Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hofstede de Groot, Cornelis
Beschreibendes und kritisches Verzeichnis der Werke der hervorragendsten holländischen Maler des XVII Jahrhunderts (Band 3): [Frans Hals, Adriaen van Ostade, Isack van Ostade, Adriaen Brouwer] — Esslingen, 1910

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43144#0164
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
150

Adriaen van Ostade.

der Verfall bei ihm auch durch eine glättere Ausführung, buntere
Farbenzusammenstellung, Verflachung des Kolorits und des Ausdrucks
bemerkbar. Die Figuren verlieren ihr individuelles Gepräge und
werden wieder typisch. Einzelne Farben werden bevorzugt, wie z. B.
eine blaue Jacke und ein blendend weißes Kopftuch. Manche Bilder
wirken wie in Oelfarbe übersetzte Aquarelle des Meisters, die selbst
sich einer großen Beliebtheit erfreuten und dem Künstler viel Geld
eingebracht haben müssen. Ebenso wie die Bilder der früheren Zeit
sind jedoch auch seine einfachen Federzeichnungen diesen bunt
wirkenden Aquarellen vorzuziehen. Von beiden Arten hat Ostade
eine sehr beträchtliche Zahl hinterlassen. In den Radierungen, von
denen fünfzig Blatt existieren, kann man dieselbe Entwicklung ver-
folgen wie in den Gemälden und Zeichnungen. Mehr als einmal
hat Ostade denselben Gegenstand genau so gemalt oder gezeichnet
wie radiert. Daneben haben die Radierungen als Vorbild für ge-
fälschte Bilder und Aquarelle gedient.
Der Platz, den Adriaen van Ostade in der holländischen Kunst
einnimmt, ist nicht leicht mit wenigen Worten zu bestimmen.
Während er einerseits über vortreffliche zeichnerische und malerische
Qualitäten verfügt, die ihn in die vorderen Reihen hinaufrücken,
steht er andererseits gegen Meister wie Brouwer und Jan Steen in
der Vielseitigkeit, Originalität und Charakterschilderung soweit zurück,
daß er diesen Platz wieder aufgeben muß. Das Helldunkel der
Innenräume, verursacht durch das durch Butzenscheiben einfallende
Sonnenlicht, ist eine seiner stärksten Seiten. Er wird darin von keinem
Künstler übertroffen. Im Stofflichen dagegen sind Meister wie Metsu,
ter Borch und Jan Steen ihm entschieden überlegen. Die vollkommene
Beherrschung der Farbstoffe als Mittel zum Zweck hat er nie in dem
Maße erreicht wie jene Künstler. Obwohl zugegeben werden muß,
daß jeder Vergleich hinkt, so könnte man doch sagen, daß Ostade in
der holländischen Kunst Jan Steen gegenüber ungefähr dieselbe Stellung
einnimmt wie Teniers in der vlämischen im Vergleich zu Brouwer.
 
Annotationen