Die Pubertätsriten der Wilden
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ein, die sich in so merkwürdiger Art, im beständigen Krähen und
Gackern, äußerten. Dieses Beispiel eignet sich vorzüglich dazu, auch
für unser Thema Aufklärungen zu bringen. Wie hier auf den Durch»
bruch der feindseligen Regungen die Zärtlichkeit, reaktiv verstärkt,
sich in der völligen Identifikation mit dem früher gehaßten Objekt
manifestiert, so ähnlich in den Todes- und Wiederauferstehungsriten
der primitiven Jünglinge. Die angebliche Tötung der Novizen stellt
sich uns als die talionsartige Bestrafung ihrer bösen und inzestuösen
Wünsche, ihre Wiederbelebung als ihre gelungene Identifikation mit
der Vätergeneration dar.
Vielleicht darf idi nun wieder Beispiele aus den Initiationsriten
heranziehen, die uns diese von uns angenommenen seelischen Prozesse
wahrscheinlicher machen können. Von den Indianern vom Sondka
Sound wird uns von John R. Jewitt folgende Einweihungsrite
berichtet1: Der Häuptling schoß seine Pistole nahe beim Ohre seines
Sohnes ab, der sofort umfiel, als wäre er getötet. Die Frauen er»
hoben ein fürchterliches Geschrei, rauften sich die Haare aus und
jammerten, der Junge sei tot. Hierauf näherten sich zwei in Wolfs»
feil vermummte Männer, eine Wolfsmaske auf dem Kopfe, auf
Händen und Füßen und trugen den Jungen mit sich fort. Jewitt sah
den Knaben später selbst in der Wolfsmaske. Der Indianerstamm
gehört dem Totemclan des Wolfes an. Wir werden es nun als
Bestätigung unserer Ansicht über den latenten Sinn des Tod» und
Wiederauferstehungsritus ansehen, wenn Frazer zwischen ihm und
der Transformation des Jünglings in ein Totemtier irgendwelche
Zusammenhänge vermutet, wenngleich er die Art dieser Beziehungen
nicht anzugeben weiß2. Er verweist aber darauf, wie nahe dem
primitiven Glauben ein Tausch der Seelen und Gestalten liegt. Den
Tod* und Wiederauferstehungsritus dürfen wir seiner Ansidit nach
in Parallele setzen mit jener Erzählung eines baskischen Jägers, in
der dieser behauptet, von einem Bären getötet worden zu sein.
Der Bär aber hauchte seine Seele vor dem Verenden in ihn, so
daß des Bären Körper nun tot, doch er, der Jäger, ein Bär war.
Wenn im totemistischen Glaubenssystem die Identifikation des Mannes
mit dem Totem die Hauptrolle spielt, so darf nicht vergessen werden,
daß das Totemtier seinen Verehrern und Gläubigen durch diese
Identifikation Sdhutz und Hilfe gewährt.
Bei den Tompsonindianern in Britisch*Columbia hatten
die Krieger ein Messer oder einen Pfeil als persönlichen Totem.
Diese Glücklichen lebten nun des sicheren Glaubens, unverwundbar
zu sein. Hatte einen von ihnen ein Pfeil getroffen, so erbrach er
Blut und die Wunde heilte. Diese pfeilgeprüften Krieger trugen
weder Schilde noch Panzer. So überzeugt waren einzelne Tompson»
indianer von der Macht ihres Totem, sie wieder zum Leben zu
1 Narratives of the Adventures and Sufferings of John R. Jewitt Middle»
town 1820, p. 119.
2 Frazer, The golden hough, Balder the beautiful. Vol. II, p. 272.
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ein, die sich in so merkwürdiger Art, im beständigen Krähen und
Gackern, äußerten. Dieses Beispiel eignet sich vorzüglich dazu, auch
für unser Thema Aufklärungen zu bringen. Wie hier auf den Durch»
bruch der feindseligen Regungen die Zärtlichkeit, reaktiv verstärkt,
sich in der völligen Identifikation mit dem früher gehaßten Objekt
manifestiert, so ähnlich in den Todes- und Wiederauferstehungsriten
der primitiven Jünglinge. Die angebliche Tötung der Novizen stellt
sich uns als die talionsartige Bestrafung ihrer bösen und inzestuösen
Wünsche, ihre Wiederbelebung als ihre gelungene Identifikation mit
der Vätergeneration dar.
Vielleicht darf idi nun wieder Beispiele aus den Initiationsriten
heranziehen, die uns diese von uns angenommenen seelischen Prozesse
wahrscheinlicher machen können. Von den Indianern vom Sondka
Sound wird uns von John R. Jewitt folgende Einweihungsrite
berichtet1: Der Häuptling schoß seine Pistole nahe beim Ohre seines
Sohnes ab, der sofort umfiel, als wäre er getötet. Die Frauen er»
hoben ein fürchterliches Geschrei, rauften sich die Haare aus und
jammerten, der Junge sei tot. Hierauf näherten sich zwei in Wolfs»
feil vermummte Männer, eine Wolfsmaske auf dem Kopfe, auf
Händen und Füßen und trugen den Jungen mit sich fort. Jewitt sah
den Knaben später selbst in der Wolfsmaske. Der Indianerstamm
gehört dem Totemclan des Wolfes an. Wir werden es nun als
Bestätigung unserer Ansicht über den latenten Sinn des Tod» und
Wiederauferstehungsritus ansehen, wenn Frazer zwischen ihm und
der Transformation des Jünglings in ein Totemtier irgendwelche
Zusammenhänge vermutet, wenngleich er die Art dieser Beziehungen
nicht anzugeben weiß2. Er verweist aber darauf, wie nahe dem
primitiven Glauben ein Tausch der Seelen und Gestalten liegt. Den
Tod* und Wiederauferstehungsritus dürfen wir seiner Ansidit nach
in Parallele setzen mit jener Erzählung eines baskischen Jägers, in
der dieser behauptet, von einem Bären getötet worden zu sein.
Der Bär aber hauchte seine Seele vor dem Verenden in ihn, so
daß des Bären Körper nun tot, doch er, der Jäger, ein Bär war.
Wenn im totemistischen Glaubenssystem die Identifikation des Mannes
mit dem Totem die Hauptrolle spielt, so darf nicht vergessen werden,
daß das Totemtier seinen Verehrern und Gläubigen durch diese
Identifikation Sdhutz und Hilfe gewährt.
Bei den Tompsonindianern in Britisch*Columbia hatten
die Krieger ein Messer oder einen Pfeil als persönlichen Totem.
Diese Glücklichen lebten nun des sicheren Glaubens, unverwundbar
zu sein. Hatte einen von ihnen ein Pfeil getroffen, so erbrach er
Blut und die Wunde heilte. Diese pfeilgeprüften Krieger trugen
weder Schilde noch Panzer. So überzeugt waren einzelne Tompson»
indianer von der Macht ihres Totem, sie wieder zum Leben zu
1 Narratives of the Adventures and Sufferings of John R. Jewitt Middle»
town 1820, p. 119.
2 Frazer, The golden hough, Balder the beautiful. Vol. II, p. 272.