliche Baccha der
Tragödie. — Von diesem Doppelursprung der theatralischen Spiele mag
noch die Angabe Vitruv’s (1, 7.) herkommen, dass man die Tempel des
und Bacchus bei den Theatern anlegen soll.
Da das Volk Vergnügen an diesen ländlichen Opfern, Schwänken
und Aufzügen der Flirten und der Winzer fand; so gab es bald auch sol-
che, welche 'sich zu dergleichen Unterhaltungen ein vorzügliches Talent
zutrauten. Die Chorgesänge wurden mannigfacher und erhielten eine Art
von Form; es entstanden Zwischenredner und eine Art von Dialog. Es
trat die Nachahmung mannigfacher Charaktere ein; und da hiezu das Be-
sudeln der Gesichter mit Weinhefen, oder das Bemalen derselben mit Far-
ben nicht hinreichten, verfertigte man jetzt Masken, und versah sich zu-
gleich mit den hiezu geeigneten Kleidungsstücken. So zogen die Theater-
helden, gleich den frühem Homeriden, von Ort zu Ort, indem sie die ge-
dämmte Rüstung auf einer Karre, oder einer Art Leiterwagen mit sich führ-
ten, und selbst von demselben herab ihre Vorstellungen gaben. Jetzt fin-
gen sie an, hölzerne Bühnen zu errichten, vor welchen sich die Zuschauer
im Freien sammelten. Gern wählte man zu einer solchen temporären
Bühne den Ort einer Anhöhe gegenüber, theils damit eine grössere Menge
Zuschauer an dein Abhange über einander stehend oder sitzend, leichter
sehen, theils damit die Stimme der Sprechenden und Singenden sich besser
verbreiten und vernehmlicher klingen möchte.
SoL