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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 8.1922

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506

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Bücher.
Dr. OTTO RANK: Der Mythus von der Gehurt des Helden. VersuA
einer psychologischen Mythendeutung. Zweite, wesentlich erweiterte Auf-
lage. (Schriften zur angewandten Seelenhunde. Herausgegeben von Prof.
Dr. Sigm. Freud. 5. Heft.) Leipzig und Wien. Franz Deutidee 1922.
Die zweite Auflage dieses für die psychoanalytische Mythenforschung grund-
legenden Buches zeigt klar den Fortschritt, den die psychoanalytische Erkenntnis
der Mythenbildung in der Zwischenzeit gemacht hat. Die Grundauffassung des
Rankschen Buches ist unverändert geblieben, aber manche Motive, damals noch
wenig verstanden, erhielten durch neue Forschungen eine analytische Aufklärung.
Dazu gehört z. B. das Motiv der ^hilfreichen Tieren das urgeschichtliche und
kollektive Moment wird in der neuen Auflage mehr in den Vordergrund gerüdet,
die realen und kulturellen Faktoren mehr berücksichtigt, aber auch volkskund-
liches Material neben dem rein mythologischen in großem Ausmaße herangezogen.
Auch die psychologische Mythendeutung wurde durch die Aufklärung der *Ge-
burtsträume*, des Kinderglaubens der Erwachsenen und der antiken Symbolik
sowie durch die Deutung der Sintflutsage auf eine breitere Basis gesetzt. Zur
Ergänzung des Familienromans wird die Rettungsphantasie des individuellen
Seelenlebens herangezogen. Das eigentliche Material der Heldenmythen hat viel-
fache Zusätze erfahren.
Diese Veränderungen, welche die neue Auflage aufweist, bedeuten gewiß
eine außerordentliche Bereicherung des Beweismaterials, das Rank beibringt, sie
sprengen aber den Rahmen der Arbeit, indem sie das ursprünglich einheitliche,
durchgängige Motiv von der Geburt des Helden stellenweise überdecken. Die
Arbeit drängt so in eine Richtung, deren Endresultat die analytische Deutung
der typischen Züge der Geburt, des.Kampfes und Unterganges des Helden über-
haupt wäre/ mit einem Worte: *ein Heldenlebena. Der wissenschaftliche Gewinn,
der sich aus solcher Fortführung und Erweiterung des ursprünglichen Themas
ergibt, ist ein außerordentlich großer, aber es muß festgestellt werden, daß die
Kontinuität und die eindrucksvolle Geschlossenheit der Rankschen Untersuchung
darunter leidet. Es ist nicht möglich, in so gedrängter Form das große Material
zu bewältigen, vielleicht würde es sich in einer neuen Auflage empfehlen, eine
andere Stoffanordnung zu treffen: das ursprüngliche Thema von der Geburt des
Helden sollte im Mittelpunkte bleiben, die von dort ausgehenden Fäden aber —
statt in Bemerkungen, die zu wenig geben, und Texteinschüben, die den Zu-
sammenhang zu störend unterbrechen — zusammengefaßt und in besonderen
Abschnitten verarbeitet werden.
Es versteht sich von selbst, daß die Neubearbeitung der Rankschen
Untersuchung — von diesem Einwand, der nur einem schwachen Punkt in der
 
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