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259

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.s-n wird das weiß Gott."
^Man hatte der Rede des Schmiedes lächelnd zugehört
Gunter Lachen sagte nun auch der Herzog: „Du bist so
" nickt Perman, und in Deinem Gebühren hat Sinn
Was den Jungen und Dein Töchterlein betrifft,
i. annst Du nur ruhig sein. Ich befehle, daß sie ein
iiM werden. Der Konrad Diether hat mein Wohlgefallen
^maeu' ich wollte ihn in meine Dienste nehmen und
d-m wär's am Ende doch noch gekommen, daß Dein Ehe-
mb einen ritterlichen Eidani erlangt hatte. Aber Hoch-
,.mK muß Strafe haben und so sei Konrad bürgerlich."
Der Herzog wandte sich zu dem Jüngling, winkte ihm
M zu treten und fuhr dann fort: „Hörst Du? Bürger-
I Und wenn ich's recht bedenke, so brauchen wir gerade
Ucke Bürger. Sage Deinem Weibe, Schmied, daß ihr
h«oq den Bürgerstand für den hält, dem die Zukunft
.s-bört und daß Konrad ein Bürger ist, der sich mit jeden:
Um messen kann. Will's Gott, so folgen viele solche
Zur Erinnerung an diesen Tag und an seinen
«ä'eren Sinn, wie an seine Tapferkeit wird Konrad
Iiether von nun an Konrad Löwenherz heißen, und seinen
Uchkommen soll allezeit unsere landesherrliche Gnade zu-
Mndet bleiben, was noch verbrieft und versiegelt wird.
Atzt aber geht und grüßt mir auch die Jungfer, um dcrent-
Mm eigentlich Alles so geschehen ist."
Konrad war vor dem Herzog niedergekniet und hatte
dessen Hand geküßt. Jetzt erhob er sich, verbeugte sich vor
dem Hofe und wollte sich entfernen. Da trat hinter den
Anderen hervor ein Pilgrink mit blondem Bart und Hellen
blauen Augen. Bei seinem Anblick flog ein freudiger
Schimmer über das Antlitz des Jünglings, der aber sofort
dem Ausdruck einer tiefen Traurigkeit Platz machte.
„So seid Ihr doch gefangen?" Das waren die Worte,
mit denen er den Pilgrim begrüßte.
„Ja," war die Antwort: „aber Gott sei es gedankt,
m Deinem Herzog, Konrad. Hier, nimm diesen Ring,
mein letztes Gut, das ich vor den Blicken der Menschen
«bergen mußte, um mich nicht zu verrathen. Nun brauch'
ich es nicht mehr. Nimm es als ein Geburtstagsgeschenk
der Familie Löwenherz."
Konrad wollte des Königs Hand küssen, der aber zog
ihn an seine Brust und küßte ihn auf die Stirne. Dann
verbeugten sich Konrad und Perman nochmals und verließen
die Halle.
4-

Wenige Wochen später ehelichte Konrad Löwenherz die
Zungsrau Gertrud Perman. Ihr Geschlecht gelangte zu
Reichthum und Ehren und blühte bis auf unsere Tage.
Der Huldbrief des Herzogs und der Ring des Königs
wurden sorgsam bewahrt, und der Erzähler dieser Geschichte
hat beide mit eigenen Augen gesehen. Aber auch Edelsinn
und Tapferkeit vererbten sich in dieser Familie von Glied
zu Glied und sind allezeit ein köstlicheres Erbtheil gewesen,
als die Spenden der Fürsten.

Der Ullfstaiul im 8ulla.il.
(Bild S. L56 u. 257.)
Tie völlige Vernichtung der ägyptischen Truppen unter Hicks
Wa bei ObeiL, die ungeheurer Uebermacht nach dreitägigem
»Mdmschem Kampfe unterlagen, hat durch Nachrichten aus Kairo
« kaurige Bestätigung gefunden. Ein entwichener Kopte soll
dH Schreckenskunde zuerst nach Khartum, Andere nach Dueni ani
Weifen Nil gebracht haben. Hunderttaufende sollen der kleinen
AMr des Engländers gegenübergestanden haben, der seine Streit-
lEste m zwei Trupps eingetheilt hatte, welche sich nach dem ersten
«Wisse vereinigten und langsam den fanatisirten Schaareu des
feljchm Propheten" erlagen. Ueber 10,000 Mann ägyptischer
uuppen sollen dabei um's Leben gekommen sein. In Kairo
harscht selbstverständlich die größte Bestürzung. Was aber die
Ziiwnst bringen wird, ob Preisgebung Les Sudans oder seine
«dereroberung, darüber gehen die Ansichten mit seltener Kopf-
Wieit weit auseinander. Wie aber die Blicke aller Welt durch
dm Sieg des falschen Propheten auf das „einst so glückliche Sa-
dMmland" Kordofan gerichtet wurden, so hat sich der Mahdi auf
nmm mit blutigen: Ernst die Beachtung Europas erzwungen,
ir man ihm so lange hartnäckig vorenthielt.
Der Sudan ist ein großes, von Wüsteneien umschlossenes Gc-
> bis an den Aequator 2940 Kilonieter lang und
«Maslowa bis Darfur 2240 Kilometer breit. Er wird von
f si grundverschiedenen Rassen bewohnt; im Norden von Arabern,
Mohammedaner und Nomaden sind; im Süden von hcid-
Mm Ncgerstäimnen, die feste Wohnsitze haben. Bis vor sechzig
Mica machten sich hier eine Menge von Königen unter bestän-
"ämpfen die Herrschaft streitig, bis im Jahre 1829 Mehe-
Äu von Aegypten, der Beschäftigung für feine Söldner suchte,
ihnen anband. Im Uebrigen ward der Sudan zwar besiegt,
» "^ständig unterworfen, trotzdem die Regierung tüchtige
den Deutschen Munzinger und die Engländer
Gordon, gegen die Bergstämmc ausfchickte. Es sind
Solm >mhre, daß Ismail Pascha, Mohammed Ali's
x,,? ' " dolddurst seines Vaters getrieben, dis Eroberung des
IM.Z lfganm Bis dahin hatten die „Fung", der fähigste und
em M E' äthiopischen Stämme, von ihrem Königssitz Senaar
Palm E" Strome bis zu den zweiten Katarakten — Wadi
dm Reich llshildet. Jahrzehnte hatte es bedurft, um
E ägyptischen Herrschaft zu unterwerfen: gegen die
iischen Regimenter" des Khedive, den besten Thcil der ägyp-
der l,, EthEen wenig kriegerischen Fellahbataitlone in
3üt von Mohammed Äli bis Taufik Pascha zu
rl u. Niemals aber haben die Sudanesen die Geschichte ihrer

Unterdrückung vergessen, und es liegt auf der Hand, daß die
sudanesische Bewegung nie jene Bedeutung erlangt hätte, die jetzt
den ganzen Orient in Schrecken hält, wenn die Völkerstämme am
Nil sich im Laufe der Jahrzehnte nicht daran gewöhnt hätten, die
ägyptische Mißwirthschaft als eine, selbst in jenen weltentlegenen
Regionen unerhörw Tyrannei anzusehen. Die ägyptische Ver-
waltung hat im Sudan ein Sündenregister hinterlassen, dessen
haarsträubende Einzelheiten alle ähnlichen Erscheinungen im Orient
in den Schatten stellen. Die geographischen Zeitschriften aus jenen
wahren sind voll der empörendsten Thatsachen, die ein Bild der
grausamsten und planmäßigsten Bedrückungen entrollen. Schon
vor zwanzig Jahren erklärte jener Baker Pascha: „Der ägyptische
Sudan dielet den Anblick eines entsetzlichen Elends dar. Er hat
auch nicht einen einzigen Anziehungspunkt, welcher den Europäer
entschädigen könnte für das greuliche Klima und die brutale Bar-
barei. Häufig leidet das Land unter anhaltender Dürre; dann
sterben Rindvieh und Kameele aus Mangel an Waiden in großer
Menge hinweg und aller Handel stockt. Unter diesen Umständen
ist der Sudan ganz werthlos und er hat nicht einmal politische
Wichtigkeit. Aber die Aegypter halten ihn fest, weil er — Sklaven
liefert. Ohne den Handel auf dem Weißen Strome würde Khar-
tum sofort in völligen Verfall gerathen, und dieser ganze Handel
besteht in — Raub und Mord." Solcher Art ist der Sudan und
solcher Art ist die ägyptische Greuelwirthschaft. Daß die Vor-
bedingungen zu einer allgemeinen Erhebung der ägyptischen Aequa-
torialprovinzen demnach in reichem Maße vorhanden waren, daß
es nur eines geringen Anlasses bedurfte, um den „Stein des
Anstoßes" in's Rollen zu bringen, ist nur zu klar.
Mahomet Achrnet — dieß ist der Name des „falschen Pro-
pheten" — besitzt Alles, was ihn zum Führer der Bewegung
stempeln konnte und was zuin Prophetenhandwerk gehört. Er
ward in der Provinz Dongola geboren, und zwar als Zimmer-
mannssohn. Sein Vater hieß Abdullahi, hatte vier Söhne und
eine Tochter. Mahomet Achmet ward einem Schiffer in die Lehre
gegeben, ärgerte sich aber über die Prügel, die ihm sein Herr
gab, und entfloh nach Hoghali, einem Dorfe bei Khartum, wo er
in eine Medresse eintrat, um Derwisch zu werden. In dem
frommen Stift, das dort das Grab des heiligen Scheck Hoghali
umgibt, ward er in das Derwisch-ABC eingeweiht, setzte darauf
seine Studien in einer andern Schule fort, ließ sich 1870 von
dem Fakir Nur-el-Daim (Beständiges Licht) zum Scheck machen
und endlich auf der Insel Abba im Weißen Nil nieder.
Er grub sich eine Höhle, rief dort nach Derwischmanier vier
Stunden täglich einen der Namen des Allerhöchsten aus, fastete,
betete und brannte Weihrauch. Es bildete sich um ihn eine Ge-
meinde, es wuchs sein Vermögen und die Zahl seiner Schüler.
Sein eigentlicher Prophetenlauf aber ging ihm erst vor zwei
Jahren auf. Er theilte dieß seinen Kollegen mit, gab sich für
den von Mohammed selbst vorausgesagten Mahdi aus und sprach
sogar von seinem Programm, welches allgemeine Gleichheit, Gesetz,
Religion und Gütergemeinschaft enthielt. Wer nicht an ihn glaube,
solle getödtet werden, möge er Christ, Mohammedaner oder Heide
sein. Aus diesem Grunde verurtheilte er den Schelk Mahomet
Saleh zum Tode, was ihn mit der ägyptischen Armee in Konflikt
brachte, deren glorreiche Vernichtung seinem Prophetenlauf die
Krone aufletzt. Der Mahdi wird als ein langer, dürrer Mann
mit schwarzem Bart und hellbrauner Gesichtsfarbe geschildert. Mit
seinem Lesen und Schreiben soll es mißlich aussehen; dagegen muß
er eine ungemeine natürliche Schlauheit besitzen, wie überhaupt
sein Lebenslauf viele Züge jener mit Fanatismus gepaarten Be-
rechnung enthält, Lurch welche sich auch der große Prophet aus-
zeichnete.
Unsere Illustration veranschaulicht deutlicher, als eS die Feder
vermöchte, die mörderische Kampfesweise der Aufständischen, deren
fanatisch-wüthige Tapferkeit leicht alle Klugheit und Vorsicht eines
geschickten Heerführers zu Schanden machen könnte, deren Gegner
sich darauf beschränken müssen, die Bajonnette bereit zu halten,
auf welche sich jene Moslems schaarenweiss aufspießen, um die
Reihen der Gegner gewissermaßen mit Leichen zu überdecken; sie
veranschaulicht ein überaus blutiges Gefecht zwischen ägyptischen
Soldaten und Hadendor-Arabern, welches am 18. Oktober auf
dem bergigen Terrain von Singat, wenige Meilen südlich von
Suakim, stattfand.
Für die Militärbehörden in Kairo handelt es sich darum, ob
die Linie von Suakim nach Berber und Khartum sich so wird
stärken lassen, daß der Horde des „Propheten" ein Damm gesetzt
werde. Nähme der Mahdi Khartum ein, so stände ihm der Weg
nach der ägyptischen Hauptstadt offen und die „ägyptische Frage"
wäre „brennender", als sie je gewesen.

Thätigkeit der Mil;.
lieber die Verrichtung der Milz bestand bis jetzt Unsicherheit.
Man wußte nur, daß in irgend welcher Weise die Milz bei der
Blutbildunß mitwirte. vr. Zcsas hat einer Anzahl Kaninchen
die Milz ausgeschnitten und dann die Thiers nach und nach in
Zwischenräumen von 1 bis 17 Wochen getödtet, um die Ver-
änderungen zu erforschen, welche der Organismus bei dem Mangel
einer Milz erlitt. Eines der Thiers ließ er ein Jahr lang leben;
dasselbe blieb vollständig gesund, bei gutem Appetit, guter Ver-
dauung, sprang im Käfig umher, wurde fetter und größer, so Laß
sich die Vermuthung des Aristoteles bestätigte, „daß die Milz kein
zum Leben absolut nothwendiges Organ sei". Auch Menschen,
Lenen die Milz wegen Erkrankung ausgeschnitten werden mußte,
genasen vollständig. — Aus den gesammten Beobachtungen geht
hervor: daß der Ausfall der Milz aus den Organen des Körpers
nur vorübergehende Störungen der Blutbildung verursacht, welche
in der ersten Zeit in Vermehrung der weißen und Abnahme der
rothen Blutkörperchen besteht; diese Veränderung Lauert aber nur
so lange, bis andere Organe (die Schilddrüse und die Lymph-
drüscn und vielleicht auch dis Leber) dis Verrichtung der Milz
zu vertreten angefangen haben. Die Lymphdrüsen allein ver-
mögen nicht dis Milz zu vertreten, und wenn die Schilddrüse eben-
falls entfernt ist, so wird die erwähnte Blutveränderung bleiben
und sllhrt zu Krankheit und Tod. Es ergibt sich hieraus, daß
die Milz im lebenden Organismus der Menschen und Thiers zur
Umwandlung der weißen Blutkörperchen in rothe dient.

«old und xiebt.
Roman
Kwakd August König.
(Fortsetzung.)
Fünftes Kapitel.
Johanne Landerö war noch immer, trotzdem sic den
Vierzigen nahe stand, eine hübsche Erscheinung. Groß und
von schlankem Wuchs, mit vollen Formen und anmuthigen
Zügen, aus denen Gutmüthigkeit und Willensstärke zugleich
sprachen, konnte sie noch immer begehrenswerth genannt
werden, und das schien auch der Advokat zu denken, als er,
aus der Gerichtssitzung heimkehrend, die einfache, aber höchst
geschmackvolle Toilette seiner Schwester mit prüfendem
Blick musterte.
Sie befanden sich in der Wohnstube, die zugleich als
Speisezimmer diente, und Johanne war damit beschäftigt,
das Silbergeschirr auf der reich gedeckten Tafel abzureiben.
„Freust Du Dich wirklich so sehr auf das Wieder-
sehen?" fragte er in seiner ironischen Weise, während er
vor den Spiegel trat, um sein dünnes Haar zu ordnen.
„Sei versichert, Du hast keine Ursache dazu."
„Und weßhalb nicht?" unterbrach sie ihn ruhig. „Weß-
halb sollte ich mich nicht freuen, den Jugendgespielen nach
so langer, langer Abwesenheit wiederzusehen?"
„Weßhalb? Weßhalb?" erwiederte er achselzuckend.
„Weil heute wieder, wie damals, eine Andere zwischen euch
steht. Das hast Du nun davon, Johanne, Hoffen und
Harren hat auch Dich zum Narren gemacht —"
„Werner!" rief sie entrüstet.
„Ach was, warum soll ich mit der Wahrheit hinter dem
Berge halten? Du hast damals auf meinen Rath nicht
hören wollen, hättest manche gute Partie machen können—"
„Und machte sie nicht, weil neben seinem Bilde in mei-
nem Herzen kein anderes Raum fand," sagte sie in dem
früheren ruhigen Tone. „Was ist es nun weiter? Ich
bin zufrieden, und Du wirst nicht behaupten können, daß
ich jemals mich beklagt habe; fällt Dir aber die alte
Schwester hier zur Last —"
„Unsinn, wer denkt denn daran!"
„Dann sprich auch nicht so boshaft."
Er zuckte abermals mit den Achseln, legte die Hände
auf den Rücken und wanderte langsam auf und nieder.
„Weiß der Kukuk, der Bankier Hansen spekulirt da
ganz vortrefflich," nahm er nach einer Pause wieder das
Wort, „Fräulein Graumüller ist das getreue Ebenbild
ihrer Mutter, und auf den alten Burschen muß das junge
Kind einen Reiz üben, dem er unmöglich widerstehen kann.
Na, und wenn solch' eine alte Scheune einmal Feuer ge-
fangen hat, dann brennt sie lichterloh und alle Löschversuche
bleiben vergeblich."
„Wie boshaft!" sagte Johanne, indem sie auf einen
Löffel hauchte und ihn mit der Serviette abrieb.
„Das ist die Wahrheit," fuhr er fort, „Hansen be-
trachtet die ganze Geschichte als eine gewinnbringende Spe-
kulation, und ich für meine Person glaube nicht, daß er sich
dabei verrechnen wird. Gestern Abend war unser guter
Freund schon mit Ellen Graumüller im Theater, der Groß-
vater hatte die Freundlichkeit, die Beiden dort ihrem Schick-
sal zu überlassen, Du wirst zugeben, daß das mit voller
Dampfkraft vorwärts geht."
Johanne wandte ihm den Rücken, ein herber Zug um-
zuckte ihre Mundwinkel.
„Und wenn nun auch Alles sich so verhielte, wie Du
vermuthest, können wir es ändern?" fragte sie. „Habe ich
ein Recht, mich zwischen die Beiden zu drängen?"
Er fand keine Zeit, eine Antwort zu geben, denn eben
wurde die Thür geöffnet, und Friedrich Tauber trat, von
dem Dienstmädchen angemeldet, ein.
Johanne wandte sich hastig um und ging ihm einige
Schritte entgegen, er streckte beide Hände nach ihr aus und
sah ihr lange schweigend in die dunklen Augen.
„Johanne!" sagte er leise mit vibrirender Stimme.
„Gedenkst Du noch der vergangenen Tage?"
„Wie könnte ich sie je vergessen?" erwiederte sie in
tiefer Bewegung und Thränen schimmerten dabei in ihren
Augen. „Wie froh bin ich, Dich so gesund und rüstig
wiederzusehen!"
„Das Kompliment gebe ich Dir zurück!"
„Vortrefflich!" spottete der Doktor. „Wenn ihr euch
nuu auch noch sagen wollt, daß heute schönes Wetter ist,
so wären wir über dieses Thema glücklich hinüber, und das
Mädchen könnte vielleicht die Suppe bringen."
„Er ist noch immer der Alte!" sagte Johanne, leicht
erglühend, während der Freund ihr den Arm bot, um sie
zu Tisch zu führen. „Er kann nicht Frieden halten, über
Alles muß er seine boshaften Bemerkungen machen."
„Gönnen wir ihm das Vergnügen," scherzte Tauber,
und der Doktor zögerte nicht, von dieser Erlaubniß im
reichsten Maße Gebrauch zu machen.
Es war natürlich, daß die alten Erinnerungen wieder
geweckt wurden, die Erinnerungen an die gemeinsam ver-
lebten Tage der Kindheit, und gerade darin, wie im Ver-
gleich der Vergangenheit mit der Gegenwart, fand der Ad-
vokat reichen Stoff zu beißenden Bemerkungen.
 
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