Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 8.1922

DOI Heft:
VIII. 2
DOI Artikel:
Kelsen, Hans: Der Begriff des Staates und die Sozialpsychologie: mit besonderer Berücksichtigung von Freuds Theorie der Masse
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.28550#0110

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
100

Dt. HansKeisen

nennt. Die Familie, die Nation, die Arbeiterklasse, die Religions*
gemeinsAaft, sie alle wären durch Wechselwirkung verbundene Bin*
beiten, und wenn sie sich untereinander und gegenüber der sozialen
Einheit des Staates unterscheiden sollen, müßte ein durchaus
außersoziologischer oder außerpsychologischer Begriff dieser Bim?
heiten, insbesondere des Staates, vorausgesetzt werden.
Daß man in der modernen Soziologie mit einem
solchen von einer anderen Disziplin hergeholten Begriff
des Staates ausgerüstet, an die vermeintliche soziale
Wirklichkeit herantritt, kann keinem Zweifel unterliegen.
Die hier in Betracht kommende Gedankenfolge ist doch wohl die:
Wer zu einem Staate gehört, welAe Menschen den Staat bilden,
das ist aber: die Einheit des Staates, wird vorerst als gegeben
vorausgesetzt,- auch von den Soziologen, die empirisch die soziale
Einheit des Staates aufzusuAen und zu bestimmen bemüht sind.
Gegeben ist aber die auch von den Soziologen voraus*
gesetzte Staatseinheit durch die Rechtswissenschaft und
die Zugehörigkeit zum Staat wird, durchaus juristisch,
nach der einheitlichen Geltung einer als gültig voraus-
gesetzten Rechtsordnung bestimmt. Diese ReAts- oder Staats*
Ordnung aber stellt einen vom kausalgesetzlichen System der
Natur gänzlich verschiedenen, spezifisch eigengesetz*
liehen Zusammenhang der Elemente dar. Alle, für die diese
ReAts* oder Staatsordnung als gültig vorausgesetzt wird, werden
als zum Staate gehörig angenommen. NiAt auf Grund empirisdi*
psyAologisAer UntersuAung der zwisAen den MensAen be*
stehenden WeAselwirkungen wird bestimmt, ob jemand zu einem
Staate gehört — wie wäre denn solAes mögliA! Sondern es
kann bestenfalls nur untersuAt werden, ob diejenigen MensAen,
die man juristisch als zu einem Staate gehörig ansieht, unter*
einander auA in jener WeAselwirkung stehen, die man für das
die reale Einheit der GesellsAaft konstituierende Element hält.
Der Fehler dieser Methode ist offenkundig. SonderliA dann, wenn
sie siA — wie stets — bis zu der Fiktion versteigt, daß die
empirisA* kausale, soziologisAe Einheit mit der speziksA*
juristisAen Einheit des Staates zusammenfällt. Oder hätte jemals
die empirisAe Soziologie die Behauptung aufgestellt, daß irgend*
welAe Individuen zwar soziologisA, niAt aber juristisA, oder
zwar juristisA, nidit aber soziologisA zu einem bestimmten Staate

Oü3ai3<3i3H a a
 
Annotationen