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Hübsch, Heinrich
Bauwerke: Text zum ersten und zweiten Heft — Karlsruhe und Baden, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.3193#0053
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Spannung des Bogens, d. h. Verbreiterung des Widerlagers nach innen und Versclimälerung
des zu überwölbenden Raumes zur Folge hat. Oder wenn die Dimension des letzteren als fest
vorausgesetzt wird, und also die Schnur so gespannt werden muss, dass der Punct B von
der Mittel-Linie so weit entfernt bleibt, als bei VI; so versetzen sich ihre Aufhänge-Puncte^l
viel weiter hinaus, d. h. die Widerlager müssen unten nach aussen sehr verbreitert werden.

Die Art, wie bei den mannigfachen Gattungen von Gewölben die Last der Gewölb-Kappeu
sich auf die Gurten vertheilend gedacht, und also bei Beschwerung der Schnur berücksichtigt
werden muss, ist so leicht, dass eine besondere Auseinandersetzung derselben füglich unter-
bleiben kann.

Ich glaube nun die Anwendung meiner Methode auf jeden vorkommenden Fall — sey
er auch noch so verwickelt — hinlänglich erklärt und gezeigt zu haben: wie schnell hiernach
der Riss zu jedem zu überwölbenden, noch so complicirten Gebäude entworfen, geprüft und
modificirt, d. h. an den schwachen Stellen gehörig verstärkt werden könne. Man wird auch
in Bezug auf mehrstöckige Gebäude, welche bei gewöhnlichen Mauer-Stärken, gewölbte
Gänge, Treppen-Häuser und andere grössere Räume erhalten sollen, bald im Klaren seyn:
ob dem Seiten-Schub, den diese Gewölbe und ihre muthmaslicheBelastung ausüben werden,
vorteilhafter durch Verstärkung der Mauern an den betreffenden Stellen, oder durch eiserne
Schlaudern zu begegnen sey; oder ob namentlich im untern Stokwerk Schlaudern, die oft so
zwecklos verschwendet werden, überhaupt nur nothwendig seyen? Kurz diese Methode
wird den Architecten in den Stand setzen, seine Aufgaben immer mit dem möglichst geringen
Aufwände von Material und Geld zu lösen; sie wird ihn überzeugen, dass das Wölben über-
haupt nicht mit solchen Kosten verbunden sey, als man heut zu Tage gewöhnlich fürchtet,
und wird — wie ich mir schmeichle — viel dazu beitragen, dass das Wölben, diese Krone der
Technik, wieder mehr in Anwendung komme.

Es bleibt mir noch übrig, etwaige Zweifel gegen diese Methode zu beantworten.
Man könnte nämlich fragen: ob auch ein solcher Ueberschuss von Festigkeit vorhanden wäre,
welcher für aussergewöhnliche zufällige Belastungen genügte. Namentlich könnten die Theo-
retiker einwenden: es träfen die Schwer-Puncte der einzelnen Steine keineswegs genau mit
der Linie der beschwerten Schnur zusammen, sondern lägen gerade oben am Scheitel bei E
(Fig. V.), wo ohnehin das Bestreben der Senkung am grössten ist, am meisten unterhalb der
Linie; und es wären nach der gewöhnlichen Mauerung die Lager-Fugen an den Widerlagern
ganz horizontal, wie von C bis L und bei den Bogen concentrisch wie bei 0, statt dass die-
selben vielmehr überall normal auf der Linie der beschwerten Schnur, wie von L bis 2 und wie
bei P seyn müssten. Dagegen sey erwiedert: dass fast die Reibung der trocken auf einander
gesetzten Steine hinlänglich wäre, um die nachtheiligen Wirkungen dieser Abweichungen
 
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